Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? Jahrelang betonten die Sika-Erben, wie eng sie mit der Firma verbunden seien, wie wichtig ihnen die Familienbande, wie langfristig ihr Engagement sei. Und dann dies: Letzte Woche stiessen die fünf Burkard-Geschwister ihre Aktien nach Frankreich ab. Nicht mal den Verwaltungsrat hatten sie in ihre Pläne eingeweiht.
2,75 Milliarden Franken überweist ihnen der Baustoffkonzern Saint-Gobain. Das sind 80 Prozent mehr, als ihre Aktien zuvor an der Börse wert waren. Den Minderheitsaktionären bleiben nur Verluste. Ihre Papiere verloren seit Anfang Woche 30 Prozent.
Bei Sika löste die Fahnenflucht der Besitzer eine Revolte aus: Verwaltungsrat und Management haben den Rücktritt angekündigt. Die Franzosen, so ihre Befürchtung, würden Sika finanziell aussaugen. Denn nur so könnten sie den horrenden Kaufpreis rechtfertigen.
Wer sind die Burkards? 104 Jahre lang lenkten sie die Geschicke von Sika, waren eine der respektiertesten Unternehmerfamilien des Landes. Franziska Burkard-Schenker († 84), die Enkelin des Firmengründers, starb genau heute vor einem Jahr. Was bewog ihre Kinder zum Bruch mit der Vergangenheit?
Klar ist: Darben mussten sie schon bis anhin nicht. Die Sika-Dividenden spülten ihnen Jahr für Jahr rund 20 Millionen Franken in die Kasse.
Die Familie und ihr Wohlstand
Der jüngste Spross, Fritz Burkard (51), ist die schillerndste Figur des Clans. Er lebt mit seiner Frau Jennifer, einer Amerikanerin und ehemaligen Spitzen-Skeletonfahrerin, und den drei gemeinsamen Kindern in St. Moritz GR. Die Familie residiert in der obersten Wohnung der Residenz Bavier im früheren Hotel Belvedere direkt am St. Moritzersee.
Fritz war bis vor ein paar Jahren Chef von Sika Italien, heute widmet er sich vor allem dem Bobsport. Seine Firma Icerunner bietet einer exklusiven Klientel Fahrten im Olympia-Bobrun in St. Moritz an. Er ist Vizepräsident des Bobclubs St. Moritz. Dessen Präsident ist Rolf Sachs (59), Sohn von Gunter Sachs († 78). Auch dem mondänen Dracula Club und dem Cresta Club der Skeletonfahrer gehört Fritz Burkard an. Und er hat ein Herz für Behinderte: Mit dem Parasliding Club St. Moritz fördert er Athleten mit Handicap.
Die anderen Kinder führen ein Leben abseits des Jetset. Gabriella (60), das älteste der Geschwister, wohnt in Baar ZG in einem luxuriösen Appartement mit Sicht über den halben Kanton Zug. Geschäftlich ist sie wenig erfolgreich: Ihre Boutique Moda Bella Grande direkt beim Bahnhof Baar hat seit dem 12. August Ausverkauf. Ende Jahr macht sie dicht. Die Apéro-Chuchi Gabriella Burkard GmbH in Unterägeri ZG überlebte gemäss Handelsregister nur vier Jahre.
Die jüngere Schwester Monica (59) zeigt mehr Durchhaltevermögen. Im Zürcher Niederdorf besitzt sie seit 25 Jahren das Bonnie Prince Pub. In Küsnacht ZH an der noblen Goldküste betreibt sie mitten im Dorf das Bonnie Fit, ein 300 Quadratmeter grosses Fitnessstudio samt Bistro. Das Jahresabo kostet 1440 Franken – Sauna inklusive. Monica Burkard wohnt in Küsnacht an bester Adresse in einer Villa mit Garten, Swimmingpool und Sicht über den Zürichsee.
Die jüngste der drei Schwestern, Carmita Burkard Kroeber (53), lebt in Neuenburg. Sie ist gelernte Kindergärtnerin und wohnt ebenfalls in einer stattlichen Villa mit viel Umschwung und alten Bäumen.
Urs Burkard (57) ist das Gesicht der Familie in der Öffentlichkeit. Er trat mit der verstorbenen Mutter im Fernsehen auf und pries die Familientradition. Zudem sitzt er im Verwaltungsrat. Der gelernte Schreiner und Innenarchitekt handelt in Cham ZG seit über 25 Jahren mit exklusiven Büromöbeln. Er residiert mit seiner Familie im Steuerparadies Oberägeri ZG in einer modernen Prachtsvilla mit Schwimmbad. Das Anwesen bietet einen traumhaften Blick über den Ägerisee und in die Berge. Seine Gattin Adriana (53) führt ebenfalls in Cham ein exklusives Reisebüro. Spezialität sind Safaris in Ostafrika.