Die SBB-Präsidentin über Kosten, Ausbau und ein neues Ticket-System
Wollen Sie das GA abschaffen, Frau Ribar?

Seit dem 1. Juni 2016 ist Monika Ribar (56) die höchste Bähnlerin der Nation. Laut der SBB-Präsidentin soll es beim GA grössere Veränderungen geben. Auch die Kosten sind ein Thema. Man schaue alles an, sagt Ribar im Interview.
Publiziert: 31.08.2016 um 00:10 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 10:38 Uhr
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SBB-Präsidentin Monika Ribar (56) will eine SBB, die konkurrenzfähig ist und für alle erschwinglich bleibt.
Foto: Philippe Rossier
Andrea Hohendahl

BLICK: Frau Ribar, seit 100 Tagen sind Sie die oberste Bähnlerin des Landes. Woran sollen sich die Menschen erinnern, wenn Sie dereinst Ihr Amt als Präsidentin des Verwaltungsrates wieder abgeben?
Monika Ribar:
Ich kann in meiner Amtszeit Weichen stellen. Die Resultate werden aber erst nach meinem Abtreten sichtbar. Wichtig sind mir diese Punkte: Ich will die SBB konkurrenzfähig halten und die Kapazitäten erhöhen. Die Kunden sollen über einen einzigen Kanal Zugang zur digitalen Mobilität im gesamten ÖV-System erhalten. Das Wichtigste sind aber die Menschen. Wir brauchen die Mitarbeitenden, um das alles stemmen zu können. Aber es ist auch klar, dass wir die Kosten wo nötig senken müssen.

Wie meinen Sie das?
Wir haben ein Effizienz- und Kostenprogramm angesetzt, mit dem wir das ganze Unternehmen durchleuchten – die Verwaltung, aber auch den Betrieb. Es gibt sehr viel Potenzial für Optimierungen.

Das hört sich nach Personalabbau an.
Auch. Das ist kein Ziel, aber eine Folge, wenn wir sparen müssen.

Geht es konkreter?
Über die Einzelheiten werden wir bald informieren. Aber lassen Sie mich Folgendes dazu sagen: Wir haben ein teures System, und unsere Konkurrenz wird billiger. Wir alle in der Schweiz stehen dazu und haben in Abstimmungen immer Ja dazu gesagt. Das ist gut so. Aber es ist unsere Aufgabe und Pflicht, die uns zur Verfügung stehenden Mittel optimal zu nutzen.

Der Swisspass steht in der Kritik. Statt einfacher hat er vieles komplizierter gemacht. Die Kombina­tion von mehreren Abos klappt nicht, der Zürcher Verkehrsverbund ist nicht dabei. Was lief schief?
Es ist nichts schiefgelaufen. Der Swisspass ist kein Entscheid der SBB, sondern der gesamten ÖV-Branche. Aber ich habe Verständnis für Kunden, die kritisieren, dass noch nicht alle Tarifverbund-Angebote auf den Swisspass geladen werden können. Hätten wir aber zugewartet, wären wir nie weitergekommen. Dann wäre es für uns irgendwann schwierig geworden. Und wir hätten den digitalen Zug verpasst. Der Swisspass ist der Schlüssel zu sämtlichen ­Mobilitätsangeboten. Bis aber alles ganz reibungslos läuft und weitere Tarifverbunde aufspringen, braucht es noch etwas Zeit.

Wann kann die Schweiz mit einem elektronischen Ticketing-System rechnen?
Das kann ich noch nicht genau sagen. Aber klar ist: Wir müssen so ein System haben. Und dieses muss die Möglichkeit haben, dass jeder die Vorteile des Generalabonnements nutzen kann.

Das müssen Sie erklären.
Egal, ob Sie in der Zukunft mit dem Tram, Bus, Zug oder Schiff fahren – Sie müssen nicht mehr an das passende Ticket denken. Das System erkennt, welches Transportmittel Sie benutzen, rechnet Ihnen die Fahrten automatisch ab und macht Ihnen auch noch den besten Preis. Dafür erhalten Sie dann eine Rechnung. Wer besonders viel fährt – ich denke an die Pendler – soll auch Rabatte kriegen.

Einfacher gesagt: Das GA, für das man einen Fixpreis zahlt und mit dem man das ganze Jahr in der Schweiz fahren kann, wird es so nicht mehr geben.
Unser Ziel ist ein GA-Komfort für alle. Das streben wir zusammen mit der Branche an. Aber das Abrechnungssystem wird sich ändern. Das Prinzip, allen einen einfachen und bezahlbaren Zugang zu bieten, werden wir auch in Zukunft haben. Wir denken aber das GA neu.

Die Vorauszahlung fürs GA entfällt also?
Es ergibt dann tatsächlich keinen Sinn, wenn ein Teil der Kunden die Leistungen vorausbezahlt. Es wird jedoch weiterhin möglich sein, die öffentlichen Verkehrsmittel zu einem guten Preis zu nutzen. Aber mehr kann ich dazu noch nicht sagen.

Als Ökonomin sollten Sie ein Interesse an Wettbewerb haben. Wie stehen Sie zur Konkurrenz durch Fernbusse auf Intercity- Ver­bindungen?
Diese Konkurrenz gibt es im internationalen Verkehr. In der Schweiz ist es für Busse wegen des Kabotageverbots (Verbot von Personentransporten für ausländische Firmen innerhalb der Schweiz – Red.) nicht erlaubt. Noch verdient aber keines dieser Unternehmen Geld. Zentral ist, dass wir unseren Kunden das bessere Angebote unterbreiten. Der Bus steht im Stau, der Zug nicht. Hier können wir punkten. Beim Komfort und bei der Pünktlichkeit.

Die Bürgerlichen wollen den Abzug der Pendlerkosten einschränken – finden Sie das gut? Wir werden am Schluss das machen müssen, was uns die Politik sagt. Aber wir werden uns immer dafür stark machen, dass wir eine SBB haben, die für alle erschwinglich bleibt. Das ist für mich Service public. Doch wir können nicht alleine entscheiden. Unser Eigentümer ist die Eidgenossenschaft – und dahinter steht die Politik. Dem müssen wir Rechnung tragen.

Die Schweiz steht wirtschaftlich so gut da, weil wir flexibel auf Veränderungen reagieren. Höhere Pendlerkosten zu Stosszeiten sind da nicht gerade hilfreich.
Es ist wichtig, dass wir das gesamte System anschauen. Die Politik spielt eine grosse Rolle. Wenn eine Umverteilung der Kosten seitens der Politik gewünscht wird, dann wird das so kommen. Aber unser Standpunkt ist klar: Wer viel fährt, soll weniger zahlen. Die Preise sollen möglichst moderat steigen und dereinst gar nicht mehr.

Auf welchen Strecken sollen in den nächsten Jahren mehr Kapazitäten geschaffen werden?
Wir bringen die grossen Bahnprojekte in der Westschweiz und im Tessin zum Abschluss. Im Grossraum Zürich wird es dank der Durchmesserlinie neue und auch verbesserte Reisemöglichkeiten geben. Und mit den neuen Zügen für den Fernverkehr wird das Reisen noch komfortabler, und sie schaffen auch zusätzliche Kapazitäten.

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