Die reichsten Clans bunkern ihre Vermögen in der Schweiz
Griechen, holt euch diese Milliarden!

Die Probleme ihrer Heimat lassen die reichsten Griechen kalt. Sie leben in der Schweiz vom gut versteckten Geld.
Publiziert: 09.05.2010 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:13 Uhr
Von Roman Seiler

Sie kamen von unten und schafften es nach ganz oben: Die Anfang des 20. Jahrhunderts geborenen Griechen Yiannis «John» Latsis, Stavros Niarchos und Aristoteles Onassis. Alle drei sind verstorben. Sie hinterliessen ihren Nachkommen gigantische Vermögen, gemacht hatten sie ihre Milliarden mit Tankern und Frachtern.

Und alle zog es an den gleichen Ort: in die Schweiz.

Die reichen griechischen Clans mögen hierzulande vor allem eines: das milde Steuerklima. «Sie schätzen die Pauschalbesteuerung, das Bankgeheimnis und die Rechtssicherheit», sagt Spyros Arvanitis, griechischer Ökonom an der Konjunkturforschungsstelle der ETH.

Die Latsis, Niarchos und Onassis zieren längst die Reichstenliste der «Bilanz», ebenso wie der Reederclan der Livanos mit 700 bis 800 Millionen; oder George Koukis, Gründer der Software-Entwicklerin Temenos, sowie die Sängerin und Politikerin Nana Mouskouri. Beide sind je 100 bis 200 Millionen Franken schwer.

Könnten die klammen Griechen jetzt nicht bei ihren reichen Landsleuten in der Schweiz etwas holen? Lohnen würde es sich durchaus.

Etwa bei den Latsis: Sie kauften 1980 den Onassis die Genfer Banque de Dépot ab, seither sind sie Banker. Ihr Finanzinstitut EFG ist in Luxemburg domiziliert, die Familienstiftungen auf den Bermudas – Steueroasen eben. Ferien machen sie im Chalet in Gstaad BE.

Oder bei den Niarchos: Die Wahlbündner Philip und Spyros, Söhne des 1996 verstorbenen Stavros Niarchos, sind heute die grössten Grundbesitzer im Engadin. Ihnen gehören die Fünf-Sterne-Hotels Kulm in St. Moritz und Kronenhof in Pontresina GR sowie Bergbahnen. Schlagzeilen macht die dritte Generation: Philips Sohn Stavros III. küsste Hotelerbin Paris Hilton. Die war zuvor mit einem Latsis liiert: Paris Latsis.

Auch andere Clans besitzen Villen in St. Moritz, zum Beispiel die Reederfamilie Martinos: Sie kaufte 2006 für 110 Millionen Franken die einstige Schah-Villa und die Villa Mira Margna.

Mit ihrer Heimat haben die reichen Griechen nichts mehr am Hut. Arvanitis: «Griechische Reeder lassen ihre Schiffe meist nicht mehr unter ihrer Flagge fahren. Sie organisieren sich Billigflaggen, beispielsweise in Afrika.» So zahlen sie in ihrer Heimat keine Abgaben mehr. Und die Besatzungen stammen auch nicht mehr aus Hellas. «Angeheuert werden Billigarbeiter.»

Doch es sind nicht nur die Reederclans, die ihr Geld ins Ausland schaffen. So verstecken Griechen bei hiesigen Banken laut einer Finanzstudie 24 Milliarden Franken vor dem griechischen Fiskus.

Laut Ökonom Jens Bastian vom Athener Forschungsinstitut Eliamep hat sich die Kapitalflucht seit November massiv verstärkt: «Die griechische Nationalbank bestätigte, dass vier Milliarden Euro abgeflossen sind. In Tat und Wahrheit haben Griechen mehr als zehn Milliarden Euro ausser Landes geschafft», sagt Bastian.

Die Griechen haben offenbar kapiert, dass die neue Regierung erstmals ernsthaft gegen Steuerhinterzieher vorgehen will. Das heizt die Kapitalflucht erst recht an. Allerdings ist die Schweiz wegen der Aufweichung des Bankgeheimnisses nicht mehr der beliebteste Safe der Griechen. «Sie parken ihr Geld momentan hauptsächlich in Zypern», weiss Bastian.

Noch lassen die zu Hause gebliebenen Griechen zu, dass sich ihre reichen Landsleute in der Schweiz um ihre Sorgen foutieren. «Es gibt keine öffentliche Diskussion darüber, ob reiche Griechen im Ausland einen Beitrag leisten sollen, um ihr Land aus der Krise zu führen.»

Besorgniserregend ist, dass die reichen Griechen im Ausland bisher keine Zeichen gesetzt haben: Niemand ist demonstrativ in die von der Pleite bedrohte Heimat zurückgekehrt. Niemand investiert kräftig in Griechenland, schon gar nicht in Staatsanleihen. «Die griechischen Multimilliardäre und -millionäre lassen ihr Land im Stich», so Bastian. «Sie haben ihre Heimat als Anlageziel vergessen. Hierzulande empfinden das viele Bürger als Fahnenflucht.»

Euro-Staatschefs tagen
Angst vor dem Domino-Effekt: Erst musste Griechenland mit 110 Milliarden Euro gerettet werden. Jetzt sind die Staaten auf der Iberischen Halbinsel akut gefährdet.

Seit Freitag tagen die Staats- und Regierungschef der Eurozone in Brüssel. In der Nacht auf gestern war im klotzigen Ministerratsgebäude zum ersten Mal seit der Einführung des Euros so etwas wie Panik zu verspüren, schildern Beobachter der Verhandlungen.

«Die Eurozone durchlebt die schlimmste Krise seit ihrer Gründung», kommentierte Nicolas Sarkozy im Morgengrauen. Der französische Staatspräsident dementierte, sich mit der deutschen Kanzlerin gestritten zu haben: «Europa braucht die deutsch-französische Achse, mit absoluter Entschlossenheit und Stabilität.»

Stabilität? Nach den Abstürzen an den Börsen von letzter Woche versuchen Europas Regierungschefs ein Signal zu setzen, um die Spekulation gegen den Euro zu stoppen. Im Eilverfahren wollen sie einen Hilfsmechanismus finden, um im Notfall klamme Mitgliedstaaten zu stützen. Der Vorsitzende der Eurogruppe, der Luxemburger Jean-Claude Juncker, sagte, es gelte die «weltweit organisierte Attacke gegen den Euro» zu stoppen.

Heute Sonntag sollen die Entscheide fallen. Auswege aus der Eurokrise sind: ein strikter Sparkurs für alle Länder sowie strengere Regeln für die taumelnden Finanzmärkte.
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