Ferien direkt am Gleis statt direkt am Strand: Die SBB haben ihr letztes Bahnwärterhaus am Gotthard renoviert und machen daraus ein Ferienhaus. Wenn der Standort des renovierten Feriendomizils mit «direkt am Gleis» beschrieben wird, dann ist das wörtlich zu nehmen. Wer hier übernachtet, muss damit rechnen, dass die Gespräche von vorbeifahrenden Zügen unterbrochen werden.
Das Wärterhaus Eggwald verfügt über ein Wohnzimmer und zwei Schlafzimmer. Ferien im Wärterhaus sollen von Mai bis Oktober möglich sein. «Freude am Bahnverkehr und Verständnis für vorbeifahrende Züge sind wohl Voraussetzung für Interessierte», sagt SBB-Sprecher Oli Dischoe zu BLICK.
Das Haus ist nur zu Fuss erreichbar und liegt am Gottardo-Wanderweg. Erstmals buchbar ist es laut SBB ab Februar 2021. Der Preis pro Nacht ist noch nicht bekannt.
Alle 1,2 Kilometer ein Wärterhaus
Als die Gotthard-Bergstrecke im Jahr 1882 eröffnet wurde, stand etwa alle 1,2 Kilometer ein Wärterhaus am Gleis. Früher wohnten darin Bahnwärter mit ihren Familien. Es war ihre Aufgabe, ihren Streckenabschnitt zu überwachen. Heute sind an der gesamten Gotthardlinie zwischen Arth-Goldau und Bellinzona noch rund 50 Wärterhäuser erhalten. Das Wärterhaus Eggwald ist das letzte im Besitz der SBB.
Die Wärter mussten zum Beispiel die Böschung mähen und bei Unwetter den Wald, die Bäche und die Felswände beobachten. Die meisten Bahnwärter waren bei den SBB als Streckenwärter, Gleis-, Rangier- oder Hilfsarbeiter angestellt.
Baujahr 1886
Bahnwärter mussten Gefahren für Züge erkennen und melden. Fiel beispielsweise ein Stein aufs Gleis, war es der Job der Bahnwärter, dem nächsten Zug mit einer Fahne in der Hand entgegenzulaufen, um ihn aufzuhalten. Bevor es das Telefon gab, war das die einzige Möglichkeit, Züge bei Gefahr zu stoppen. Mit dem technischen Fortschritt verloren die Bahnwärter ihre Aufgaben.
Das Wärterhaus Eggwald wurde 1886 erbaut. Doch weil es damals zu nah am Portal des Naxbergtunnels in Wassen UR stand, drang der Rauch der Dampfloks aus dem Tunnel in die Wohnräume. 1897 wurde es deshalb auf die andere Seite des Rohrbachs an den heutigen Standort umplatziert.
Keine Oase der Ruhe
Und nun soll der dritte Abschnitt seines Daseins beginnen: als Ferienunterkunft für Wanderfreudige oder Bahnbegeisterte. Die SBB haben das Häuschen zwischen 2019 und 2020 renovieren und in den ursprünglichen Farben streichen lassen.
In der Kabelbude, in der früher unter anderem das Streckentelefon stand, erinnert eine kleine Ausstellung an die Geschichte des Hauses und die Menschen, die dort lebten.