Vor fünf Jahren stand Urs Rohner (56) ganz oben. Mit Glanzresultat wählten ihn die Aktionäre der Credit Suisse zum Präsidenten des Verwaltungsrates. Der Ex-Schweizermeister im Hürdenlauf hatte einen der Top-Posten der Schweizer Wirtschaft ergattert.
Anders als Erzrivale UBS hatte die Escher-Bank die Finanzkrise ohne Staatshilfe gemeistert. Die britische Zeitschrift «Economist» adelte die CS als beste Bank der Welt. Rohner konnte sich auf ein langes, ruhiges und erfolgreiches Präsidium einstellen.
Heute steht der CS-Präsident mit dem Rücken zur Wand. An der Generalversammlung morgen im Zürcher Hallenstadion wird der Jurist sein Fett abbekommen. Seit seinem Antritt ist der CS-Aktienkurs von 40 auf unter 15 Franken gefallen. Die UBS ist der CS weit entrückt (siehe Grafik).
Angesichts dieser Verluste klingen die Anträge, die Rohner den Aktionären unterbreiten wird, wie blanker Hohn. Das Management soll für letztes Jahr einen kurzfristigen Bonus von 35 Millionen Franken erhalten. Dieses Jahr sollen Boni und Fixlöhne von maximal 72 Millionen fliessen. Für sich und die übrigen Verwaltungsräte will Rohner 12 Millionen reservieren.
Ganz wohl ist Rohner dabei offenbar selber nicht. Um die Gemüter zu besänftigen, hat er sich den Lohn um 1,5 Millionen Franken gekürzt. Schon im Vorjahr hatte er auf eine Million Franken verzichtet. Abstriche macht Rohner jeweils beim Anteil, der ihm für seinen Präsidentenjob zustehen würde.
Das lässt tief blicken. Plagen ihn Selbstzweifel, er nehme seine Führungsrolle nicht richtig wahr?
Denn hier liegt das grosse Problem der CS: Sie hat die Zeitenwende in der Bankenwelt verschlafen. Ex-Chef Brady Dougan (56) glaubte nach der Finanzkrise fest daran, dass die guten alten Zeiten früher oder später zurückkehren würden und setzte aufs Investmentbanking.
Laut Insidern versuchte Rohner zwar, Gegensteuer zu geben. Doch der Verwaltungsrat vertraute Dougan mehr als dem Präsidenten.
Erst vor einem Jahr gewann Rohner Oberhand und ersetzte Dougan durch den früheren McKinsey-Berater und Versicherungsmanager Tidjane Thiam (53). Das war der wichtigste Entscheid seiner gesamten Amtszeit: Dougan hatte er von seinen Vorgängern geerbt, Thiam ist sein Mann. Scheitert der Franzose, scheitert Rohner.
Bis anhin ist Thiams Bilanz mager. Im letzten Herbst legte er seine neue Strategie vor. Er versprach den Aktionären das Blaue vom Himmel herunter: Zehn Milliarden Franken Gewinn bis 2018 und elf Milliarden Franken Dividende bis 2020.
Statt Lob und Bewunderung erntete Thiam dafür nur Unglaube. Kaum jemand hält die Ziele für realistisch. Dass Thiam später in einem Interview zurückkrebste und sagte, die genannten Zahlen seien «illustrativ» gewesen, machte die Sache nur noch schlimmer.
Heute ist die CS an der Börse weniger wert als ihre Einzelteile. Die Marktkapitalisierung liegt einen Drittel unter dem Buchwert. Ein Zeichen tiefen Misstrauens: Die Aktionäre wetten darauf, dass Rohner und Thiam weitere Substanz vernichten werden.