Fünf Wochen im Jahr, der Schweizer Standard für Ferien, ist vielen Angestellten nicht mehr genug. Wenigstens alle paar Jahre wollen sie länger weg – sogar dann, wenn sie in dieser Zeit nichts verdienen.
Offizielle Statistiken über unbezahlten Urlaub gibt es nicht. Daher hat SonntagsBlick rund zwei Dutzend Grossfirmen aus allen Branchen angeschrieben. Die Überraschung: Keine einzige will den Ferienplänen ihrer Angestellten im Wege stehen. «Grundsätzlich unterstützen wir solche Wünsche.
Wir sind überzeugt, dass dies zur Zufriedenheit unserer Mitarbeiter beiträgt», schreibt Implenia, das grösste Bauunternehmen der Schweiz. Auszeiten von einem halben bis zu einem Jahr gewähre man gern – vor allem langjährigen Angestellten.
Bei Implenia hat sich die Nachfrage nach dieser besonderen Form von Urlaub in den letzten Jahren nicht verändert, in anderen Betrieben jedoch sehr wohl.
Firmen sehen viele Vorteile
«Die Nachfrage ist auf rund vier Prozent aller Angestellten angestiegen», schreibt Franco Tonozzi, Pressesprecher der Versicherung Zurich Schweiz. Auch er betont die Vorteile des Langzeiturlaubs: «Er wirkt sich positiv auf die Mitarbeitenden und ihre Familien aus. Und ist daher auch für Zurich ein Vorteil.»
Damit ihre Angestellten die Ferien verlängern können, bieten ihnen viele Firmen mittlerweile ein neues Modell an: Sie dürfen sich Ferien kaufen! Der Unterschied zu unbezahltem Urlaub, der oft mehrere Monate dauert: «Ferienkauf» ist schon für einzelne Tage möglich.
Bei der Swisscom zum Beispiel gilt: Bis zu zehn Tage kann man erstehen, Versicherungs- und Pensionskassenbeiträge laufen weiter. Unbezahlten Urlaub gibts dann ab zehn Tagen. «Beide Angebote werden jedes Jahr im Durchschnitt von rund 20 bis 30 Prozent der Mitarbeitenden genutzt», schreibt der Telekomanbieter. Dort nahm 2017 die Anzahl gekaufter oder unbezahlter Ferientage gegenüber dem Vorjahr um rund zehn Prozent zu.
Langer Erholungseffekt
Auch die Wissenschaft hält längere Ferien für sinnvoll. «Der Erholungseffekt dauert erstaunlich lange. Mitarbeitende kehren nicht selten mit innovativen Ideen aus dem unbezahlten Urlaub zurück», sagt Bruno Staffelbach (61). Der Professor für Betriebswirtschaft und Rektor der Uni Luzern gilt als einer der profiliertesten Personalexperten in der Schweiz.
Und warum machen die Unternehmen dabei mit? «Die Firmen sind nicht naiv», meint Staffelbach. «Sie führen Flexibilisierungsmassnahmen ein, weil sie sich Effizienzgewinne erhoffen.» Auch die Kosten seien ein Motiv. In lauen Phasen lassen sich auf diese Weise sogar Entlassungen vermeiden.
Was die Mitarbeiter betrifft, weist Staffelbach auf eine Studie aus den Niederlanden hin. «Sie zeigt, dass es für die Motivation gar nicht so wichtig ist, dass sie tatsächlich unbezahlten Urlaub machen.»
Um die Motivation zu steigern, genüge es zu wissen, dass man die Ferien aushandeln könnte, wenn man möchte.