Auf einen Blick
Thomas Jordan sorgt für Gesprächsstoff am Finanzplatz. Der ehemalige Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) will beim Versicherungsriesen Zurich in den Verwaltungsrat einziehen. Sprich: Jordan strebt nach seiner Zeit als Notenbanker eine zweite Karriere in der Privatwirtschaft an. Das Pensum bei der Zurich lässt ihm dabei Zeit für weitere Mandate.
Daher machen nun Spekulationen die Runde, Thomas Jordan könnte der neue Verwaltungsratspräsident der Julius Bär werden. Die Vermögensverwaltungsbank sucht bekanntlich nach dem Abgang von Romeo Lacher einen neuen Präsidenten, im Suchprozess befindet man sich auf der Zielgeraden.
Denn spätestens am 16. März geht die Einladung für die nächste Generalversammlung an die Aktionärinnen und Aktionäre raus, die am 10. April stattfinden soll. Und im Einladungsschreiben muss die Bank enthüllen, wer nun an die Spitze der Julius Bär rücken soll. Klar ist: Es wird ein externer Kandidat werden, das hat die Bank bereits öffentlich gemacht.
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Rein von den Arbeitspensen her könnte Jordan den Posten bei der Bär übernehmen. Die Bank ist nicht systemrelevant, daher wird das Pensum für das Verwaltungsratspräsidium auf 60 Prozent taxiert. Das könnte Jordan neben seinem Amt bei der Zurich stemmen. Zudem sind der Versicherer und die Privatbank in komplett unterschiedlichen Feldern unterwegs und machen sich keine Konkurrenz – auch das wäre also kein Hinderungsgrund.
Jordan wäre eine Trophäe für die Bank
Dass der hoch angesehene Notenbanker für die Bär-Spitze fast schon so was wie eine Trophäe wäre, liegt auf der Hand. Er würde es damit seinem Ex-Kollegen Axel Weber gleichtun: Der ehemalige Präsident der Deutschen Bundesbank stand ab 2012 für zehn Jahre an der Spitze der UBS, um die skandalgeplagte Grossbank zusammen mit dem neuen CEO Sergio Ermotti in ruhigere Gewässer zu steuern.
Ähnlich wäre die Übungsanlage bei der Julius Bär. Vor einem Jahr hat die reine Vermögensverwaltungsbank damit geschockt, dass sie durch mehrere Kredite an das Signa-Konstrukt des Pleitiers René Benko, der mittlerweile in Österreich in Untersuchungshaft einsitzt, insgesamt 600 Millionen Franken abgeschrieben hat.
Mit dem Ex-Goldman-Sachs-Banker Stefan Bollinger hat die Julius Bär mittlerweile einen erfahrenen und ehrgeizigen neuen CEO angeheuert, der nun mit Kostensenkungen und schlankeren Strukturen die Privatbank zu neuer Grösse führen will. Noch vor dem Sommer wird von ihm ein Strategie-Update erwartet.
Sprich, Jordan könnte sich darauf konzentrieren, die wichtigsten Kundinnen und Kunden bei Laune zu halten und Bollinger beim Umbau der Bank auf die Finger zu schauen. Als ehemaliger Chef der SNB, die auch bei der Finanzaufsicht mitwirkt, kennt Jordan das Bankgeschäft – allerdings mehr aus der Ferne. Er hatte im Bankgeschäft nie eine operative Funktion inne.
Wer bestimmt die künftige Strategie der Bären?
Beobachter geben daher zu bedenken, dass die Julius Bär ein Strategie-Update braucht und Nachholbedarf bei der Erneuerung der IT hat. Als Verwaltungsratspräsident wäre Jordan der oberste Strategieverantwortliche. Wie viele konkrete Inputs er für die Bär-Geschäfte geben könnte, scheint daher nicht offensichtlich. Dafür wäre aber die Arbeitsteilung mit dem umtriebigen CEO Bollinger wohl unproblematisch.
Das Setup wäre dagegen ein ganz anderes, käme eine Kandidatin zum Zug, die ebenfalls gehandelt wird: UBS-Schweiz-Chefin Sabine Keller-Busse. Die 59-Jährige dürfte bei der Nachfolge von UBS-Chef Sergio Ermotti, der um das Jahr 2027 abtreten dürfte, aufgrund des Alters kaum mehr in die engere Wahl kommen.
Vor diesem Hintergrund wäre das Verwaltungsratspräsidium bei der Julius Bär für die erfahrene Bankerin noch mal ein schöner Karriereschritt. Aus ihrem Lebenslauf bringt sie alles mit, was es für den Posten braucht.
Als Schweiz-Chefin hat sie die Co-Verantwortung für das Schweizer Vermögensverwaltungsgeschäft inne. Zudem diente sie der UBS als COO und war in dieser Funktion auch für IT-Fragen verantwortlich – einen Bereich, in dem der Julius Bär viel Nachhol- und Modernisierungsbedarf attestiert wird.
UBS und Bär parallel geht nicht
Angesichts der nun bald anstehenden Generalversammlung bei der Julius Bär scheint aber fraglich, ob die UBS-Managerin das Bär-Präsidium wird übernehmen können. Denn einen übergangslosen Wechsel zu einem direkten Konkurrenten dürfte die UBS ihr nicht erlauben und auf eine mehrmonatige Abklingphase bestehen.
Fraglich ist zudem, was mit ihren millionenschweren aufgeschobenen Vergütungen passiert, wenn sie die UBS verlässt. Der Wert ihres Pakets an gesperrten Aktien beläuft sich mittlerweile auf rund 30 Millionen Franken.
Als Bankpräsidentin würde sich Keller-Busse auch ohne Zweifel nicht mit einer Rolle als Galionsfigur begnügen und die Funktion der Chefstrategin voll ausleben wollen. Das birgt Konfliktpotenzial mit dem nicht minder ehrgeizigen CEO Bollinger.
Wer immer das Rennen um den Spitzenposten bei der Julius Bär macht: Sabine Keller-Busse und Thomas Jordan werden sich über diese Themen und andere künftig austauschen können. Denn ab der nächsten GV sitzen beide im Verwaltungsrat der Zurich.