Die Milliarden-Vernichter von Sika
Alles nur weil Sohn Fritz (51) nicht mitreden durfte?

Vor zwei Wochen sagte Sika-Erbe Urs Burkard: «Das Commitment der Familie zum Unternehmen bleibt ungebrochen.» Dann machte die Familie Kasse – und verkaufte die Industrieperle. Hier die Hintergründe.
Publiziert: 14.12.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 19:09 Uhr
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Da war die Sika-Welt noch in Ordnung: Die Familie Burkard-Schenker im Jahr 2000. Fritz, Carmita, Gabriella, Monica und Urs (v. l.) stehen hinter Franziska († 84) und Romuald Burkard-Schenker († 79).
Foto: zvg
Von Andreas Schaffner

Es war eine grosse Überraschung: Die Firma Sika, seit 104 Jahren von der Gründerfamilie Schenker-Burkard kontrolliert, ist nicht mehr in Schweizer Hand. Die Erben gaben ihre Anteile an dem Baarer Industrie-Unternehmen für 2,75 Milliarden Franken an die französische Saint-Gobain ab.

Noch vor 14 Tagen hatte Familien-Vertreter Urs Burkard (57) in der «Bilanz» das «Commitment» gegenüber der Firma betont, auf Deutsch: die gemeinsame Verpflichtung. Eine Woche später wurde die Sika-Führung am Hauptsitz in Zürich vor vollendete Tatsachen gestellt.

Staranwalt Urs Schenker, selbst entfernt mit der Familie verwandt: «Das Commitment bleibt.» Die Familie wolle eine optimale Lösung fürs Unternehmen: «Die Erben geben den Stab an eines der ältesten und grössten Industrieunternehmen Frankreichs weiter.»

Es kriselte schon länger

Recherchen von SonntagsBlick zeigen: Schon länger kriselte es zwischen der Familie und der Konzernleitung. Fritz Burkard (51), der jüngste Spross, soll 2011 der Einzug in den Verwaltungsrat verweigert worden sein.

Nach dem Tod der Enkelin des Gründers, Franziska Burkard-Schenker († 84), soll Fritz seinen Willen zum Ausstieg signalisiert haben. Den anderen Erben fehlte jedoch das Geld, ihn auszuzahlen.

«Die fünf Parteien waren sich einig im Vorgehen und haben den Entscheid einstimmig gefällt», so Familiensprecher Schenker. «Es war ein Sechser im Lotto», sagt einer, der mit der Angelegenheit vertraut ist. Die Erben hätten die Gunst der Stunde genutzt.

Am Montag traten Verwaltungsrats-Präsident Paul Hälg (60) und Sika-Chef Jan Jenisch (48) vor die Medien und drohten: Sollte der Deal zustande kommen, trete das gesamte Management ab. Die Aussage gilt nach wie vor.

Bei dem Deal geht es nur um 16,1 Prozent der Anteile. Hinter diesen Stimmrechtsaktien, mit denen die Familie ihre Firma auch nach dem Börsengang kontrollieren konnte, waren die Franzosen her. Sie nahmen in Kauf, dass 84 Prozent der Aktionäre – darunter das Management und die Verwaltungsräte – leer ausgehen. Mehr noch: Die normalen Sika-Aktien verloren innerhalb von einer Woche 30 Prozent an Wert. Fast zwei Milliarden wurden vernichtet!

Das Vorgehen ist legal. Doch die Kritik daran ist massiv: «Die Regelung passt zwar zur Schweizer Kultur, viele Unternehmen sind immer noch ähnlich aufgestellt. Aber sie widerspricht den Anforderungen der heutigen Aktionäre sowie einer funktionierenden Aktionärsdemokratie und gehört abgeschafft», kritisiert Gregor Greber, Gründer von ZCapital und einer der profiliertesten Kenner der Schweizer Wirtschaftswelt.

Die Kapital- und Stimmrechtsstruktur der Sika sei «im Geschäftsbericht und den Statuten sehr transparent dargestellt» gewesen, sagt der Familiensprecher dazu. Ähnliche Stimmrechts- oder Opting-out-Klauseln seien nicht nur in der Schweiz üblich.

Kadermann zieht Vasella-Vergleich

«Vertrauen bilden» heisst das Sika-Motto. In nur einer Woche aber wurde massiv Vertrauen verspielt. Auch bei den Mitarbeitern: «Viele fühlen sich von der Familie im Stich gelassen», schreibt ein Sika-Kadermann in Singapur auf seinem Internet-Blog. Er vergleicht den Deal mit der «unverschämten» Abgangsentschädigung, die Daniel Vasella (61) bei Novartis kassiert habe.

Sika war immer eine Firma, die es anders machen wollte. Noch vor wenigen Wochen traf sich die Führung in Davos GR. Am letzten Abend soll der Vertreter der Familie im Verwaltungsrat «vor versammelter Mannschaft» von seinen Kindheitserinnerungen geschwärmt haben, vom Sika-Spirit und von den nächsten 100 Jahren mit der Firma. «Alle haben es ihm geglaubt», schreibt der Sika-Kadermann im Blog.

Ein Zurück gibt es nicht mehr. Stimmen die Wettbewerbsbehörden zu, ist die Trennung der Familie von der Firma im Sommer perfekt.

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