Darum gehts
- Migros verkauft und schliesst mehrere Geschäftsteile in grösster Restrukturierung
- Detail- und Onlinehandel sowie Migros-Bank bleiben Kerngeschäfte des Unternehmens
- Migros steigerte 2024 den Detailhandelsumsatz um 1,4 Prozent auf 24,4 Milliarden Franken
Die Detailhändlerin Migros krempelt seit einem Jahr ihr Imperium um. Der orangene Riese stellt sich in einer bisher kaum bekannten Art neu auf. Mehrere Geschäftsteile machte sie zu oder stiess sie ab, für einen sucht sie noch Käufer. Ein Überblick zum Migros-Konzern im Umbau – was nicht mehr da ist:
Alnatura
Der Betrieb der 25 Bio-Supermärkte in der Deutschweiz gibt die Migros mittelfristig auf. Die Genossenschaft Migros Zürich steigt als Franchisenehmerin von Alnatura Deutschland aus der seit 2012 bestehenden Partnerschaft aus. Die Migros konzentriert sich bei Bio-Artikeln auf eigene Absatzkanäle. Alnatura-Produkte bleiben in den Migros-Filialen erhältlich. Offen ist, ob die Alnatura-Supermärkte bestehen bleiben, weil Alnatura sie beispielsweise selbst führen könnte.
Bestsmile
Die Kieferorthopädie-Kette stellte per Ende Januar ihren Betrieb ein. Die Migros hatte 2022 36 Praxen des 2018 gegründeten Start-ups vollständig übernommen. Das Geschäft lief aber nicht wie erhofft. Inzwischen hat die Migros die damaligen Gründer wegen eines Streits um Bilanzen verklagt.
Bike World
Der Fahrradhersteller Thömus mit Sitz in Oberried bei Bern übernahm fast alle der 14 Standorte des Migros-Velofachmarkts. Sie wurden am 1. März nach einem Redesign wiedereröffnet. Die 111 Mitarbeitenden und die 22 Lernenden aller Bike-World-Filialen wurden übernommen.
Do it + Garden
Für die Bau- und Gartencenter fand die Migros keinen Käufer. Die meisten der 31 Filialen schliessen bis Ende Juni 2025. Die Filialen in Carouge GE und Nyon gehen per 1. Juli an OBI. Für vereinzelte Standorte liefen zuletzt noch Verhandlungen.
Food Now
Der 2020 gestartete Essenslieferdienst wurde per Ende Mai 2024 eingestellt. Das Geschäft für schnelle und einfache Essenslieferungen mit rund 600 Restaurant-Partnern kam nicht wie erwünscht auf Touren.
Hotelplan
Die Reisetochter wird an die deutsche Konkurrentin Dertour verkauft. Diese ist mit der Marke Kuoni in der Schweiz bereits gross im Geschäft. Die Hotelplan-Tochter Interhome geht derweil an den Berliner Ferienwohnungsvermieter Hometogo. Ein Datum für den Abschluss ist bislang nicht bekannt. Hometogo will den Kauf im ersten Halbjahr 2025 unter Dach bringen.
Melectronics
Mediamarkt übernahm per November 2024 20 Standorte der Elektronikfachmarkt-Kette. 17 weitere Melectronics-Filialen wurden im November 2024 geschlossen. Von der Schliessung betroffen waren rund 100 Mitarbeitende.
Micasa
30 Möbel- und Wohnfachmärkte verkauft die Migros ans bisherige Management. Der heutige Micasa-Chef Philipp Agustoni und Manuel Landolt, der operative Chef der Migros Fachmarkt AG, übernehmen die Filialen per 1. September mit allen Mitarbeitenden und Lernenden.
Miseno
Die erst 2020 gegründete Hörgeräte- und Optikergeschäftskette wurde im Sommer 2024 an die österreichische Neuroth-Gruppe verkauft. Diese betreibt die 25 Fachgeschäfte an den bisherigen Standorten weiter.
Obi
Alle zehn Baumarkt-Filialen, welche die Migros bisher im Franchising-System betrieben hat, werden durch die deutsche OBI-Gruppe weitergeführt, und zwar per 1. April. Hinzu kommt noch eine sich im Bau befindende Filiale in Agno TI per 2. Mai. Die 576 Mitarbeitenden und 61 Lernenden werden weiterbeschäftigt.
SportX
27 Standorte der Sport-Fachmärkte gingen per März 2025 an die Dosenbach-Ochsner-Gruppe. 24 davon laufen unter der Marke Ochsner Sport weiter, drei übernommene Filialen werden zu Dosenbach-Läden. Für mehr als 20 SportX-Läden hat die Migros keinen Käufer gefunden – sie werden geschlossen respektive sind es bereits.
Und was noch bei der Migros bleibt:
Detailhandel
Der Bereich ist das erklärte Kerngeschäft der Migros. Die Migros steigerte 2024 den Detailhandelsumsatz in der Schweiz um 1,4 Prozent auf 24,4 Milliarden Franken. Das Geschäft in den Supermärkten blieb stabil. Stärker wuchsen die kleineren Läden wie Migros-Partner oder Voi sowie der Internetsupermarkt Migros Online. Insgesamt soll in den nächsten fünf Jahren die Zahl der Filialen von 790 auf 930 steigen.
Denner
Der Discounter mit gut 600 Filialen und 260 Partnerbetrieben beschäftigt knapp 6500 Mitarbeitende. Im vergangenen Jahr kam das Geschäft nicht wie geplant vom Fleck, der Umsatz verharrte trotz 3 Prozent mehr Kunden bei 3,9 Milliarden Franken.
Gastronomie
Die Migros-Restaurants und andere Gastronomieformate werden von den regionalen Genossenschaften geführt. Insgesamt gehört die Migros zu den grössten Restaurantbetreibern der Schweiz. Offiziell hat sich die Migros aber noch nie dazu geäussert, wie genau es mit den Restaurants und Take-Aways weiter geht.
Online
Schub verleiht der Migros der starke Onlinehandel. Dieser legte im vergangenen Jahr um 10,1 Prozent auf 4,5 Milliarden Franken zu. Der Löwenanteil stammte vom Onlinewarenhaus und Elektronikanbieter Digitec-Galaxus. Dessen Plattformumsatz für die Schweiz und Europa stieg um 18 Prozent auf 3,23 Milliarden Franken.
Industrie
Die Migros Industrie konzentriert sich als Produzent für die Migros-Gruppe auf den Kernmarkt Schweiz und auf die Produktion von Eigenmarken für Dritte. Dies führte unter anderem zu Restrukturierungen bei der Lebensmittelproduzentin Delica und beim Milchverarbeiter Elsa. Die Marke Frey International und die Marken für Bohnenkaffee sowie gemahlenen Kaffee in Deutschland wurden aufgegeben. Die Neuausrichtung sah einen Abbau von 365 Stellen vor.
Medbase
Die im Gesundheitsbereich tätige Gruppe, zu der auch Zahnarztzentrum.ch gehört, zählt die Migros ebenfalls zu einem Kernbereich ihrer Tätigkeit. Insgesamt gehören über 170 Arztpraxen, Zahnarztpraxen und Apotheken zur Migros.
Migros Bank
Das Bankengeschäft mit satten Gewinnen zählt die Migros ebenfalls weiterhin zu einem ihrer Kernbereiche. Die Migros-Bank ist eine 100-prozentige Tochter des Migros-Genossenschafts-Bundes. Die Bank hat rund 1,2 Millionen Kundinnen und Kunden mit Kundeneinlagen von 46 Milliarden Franken. Vergangenes Jahr schrieb die Bank einen Gewinn von 282,1 Millionen Franken.
Migrolino
Die Tochter, der derzeit mehr als 350 Convenience-Shops an Bahnhöfen, Tankstellen und in Innenstädten angehören, will weiter wachsen. 2024 legte Migrolino allerdings nur um 0,4 Prozent auf 0,8 Milliarden Franken zu. In den letzten gut zehn Jahren hatte sich der Umsatz mehr als verdreifacht.
Movemi
Die Tochter – mit 260'000 Trainierenden die grösste Schweizer Fitnessanbieterin – führt seit 2022 alle Fitnessanlagen der Migros. Das Unternehmen tritt mit 139 Anlagen der Marken «Fitnesspark» und «Activ Fitness» am Markt auf.
Tegut
Für den chronisch defizitären Einzelhändler setzte die Migros Zürich eine Frist bis Ende 2026. Wenn die deutsche Tochter bis dahin schwarze Zahlen schreibt, hat das Unternehmen nach Angaben der Migros eine Zukunft - sonst nicht. Im November hatte die Migros für den Tegut-Hauptsitz in Fulda einen Stellenabbau rund eines Fünftels der Belegschaft angekündigt. Für 35 Läden wurden neue Betreiber gesucht. Zuletzt hatte Tegut rund 340 Filialen und 7700 Mitarbeitende in Deutschland.
Und noch ohne Käufer:
Mibelle
Die Kosmetik- und Hygienetochter Mibelle steht zum Verkauf. L'Oréal übernimmt dabei die kleine südkoreanische Mibelle-Tochter Gowoonsesang. Für den Rest wurde bislang noch kein Käufer bekannt. Der neue Eigentümer für den Rest der Gruppe sollte ursprünglich bis Ende dieser Woche bekannt werden. Die bekannten Eigenmarken wie die «I am»-Pflegeprodukte oder das Spülmittel «Handy» soll es auch künftig bei der Migros zu kaufen geben.