Dank Replay-TV verpassen Fernsehzuschauer nichts mehr: Sie können am Abend ihre Nachmittagssoap anschauen oder am Sonntagmorgen die Samstagabendshow nachholen. Ohne Werbeunterbrüche! Genau das macht Replay-TV aber so umstritten, denn Fernsehen ist auch ein grosses Werbegeschäft. Die Interessengemeinschaft Radio und Fernsehen beziffert den Schaden durch Unterbrecher-Werbung im Jahr 2017 auf 110 Millionen Franken.
Keine Abschaffung, aber eine Einschränkung der Funktion möchte nun die Rechtskommission des Nationalrats. Ihr Vorschlag: Anbieter sollen für Replay-TV das grüne Licht der Fernsehsender einholen – wohl gegen Bezahlung. Fehlt dieses, müssten sie das Überspringen der Werbung sperren.
Gegen den neuen Vorschlag wehren sich Telekom-Firmen wie Salt oder UPC in einer Medienmitteilung. Die Kabelnetzbetreiberin befürchtet, dass eine Änderung bei Replay-TV viele Verlierer haben könnte. Zudem bemängelt UPC die «faktisch doppelte Vergütung an die TV-Sender». Denn bereits heute zahlen die Anbieter eine Replay-Entschädigung. Salt warnt gar vor einem «Werbekonsumzwang» und wehrt sich «gegen eine konsumentenfeindliche Einschränkung des zeitversetzten Fernsehens».
Was aber genau würde der neue Vorschlag für die Konsumenten bedeuten?
Höhere Kosten
Man kann davon ausgehen, dass die Telekom-Firmen wie UPC ihre Mehrkosten nicht selbst schultern, sondern diese an die Konsumenten weitergeben werden.
Die Stiftung für Konsumentenschutz SKS rechnet deshalb damit, dass Replay-TV-Angebote massiv teurer würden. Der Kampf um den Werbekuchen dürfe nicht auf dem Buckel der Konsumenten ausgetragen werden, fordert sie.
Weniger Auswahl
Leidtragende wären die Konsumenten auch beim Angebot der Anbieter. Laut der SKS sei zu befürchten, dass nur grosse Telekom-Unternehmer die zusätzlichen Kosten für die Replay-Rechte zahlen könnten.
Für spezialisierte Anbieter wie Zattoo, Wilmaa und Teleboy könnte dies aber den Untergang bedeuten. Vermutlich würden sie vom Markt verschwinden, glauben die Konsumentenschützer. Den Kunden bliebe nichts anders übrig, als zu einem der Grossen zu wechseln.
Das befürchtet auch Fredy Künzler (50), Geschäftsführer des Internetanbieters Init7: «Das ist ein weiterer Versuch der grossen Privaten, sich ihre Pfründe zu sichern.» Denn nur die grossen deutschen Privatsender hätten die Macht, mit den grossen Verbreitern wie Swisscom oder UPC exklusive Deals auszuhandeln. Genau darin liege die Gefahr, wenn die TV-Sender direkt mit den Weiterverbreitern der Programme verhandeln könnten.
Rückkehr der Aufnahmegeräte
Der Konsumentenschutz sagt eine Rückkehr in die Steinzeit voraus. Denn statt wie heute bequem im TV-Programm einen Tag nach hinten zu springen, müssten Zuschauer unter Umständen die Sendungen wieder manuell aufnehmen.
Dazu bräuchte es einen Video- oder Festplatten-Rekorder. Wer Glück hat, findet im Keller oder Estrich noch ein altes Gerät. Das Paradoxe: Auch damit kann Werbung problemlos überspult werden, so wie es die Schweizer seit Jahrzehnten tun.
Zurück in die Steinzeit, das kann es nicht sein, denn eigentlich ist die Schweiz eigentlich ihrer Zeit voraus: «Ganz Europa schaut auf die Schweiz, weil die Schweiz als einziges Land eine zeitgemässe Regelung für das zeitversetzte Fernsehen hat», sagt Valentin Blank (44). Er ist Geschäftsführer von Suisseimage, die sich um die Urheberrechte an audiovisuellen Werken kümmert.
Wie immer der Kampf um die TV-Werbung ausgehen wird, der Entscheid könnte Bedeutung für ganz Europa haben!