Es ist ein Coup für Nike: Der US-Sportartikelhersteller hat sich mit dem Deutschen Fussball-Bund (DFB) auf einen Ausrüster-Deal ab 2027 geeinigt. Statt den drei Adidas-Streifen prangt ab dann mindestens sieben Jahre lang der berühmte Nike-Schweif auf den Trikots aller deutschen Nationalteams.
Der Ausrüster-Wechsel bedeutet das Ende einer Ära. Mehr als 70 Jahre hat die Zusammenarbeit von Adidas mit dem DFB gehalten. Es ist ein Entscheid «Kommerz statt Herz» seitens des grössten nationalen Sportverbands der Welt. Denn den DFB plagen finanzielle Probleme. Kolportierte 100 Millionen Euro pro Jahr soll Nike als künftiger Ausrüster bezahlen. Von Adidas kassiert der DFB aktuell «nur» die Hälfte, also rund 50 Millionen Euro.
Aus einer traditionellen Perspektive komme eine solche Entscheidung kurz vor der Heim-EM überraschend, sagt Christian Lang, Leiter Sportmanagement an der Universität St. Gallen, zum Deal. «Rein aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist ein Wechsel jedoch durchaus sinnvoll.»
Für Adidas ist das ein grosser Verlust. Umsatzmässig hat Nike im vergangenen Jahr mit gut 46 Milliarden Euro mehr als das Doppelte erwirtschaftet. Und nun wechselt ausgerechnet das Heimatland der Herzogenauracher zum grössten Konkurrenten – nur zwei Wochen nach der Lancierung des pink-violetten Auswärtstrikots für die EM 2024. Entsprechend gingen nach dem Bekanntwerden des Deals die Wogen hoch, unter anderem gab es Kritik am DFB von der höchsten politischen Ebene. «Adidas und Schwarz-Rot-Gold gehörten für mich immer zusammen. Ein Stück deutscher Identität», sagte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (54). «Da hätte ich mir ein Stück mehr Standortpatriotismus gewünscht.»
Nike führt bei den Nationalteams vor Adidas
Der Mega-Deal widerspiegelt eindrücklich, wie hart der Kampf der Ausrüster um die grossen Nationen ist – insbesondere jener zwischen Nike und Adidas. Die zehn wertvollsten Landesauswahlen der Welt stehen allesamt bei den zwei Sportartikel-Herstellern unter Vertrag, wobei der US-Konzern die Nase vorne hat. Mit dem Wechsel der DFB-Elf zu Nike stattet dieser künftig sieben Teams der Top Ten aus: England, Frankreich, Portugal, Brasilien, Italien, die Niederlande und eben Deutschland. Adidas hat dafür den Weltmeister Argentinien sowie Spanien und Belgien im Portfolio.
Gleichzeitig zeigt die Nike-Partnerschaft des DFB den anderen Top-Fussballverbänden: Es geht noch mehr. In Frankreich reibt man sich beim Fussballverband FFF wohl schon die Hände. Der aktuell laufende Ausrüstervertrag mit Nike, der jährlich rund 50 Millionen Euro einbringt, endet 2026. Adidas, Nike und Puma haben alle angekündigt, in ein Wettbieten um den künftigen Ausrüster-Deal für den Vize-Weltmeister einzusteigen.
Beim Schweizerischen Fussballverband (SFV) backt man hingegen kleinere Brötchen. Er soll von Puma rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr bekommen.
Adidas schlägt bei Clubmannschaften zurück
Auch auf Clubebene ist die Dominanz von Adidas und Nike augenscheinlich – zumindest beim Blick auf die fünf grossen Ligen Europas. Hier liegt Adidas etwas vor der US-Konkurrenz. Der Konzern mit den drei Streifen kommt laut einer Auswertung der Daten-Plattform Football Benchmark auf insgesamt 15 gesponserte Teams aus der höchsten Liga von Deutschland, England, Frankreich, Italien oder Spanien. Die irre Summe von 426,9 Millionen Euro gibt Adidas dafür pro Jahr aus. Nike kommt auf 14 Teams, die das Unternehmen mit insgesamt 393,4 Millionen Euro jährlich sponsert. Zusammen kommen Nike und Adidas so auf einen Marktanteil von fast 75 Prozent. Dahinter folgt Puma mit gut 16 Prozent.
Der Kampf der Ausrüster bildet die Entwicklung im Fussball besonders anschaulich ab. Die Finanzkraft sammelt sich an der Spitze der Pyramide. Die grossen Clubs werden immer reicher, die Kleinen dagegen leiden. Real Madrid beispielsweise sahnt 120 Millionen Euro pro Jahr durch den Deal mit Adidas ab. Das sind die zehn lukrativsten Ausrüster-Deals der europäischen Fussballclubs:
Fussballteam | Ausrüster | Bezahlte Summe pro Jahr (in Mio. Euro) | Vertragslaufzeit |
Real Madrid | Adidas | 120,0 | 2020 bis 2028 |
Manchester United | Adidas | 106,0 | 2025 bis 2035 |
FC Barcelona | Nike | 105,0 | 2018 bis 2024 |
Arsenal | Adidas | 87,9 | 2024 bis 2030 |
Paris Saint-Germain | Nike | 80,0 | 2019 bis 2032 |
Manchester City | Puma | 76,2 | 2019 bis 2029 |
Chelsea | Nike | 70,4 | 2017 bis 2032 |
Bayern München | Adidas | 60,0 | 2015 bis 2030 |
Juventus | Adidas | 55,1 | 2019 bis 2027 |
Liverpool | Nike | 35,2 | 2020 bis 2025 |
| Quelle: Football Benchmark Club Finance & Operations Platform; Globaldata Sponsorship Deals database |
An den kleineren Teams zeigen Nike und Adidas dagegen immer weniger Interesse, wie die Entwicklung in der Super League zeigt. Die Schweiz ist für die beiden Grossen des Weltmarkts uninteressant geworden. Als die Challenge League noch aus 16 Teams bestand, rüsteten Adidas und Nike 10 von 26 Teams der beiden obersten Ligen aus. Aktuell sind es noch 2 Klubs – YB und der FCZ bei Nike. Der Ligakrösus aus Bern soll rund eine Million Franken pro Jahr bekommen, kleinere Super-League-Teams noch 300'000 Franken.
Darum geben Ausrüster diese irren Summen aus
Warum aber wenden die Ausrüster so viel Geld für die Grossen des Fussballs auf? Sie setzen auf die globale Strahlkraft der Top-Vereine beim Trikotverkauf. Von Manchester United beispielsweise gingen in der vergangenen Saison unglaubliche 3,22 Millionen Leibchen über den Ladentisch. Zum Vergleich: Die beliebten Super-League-Teams kommen pro Saison auf rund 30'000 verkaufte Shirts.
Gleichzeitig erhoffen sich Nike, Adidas und Co. einen Transfer ins normale Sportartikel-Geschäft. Die Fans wollen schliesslich die gleichen Schuhe oder Freizeitkleider wie die Stars tragen. «Finanziell lohnt sich ein solches Sponsoring jedoch meist nicht», urteilt Experte Lang. «Der Trend ging hierbei in den letzten Jahren weg von kleineren Teams und hin zu individuellen Athleten.» Beispiel Lionel Messi: Der achtfache Weltfussballer bekommt von Adidas jährlich rund 30 Millionen Euro pro Jahr – auf Lebenszeit.