Dass die Credit Suisse auch im ersten Quartal einen hohen Verlust ausweisen wird, hatte sie schon im Februar angekündigt. Im Vorfeld der Integration in die UBS stellt sich nun aber vor allem die Frage, welche Vermögenswerte die CS in die neue einzige Schweizer Grossbank mitbringen wird. Per Ende 2022 hatte die Credit Suisse noch verwaltete Vermögen in Höhe von 1,29 Billionen Franken ausgewiesen - bei der UBS beliefen sich die Kundenvermögen zum Jahresende auf 3,96 Billionen US-Dollar.
Im Fokus werden am Montag Angaben der Credit Suisse zu den Ereignissen von Mitte März stehen. Damals war es - gleichzeitig mit einem neuen Kursverfall der CS-Aktie - zu einer Welle von massiven Geldabflüssen gekommen, die nur wenige Tage später zu der von den Behörden verfügten Notübernahme durch die UBS führten.
«Hätte den Montag nicht überlebt»
Unmittelbarer Auslöser für den «Bank Run» Mitte März waren Bemerkungen des Präsidenten der Saudi National Bank, dem grössten Aktionär der Credit Suisse. Er hatte gegenüber den Medien eine weitere Finanzspritze für die CS ausgeschlossen. Die an und für sich wenig überraschenden Aussagen führten im Umfeld mit einer US-Bankenkrise und Rezessionsängsten zu panikartigen Handlungen bei Investoren und Bankkunden.
Laut Beobachtern wurden in den Tagen vor der Übernahmeankündigung wahrscheinlich jeweils mehr als 10 Milliarden Franken täglich abgezogen. Zwar gab die Schweizerische Nationalbank (SNB) nach den Aussagen der Saudi-Investoren die Bereitstellung von Liquiditätshilfen für die CS bekannt, die im Anschluss auch ein SNB-Darlehen von 50 Milliarden bezog.
Mit der Ankündigung der Übernahme am Sonntagabend, 19. März, stellten SNB und Bund der kombinierten Bank dann Liquiditätshilfe-Darlehen im Umfang von insgesamt 200 Milliarden Franken zur Verfügung. Finanzministerin Karin Keller-Sutter erklärte im Nachhinein in Interviews, dass die Credit Suisse ohne die Ankündigung der Übernahme durch die UBS wohl «den Montag nicht überlebt» hätte.
85 Milliarden Franken abgezogen
Für die CS war dies der zweite «Bank Run» innert Monaten: Im Oktober 2022 waren während weniger Tage Gelder in Höhe von 85 Milliarden Franken abgezogen worden, in gesamten vierten Quartal 2022 waren es 110 Milliarden Franken. Auslöser waren damals wenig konkrete Gerüchte in sozialen Medien über eine Schieflage der Bank gewesen.
Bezüglich der Finanzergebnisse für das erste Quartal erwarten Experten einen Verlust auf 700 Millionen bis 1 Milliarde Franken - es wäre der sechste Quartalsverlust in Folge. So dürften die Erträge der angeschlagenen Grossbank mit dem sinkenden Kundenvertrauen und den anhaltenden Restrukturierungen erneut stark unter Druck gestanden haben.
Die Analysten der britischen Barclays rechnen mit einem Rückgang der Erträge der Grossbank zum Vorjahresquartal um über 60 Prozent, die Kosten dürften gleichzeitig um rund einen Drittel gesunken sein. Der Ertragsrückgang im ersten Quartal habe wohl alle Geschäftseinheiten der Bank betroffen, meinen auch die Experten der Bank Vontobel. Nach der Übernahmeankündigung dürfte dann wohl jegliches Neugeschäft «zusammengebrochen» sein.
Sorgen der Kundinnen haben sich beruhigt
Immerhin darf die Grossbank auch noch Sondererträge aus dem Verkauf von Teilen der Investment Bank erwarten. Insbesondere steht noch ein Beitrag an den Vorsteuergewinn von rund 800 Millionen Dollar aus der Veräusserung des Geschäfts mit verbrieften Produkten (SPG) an die US-Gesellschaft Apollo Capital Management an.
Interessieren wird auch die weitere Entwicklung nach der Übernahmeankündigung: Diese hat zwar die Sorgen der CS-Kundinnen und Kunden um ihre Ersparnisse wohl etwas beruhigt. Sie müssen sich jetzt aber für den Verbleib in der künftigen UBS oder gegebenenfalls den Wechsel zu einer anderen Bank entscheiden. Das gilt insbesondere für Privat- und für viele Unternehmenskunden, die aus Diversifizierungsgründen Konten bei beiden Grossbanken geführt hatten.
Die Credit Suisse will allerdings über die Publikation des Quartalsberichts hinaus am Montag keine weiteren Angaben machen - weder gegenüber den Medien noch gegenüber den Investoren. Für weitere Antworten müssen die Beobachter nun auf die UBS hoffen: Diese wird einen Tag nach der CS mit ihren eigenen Quartalzahlen aufwarten. (pbe/SDA)