Die ganz grosse Erbschaft ist nur wenigen vorbehalten
Reich dank erben

Geschicktes Vererben ist der Hauptgrund für die Existenz von Dynastien. Auch in der Schweiz muss man vor allem viel erben, um unter die richtig Reichen vorzustossen.
Publiziert: 11.10.2017 um 00:05 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:49 Uhr
Günstiges historisches Erbe: die Fuggerei in Augsburg (D).
Foto: imago stock
Harry Büsser

Sie wollen steinreich werden? Dann müssen Sie zumindest einen Teil Ihres Vermögens erben. Laut einer Studie des Vermögensverwalters Barclays Wealth geben 52 Prozent der Vermögenden in der Schweiz an, ihren Reichtum mindestens teilweise geerbt zu haben. Vor allem bei den Milliardären sind die Erben in der Schweiz in der Mehrzahl.

Doch das ist nicht nur hierzulande so, sondern auch im benachbarten Ausland. Ein Beispiel: Lamberto Frescobaldi (89) ist der Patron einer der reichsten Familien in der Toskana. Dieser gehört die Marchesi-Frescobaldi-Gruppe, die elf Millionen Flaschen Wein pro Jahr produziert. Die Familie ist damit einer der grössten Weinproduzenten Italiens.

Altes Geschlecht: Patron Lamberto Frescobaldi.
Foto: Bloomberg

Frescobaldi hat seinen Hund Brunello genannt, nach dem Wein Brunello di Montalcino, den er produziert. Seine Familie hat schon den Wein hergestellt, den Michelangelo trank. Bevor sie ins Weingeschäft einstiegen, betrieben die Frescobaldis Handel mit Wolle, waren Banker und finanzierten die Kriege des englischen Königs Edward I. in Wales und in Frankreich. Mit Letzterem begründeten sie ihren Reichtum. Fast 1000 Jahre und 30 Generationen später gehören sie immer noch zu den reichsten Familien in der Toskana.

Die reichsten italienischen Familien von 1427 gehören zum grossen Teil auch heute noch zu den Reichsten

Was für die Frescobaldis gilt, ist auch insgesamt in Italien nicht anders, wie eine Studie der italienischen Zentralbank zeigt. Die Autoren verglichen Steuerbelege in Florenz aus dem Jahr 1427 mit jenen im Jahr 2011. Das Resultat: Die reichsten Familien sind zum grossen Teil immer noch die gleichen. «Die grossen politischen, demografischen und ökonomischen Umbrüche in der Zwischenzeit konnten den Gordischen Knoten des Erbens nicht lösen», schreiben die Autoren.

Auch die Erben des Kaufmanns Jakob Fugger in Deutschland sind nach über einem halben Jahrtausend noch reich. Graf Alexander Fugger-Babenhausen ist ein Nachfahre des reichsten Mannes im Europa des 16. Jahrhunderts. Der 34-Jährige verwaltet heute das Vermögen und die wohltätigen Institutionen der Familie. In seinen Entscheidungen über Geld ist er sehr vorsichtig. «Es wäre ein Desaster, wenn ein Fehler die Nachhaltigkeit des Vermögens nach 19 Generationen beenden würde», sagte er dem Nachrichtenportal Bloomberg.

60 Quadratmeter für 0,88 Euro im Jahr

Eine der wohltätigen Institutionen der Familie ist die Fuggerei. Das sind 140 Sozialwohnungen in Augsburg. Sie wurden bereits 1521 von Jakob Fugger fertiggestellt. Die Bewohner bezahlen für die 60 Quadratmeter grossen Wohnungen eine Miete von 0,88 Euro pro Jahr.

Hat trotz historischer Last gut Lachen: Alexander Fugger-Babenhausen.
Foto: Gisela Schober

So hatte es Jakob Fugger in einem Dekret festgelegt: Die Miete sollte einen rheinischen Gulden betragen. Wer in der Fuggerei Mieter werden will, muss Augsburger und nachweislich unverschuldet in Not geraten sein. Dazu muss er drei Gebete pro Tag für die Seele von Jakob Fugger und seine Familie sprechen.

Extremfall Schweiz

Mehr als ein Drittel der reichsten Italiener haben ihr Vermögen geerbt, von den Deutschen sind es zwei Drittel. In der Schweiz haben gar 72 Prozent der Milliardäre ihr Vermögen geerbt. Das ist der dritthöchste Erbenanteil in Europa, nach Finnland mit 100 Prozent und Dänemark mit 83,3 Prozent. Insgesamt haben über ein Drittel der Milliardäre in Europa ihr Vermögen geerbt. Weltweit liegen nur Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate (je 100 Prozent Erben) noch vor der Schweiz.

Schweizer erben doppelt so viel wie vor 20 Jahren

63 Milliarden Franken wurden in der Schweiz im Jahr 2015 vererbt – inklusive Wohneigentum und Wertschriften. Das ist mehr, als alle Schweizer zusammen in jenem Jahr sparten. Und doppelt so viel wie 1997. Das ergibt eine Schätzung der Forschungsfirma Büro Bass.

Wie ist diese Verdoppelung möglich? Einerseits seien jene, die nun sterben, viel reicher als die Generation zuvor. Grund sei vor allem der Wirtschaftsaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg, schreiben die Autoren.

Der zweite Grund: Immer mehr Personen sterben in einem Alter von über 85 – das ist – gemäss Büro Bass – die wohlhabendste aller Altersgruppen.

Im Schnitt beträgt ein Nachlass heute eine Million Franken

Ein weiterer Aspekt der Erb-Explosion: Im Schnitt beträgt ein Nachlass heute eine Million Franken!

Davon profitieren aber nur die wenigsten: Nur ein Sechstel aller Erben erhalten wirklich mehr als eine Million – dann dafür deutlich mehr. Der grosse Rest erhält sehr viel weniger. Etwa ein Drittel aller Nachlässe beträgt weniger als 20'000 Franken.

Und es kommt noch ungerechter: Ein Drittel aller Schweizer hat im Leben noch keine Erbschaft erhalten und erwartet auch keine.

63 Milliarden Franken wurden in der Schweiz im Jahr 2015 vererbt – inklusive Wohneigentum und Wertschriften. Das ist mehr, als alle Schweizer zusammen in jenem Jahr sparten. Und doppelt so viel wie 1997. Das ergibt eine Schätzung der Forschungsfirma Büro Bass.

Wie ist diese Verdoppelung möglich? Einerseits seien jene, die nun sterben, viel reicher als die Generation zuvor. Grund sei vor allem der Wirtschaftsaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg, schreiben die Autoren.

Der zweite Grund: Immer mehr Personen sterben in einem Alter von über 85 – das ist – gemäss Büro Bass – die wohlhabendste aller Altersgruppen.

Im Schnitt beträgt ein Nachlass heute eine Million Franken

Ein weiterer Aspekt der Erb-Explosion: Im Schnitt beträgt ein Nachlass heute eine Million Franken!

Davon profitieren aber nur die wenigsten: Nur ein Sechstel aller Erben erhalten wirklich mehr als eine Million – dann dafür deutlich mehr. Der grosse Rest erhält sehr viel weniger. Etwa ein Drittel aller Nachlässe beträgt weniger als 20'000 Franken.

Und es kommt noch ungerechter: Ein Drittel aller Schweizer hat im Leben noch keine Erbschaft erhalten und erwartet auch keine.

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