Täglich melden sich neue Geschädigte. Sie wollen Geld vom deutschen Autokonzern. Entweder weil ihnen VW mangelhafte Autos verkauft hat oder weil durch diesen Betrug der Aktienkurs ins Bodenlose fiel.
- Erst gestern meldeten sich die beiden welschen Anwälte Jacques Roulet und Guillaume Etiers zu Wort. Sie gaben bekannt, einen ersten Schweizer Kläger zu vertreten. Er wirft Volkswagen unter anderem Betrug, Urkundenfälschung, unlauteren Wettbewerb und Verstoss gegen Umweltschutzauflagen vor. Der Kläger ist noch unbekannt. Die Anwälte suchen weitere Geschädigte, die sich einer Sammelklage anschliessen wollen.
- Inzwischen hat der erste deutsche Anleger eine Klage vorbereitet, wie die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» berichtet. Weil er durch den Betrug pro Aktie 60 Euro verlor, verlangt er von VW 20'000 Euro Schadenersatz. Laut Anwalt Andreas Tilp könnten sich ihm bald noch mehr Anleger anschliessen. Betroffen seien alle Anleger, die zwischen dem 6. Juni 2008 und dem 17. September 2015 VW-Aktien gekauft haben. Das ist der Zeitraum zwischen dem ersten Zulassung-Begehren eines manipulierten Jetta-Modells in den USA und dem Bekanntwerden des Skandals.
- Der Verband freier Autohandel Schweiz (VFAS) erwägt eine Klage gegen den VW-Konzern. Er rechnet mit etwa 1000 Autos, die bei Schweizer Händlern unimmatrikuliert in den Garagen stehen. Diese Autos können durch den Entzug der Typengenehmigung praktisch nicht mehr verkauft werden, denn sie werden gar nicht mehr zugelassen. Der VFAS beziffert den Schaden, der den Händlern dadurch entsteht, auf mehrere «Millionen Franken».
- In Südkorea verklagen Besitzer der betroffenen Modelle VW vor, seine Kunden getäuscht zu haben. Die Kanzlei Barun Law in Seoul teilte letzten Mittwoch mit, sie habe zwei Klagen wegen Betrugs vor Gericht eingereicht. In den kommenden Wochen würden weitere folgen. Man habe mindestens hundert Anrufe klagewilliger VW-Besitzer bekommen. Die Anwälte fordern eine Annullierung der Kaufverträge und die Rückerstattung des Kaufpreises.
- Die französische Umweltgruppe «Ecologie Sans Frontière» kündigte diese Woche eine Anzeige gegen Volkswagen wegen schweren Betrugs und der Gefährdung des Lebens anderer an. VW habe nicht nur die Käufer hintergangen, sondern durch das Übersteigen der Abgasnormen auch Gesundheit und Leben von Menschen gefährdet.
- Die Regierungen in Frankreich, Spanien und Italien erwägen ebenfalls rechtliche Schritte. Es geht vor allem um Subventionen, die der Autobauer für die Produktion in den jeweiligen Ländern erhalten habe. Diese könnten die Regierungen nun zurückfordern.
Über die Kosten für Bussen, Klagen und Reparaturen kann im Moment nur spekuliert werden. Es gibt verschiedenste Schätzungen, die alle im mittleren zweistelligen Milliardenbereich liegen.
Die Landesbank Baden-Württemberg kalkulierte diese Woche in einer Analyse den möglichen Schaden auf umgerechnet 50 Milliarden Franken. Darin eingerechnet ist die 18-Milliarden-Busse, die in den USA droht und die geschätzten 10 Milliarden, die alleine aus US-Schadenersatzforderungen anfallen könnten.
«Bild» zitiert Analysten, die dieser Zahl umgerechnet 65 bis 70 Milliarden Franken gegenüberstellen. Das seien Erlöse, die VW durch «Einsparungen, eine Kapitalerhöhung und den Verkauf von Geschäftsfeldern oder einzelnen Marken» mobilisieren könnte. (alp)