E-Commerce-Experte über Schweizer Online-Händler
Amazon und Zalando werden immer mächtiger

Thomas Lang (49), Chef des E-Commerce-Beratungsunternehmens Carpathia, sagt, welche Online-Shops warum gefährdet sind.
Publiziert: 20.02.2018 um 18:58 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:48 Uhr
Ein Bild, das auch in der Schweiz immer öfter zu sehen sein wird.
Foto: ullstein bild Dtl.

Wir kaufen so viel im Internet ein wie noch nie: 8,6 Milliarden Franken! So viel Umsatz generierten Schweizer 2017 mit ihren Einkäufen von Waren und Gütern im Netz – und das ohne Berücksichtigung von verkauften Reisen, Software-Downloads und Dienstleistungen. Das besagt eine am Dienstag veröffentlichte Studie von GfK, Post und VSV.

Heikel für Schweizer Online-Shops: Online-Auslandeinkäufe von Schweizer Konsumenten legten überproportional um 23 Prozent zu. Seit 2011 haben sie sich verdreifacht. Zalando und Amazon werden immer mächtiger.

Einfach Produkte verkaufen, reicht heute nicht mehr

Thomas Lang, E-Commerce-Experte.
Foto: Boris Baldinger

«Wer internationalen Schwergewichten wie Amazon und Zalando nichts entgegenhalten kann, hat schwer zu kämpfen», sagt Thomas Lang (49). Für den Chef des E-Commerce-Beratungsunternehmens Carpathia ist klar: «Es reicht heutzutage nicht mehr, einfach nur Produkte zu verkaufen. Das kann jeder. Der Kunde will Lösungen, und als Händler muss ich Lösungen anbieten können.»

Gelinge dies, könne man über seine Kompetenzen kommunizieren. «Die wenigsten suchen im Internet Steinbohrer, Dübel und eine M5-Schraube, sondern eine Lösung, um ein Bild mit den Massen 40 x 60 Zentimetern an einer Wand zu befestigen», nennt Lang als ein Beispiel. «Die wenigsten suchen online Schuhe von X, ein Kleid von Y und eine Tasche von Z, sondern sie wollen an einem Empfang gut aussehen.»

Wie man sich dem Preiskampf entziehen kann

Was heisst das jetzt? Schwer zu kämpfen werden alle haben, die «Just another Online-Shop» sind, so Lang. Das gelte auch für alle Unternehmen (stationäre Händler mit Online-Shop), die nicht sowohl an der Bahnhofstrasse als auch die besten in ihrer Klasse sind. Namen nennt Lang keine.

Dagegen ortet der Experte gute Chancen bei allen, «die für sich glasklar ehrlich beantworten und auch umsetzen können, warum der Kunde bei ihm einkaufen soll». Das könne eine unvergleichliche Kompetenz sein, eine Nähe, eine Nische, ein Service, den Grosse nicht bieten können. «Wer das schafft, kann sich dann auch zu einem gewissen Grad dem Preiskampf entziehen», sagt Lang.

Gefahren sieht er für Sortimente wie Kleidung, Beauty und Elektronik-Zubehör. Diese seien in der Schweiz mehrheitlich schon in internationaler Hand. «Wir können da nur schon preislich nicht mithalten und haben bezüglich Kompetenz und Service noch kein wirkliches Argument gefunden», sagt der E-Commerce-Experte.

Migros und Coop kaum gefährdet

Weniger gefährdet seien Elektronik-Shops. Diese werden mehrheitlich noch von Schweizer Händlern dominiert. Der Grund seien Schweizer Eigenheiten wie Stecker und Tastaturen. Kaum gefährdet sind auch Lebensmittel-Supermärkte im Netz, also jene von Coop und Migros.

«Dass insbesondere bei Frische ein internationaler Player Druck macht, erwarte ich nicht.» Zu komplex sei die Beschaffung und Logistik wegen Verderblichkeit, Kühlung und vielem mehr. 

Lang hofft jedoch, dass die Schweizer Player, allen voran Coop und Migros, «hier weiter ambitioniert den Markt entwickeln». (uro)

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