«Wissen die Garagen eigentlich nicht, wer ihre Kunden sind?», ärgert sich Blick.ch-Leser Florian K. Wie Tausende anderer Schweizer erhielt er einen Brief, dass auch er vom Abgas-Bschiss betroffen sei.
Die Anrede begann mit «Sehr geehrte/r Herr/Frau K.» – und dies auch noch in den drei Sprachen Deutsch, Französisch und Italienisch. «Das ist total unpersönlich», sagt K.
Viel schlimmer findet Leser K. aber den Wischiwaschi-Inhalt. «Aus den Medien weiss ich längst, dass auch mein Diesel-Skoda betroffen ist.» Im Brief stand bloss, dass «der Hersteller mit Hochdruck an Lösungen arbeite», und das diese frühestens «im Frühjahr 2016» umgesetzt werden können. Schliesslich wird K. um «Geduld» gebeten.
«Bei diesem nichtsagenden Brief kommt der Verdacht auf, dass die VW-Bosse noch keine Ahnung haben, wie sie den Schlammassel beheben können», sagt K.
Immerhin schreibt der Autokonzern: «Die Kosten für die Nachbesserung werden durch die Volkswagen AG getragen.»
«Das ist so vorgeschrieben»
Gegenüber Blick.ch nimmt Livio Piatti von der Amag Schweiz Stellung. Die unpersönliche Anschrift hat ihm zufolge nichts damit zu tun, dass die Händler ihre Kunden nicht kennen würden. «Es ist vorgeschrieben, dass wir in diesem Fall die Halteradressen beim Bundesamt für Strassen (Astra) beziehen. Dort ist aber weder ein Geschlechter- noch Sprachcode hinterlegt», sagt Piatti. Rückrufschreiben seien deshalb immer dreisprachig und neutral addressiert.
Dass den Kunden im Brief noch keine konkreten Lösungen präsentiert wurden, liegt gemäss Piatti auch daran, dass unterschiedlichste Modelle und Marken betroffen sind. Zudem müssten alle Massnahmen auch noch vom Astra abgesegnet werden, ehe der Kunde informiert wird.
Skandal könnte VW 56 Milliarden Dollar kosten
Mit Busse, Schadenersatzklagen und Reparaturarbeiten könnte der Skandal VW und seine Tochterfirmen laut Experten bis zu 56 Milliarden Euro kosten. Mehr als BP für die Transocean-Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zahlten.
Die neuen Unregelmässigkeiten bei Volkswagen haben auch in der Schweiz zahlreiche Fragen aufgeworfen. Am Dienstagabend hatte der deutsche Autokonzern eingeräumt, dass auch CO2-Werte bei rund 800 000 Fahrzeugen manipuliert wurden. Das könnte Auswirkungen beim Import in die Schweiz haben.
So sind Importeure von Personenwagen seit Juli 2012 verpflichtet, im Rahmen einer Erstzulassung zusätzliche Abgaben auf Basis der CO2-Emissionen zu zahlen. Werden die CO2-Werte aber als zu gering angegeben, würden folglich auch zu wenig Strafgebühren zur Reduktion des Treibhausgases abgeführt. Zuständig für diese Sanktionsabgabe ist das Astra.
Die Behörde will sich allerdings zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu den neuen Unregelmässigkeiten bei VW äussern. Ein Sprecher des Amtes erklärte lediglich, dass eine interne Arbeitsgruppe derzeit ermittelt, welche Fahrzeuge zusätzlich betroffen sind und in welchem Umfang der Ausstoss des Treibhausgases manipuliert wurde.
Fahrzeuge sind sicher und fahrbereit
Da es sich bei den Schweizer Grenzwerten für die Erstzulassung von 130 Gramm CO2 pro Kilometer um einen Durchschnittswert handelt, hingen die konkreten Folgen direkt von dem Ausmass der Manipulation ab. Dazu habe man aber noch keine Informationen. Das Astra müsse bei den neuen Betrügereien ohnehin eng mit der deutschen Zulassungsbehörde, dem Kraftfahrtbundesamt, zusammenarbeiten, da dieses auch die Schweizer Fahrzeuge prüfe.
Beim VW-Generalimporteur in der Schweiz, Amag, gibt man sich bezüglich der neuen Unregelmässigkeiten des deutschen Autoproduzenten ebenfalls zugeknöpft. «Aktuell untersucht der Hersteller die konkret betroffenen Modelle», erklärte ein Mediensprecher auf Anfrage.
Zudem sei Amag im Dialog mit den zuständigen Zulassungsbehörden. Der VW-Autohändler betont ausserdem, dass die Fahrzeuge trotz der Manipulationen weiterhin technisch sicher sowie fahrbereit seien und man so schnell wie möglich über Folgeschritte informieren wolle.
Aktie rasselt wieder in den Keller
Nach Bekanntwerden neuer Unregelmässigkeiten bei Volkswagen ist der Aktienkurs heute Morgen um fast neun Prozent eingebrochen. Momentan ist die Aktie mit 102 Euro in Frankfurt noch mit 4 Prozent im Minus. (SDA/Bö)