Devisenhändler Urs E. Schwarzenbach will die konfiszierten Bilder zurück
«Ich schicke einen grossen bösen Hund vorbei»

Der geheimnisvolle Milliardär Urs E. Schwarzenbach sagt, er habe zu wenig Geld, um Steuern zu bezahlen.
Publiziert: 08.03.2017 um 23:54 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 17:39 Uhr
Hotelbesitzer: Urs Schwarzenbach im Dolder. Hinter ihm hing eines der beschlagnahmten Bilder.
Foto: Pascal Mora
Interview: Peter Hossli Fotos: Pascal Mora

BLICK: Herr Schwarzenbach, Sie besitzen 2400 Bilder. Welches ist Ihr Lieblingsbild?
Urs E. Schwarzenbach:
Ihre Zahl stimmt nicht. Und ich habe alle meine Bilder gern.

Aber Sie haben einen Lieblingsmaler?
Mein Held ist Pablo Picasso.

Wie viel müsste ich für Ihren besten Picasso bezahlen?
Ich besitze keinen Picasso, den ich Ihnen verkaufen könnte. Die meisten Bilder, die hier im Dolder hängen oder hingen, gehören nicht mir.

Am Dienstag kamen 20 Zollfahnder ins Dolder …
… es ist der Wahnsinn, der Zoll hätte mit mir reden können, dann hätten wir das wie Brüder erledigt …

… wo hielten Sie sich zur Zeit der Razzia auf?
In St. Moritz.

Die Fahnder nahmen 30 Kunstwerke mit. Was unternahmen Sie, um sie zu stoppen?
Unternehmen konnte ich nichts, sie hatten die richtigen Papiere dabei. Allerdings nahmen sie wahllos Bilder mit.

Es sind Ihre Bilder.
Der Zoll unterstellt, dass die Bilder mir gehören. Aber ich bin nicht der Besitzer.

Wer denn?
Die Galerie Minerva.

Die Ihnen gehört?
Nein. Wem sie gehört, ist vertraulich.

Der Devisenhändler Urs Schwarzenbach (r.) im Gespräch mit BLICK-Autor Peter Hossli.
Foto: Pascal Mora

Aber Sie stehen dahinter?
Das kann ich Ihnen nicht sagen, das untersteht dem Anwalts- und Bankgeheimnis.

Bei der Razzia waren die Medien präsent. Wer hat sie aufgeboten?
Der Zoll nahm einen Mediensprecher mit, damit sie mit der Razzia Schlagzeilen erzeugen konnten. Als die Razzia lief, haben wir dann die Medien informiert.

Wissen Sie, wo sich die konfiszierten Bilder derzeit befinden?
Weder weiss ich, wo sie sind, noch ob sie sicher aufbewahrt werden.

Warum nahmen die Fahnder die Bilder mit?
Fragen Sie den Zoll. Ein Beamter hat es angeordnet, ein Richter gab das Okay. Es ist aber nicht gesetzeskonform. Der Zoll hat nicht mal abgeklärt, wem die Bilder gehören. Sie haben einfach gesagt, sie «gehören dem Schwarzenbach, die nehmen wir mit». Sie gehören der Galerie Minerva.

Was werden Sie unternehmen, damit Sie die Bilder wieder zurückerhalten?
Ich schicke einen grossen bösen Hund vorbei. Spass beiseite. Wir werden alle möglichen Rechtsmittel einsetzen.

Sie könnten die zwölf Millionen Franken bezahlen, die sie der Zollverwaltung schulden. Als Milliardär können Sie sich das leisten.
Es heisst immer, wer gemäss «Bilanz» eine Milliarde hat, kann zwölf Millionen aus der Portokasse bezahlen. Aber ich bin «asset rich» und «cash poor» …

… Sie sind nicht flüssig, heisst das auf Deutsch …
Wenn einer eine Milliarde Vermögen hat, heisst das lange nicht, dass sein Einkommen grösser ist als die AHV. Viel Vermögen zu besitzen, heisst nicht automatisch, dass man viel Geld flüssig hat. Schon gar nicht zwölf Millionen.

Die AHV reicht Ihnen zum Leben?
Sagen wir es so: Seit drei Jahren erhalte ich die AHV.

Haben Sie zu wenig Bares, um die Schuld zu tilgen?
Im Moment habe ich sowieso kein Bargeld, weil die Steuerbehörden mir seit einem Jahr 220 Millionen Franken blockiert haben.

Der Zoll sagt, sie hätten 123 Bilder in die Schweiz geschmuggelt, um die Mehrwertsteuer zu umgehen. Warum haben Sie das getan?
Das ist eben falsch. Wie soll ich das gemacht haben?

Sie sollen die Kunst in Ihrem Privatjet in die Schweiz gebracht haben.
Die Miró-Figur da draussen ist sechs Tonnen schwer und vier Meter hoch. Können Sie mir erklären, wie ich sie hätte unter den Arm nehmen und in die Schweiz tragen können?

Wie haben Sie die Kunstwerke sonst ins Land gebracht?
Die 123 Kunstwerke, um die es geht, sind nicht geschmuggelt worden. Sie kamen über das sogenannte Verlagerungsverfahren legal in die Schweiz. Galerien können so ohne Mehrwertsteuer Kunst in die Schweiz bringen, um sie auszustellen. Mehrwertsteuer muss man erst zahlen, wenn die Bilder in der Schweiz verkauft werden. Dieses Verfahren ist legal, aber in meinem Fall hat man behauptet, das treffe für diese Kunstwerke nicht zu.

Man muss sterben und Steuern zahlen. Warum zahlen Sie nicht gerne Steuern?
Ich zahle Steuern in Australien, in England und in der Schweiz. Und zwar sehr viel.

Auf diese Bilder bezahlen Sie nicht gerne Steuern.
Darauf muss ich keine Steuern bezahlen. Sie gehören mir nicht, sie bleiben nicht hier. Sie sind zum Verkauf. Hinzu kommen Bilder meines Hausrats, darauf muss ich keine Steuern bezahlen.

Wie reich sind Sie?
Keine Ahnung. Nur wer kein Geld hat, weiss, wie reich oder arm er ist.

Was bedeutet Ihnen Geld?
Geld bedeutet mir Freiheit.

Warum geben Sie es so ungern dem Staat?
Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, aber nicht mehr.

Sie lebten von 1992 bis vor kurzem in Grossbritannien, zogen jetzt aber nach Küsnacht. Weil Sie genug haben vom englischen Wetter?
Nein. Das haben wir nur gemacht, um den Steuerbehörden und dem Zoll zu zeigen, dass wir nichts zu verstecken haben.

Dann ist es ein juristischer Trick, sodass Sie die Bilder als Umzugsgut deklarieren und somit nicht versteuern müssen.
Das können Sie interpretieren, wie Sie wollen.

Von Ihnen sind 220 Millionen Franken blockiert, da Sie in England lebten. Sie schulden den kantonalen und den eidgenössischen Steuerbehörden angeblich 110 Millionen Steuern. Werden Sie dieses Geld bezahlen?
Diese Steuerschuld ist aus der Luft gegriffen. Es ist nur eine Ermessungseinschätzung des kantonalen Steueramts. Rechtskräftig ist sie nicht.

Sie wurden reich mit dem Handel von Devisen. Warum handeln Sie mit Kunst?
Ich handle nicht mit Kunst. Ich bin ein Sammler.

Die «NZZ» schreibt, Sie sollen für den Kauf von Kunst eine Galerie mit Sitz im afrikanischen Staat Liberia genutzt haben. Das ist nicht unbedingt das Zentrum für moderne Kunst.
Nein, aber Liberia ist ein Zentrum für steueroptimiertes Geschäften. Die Griechen zum Beispiel registrieren dort ihre Schiffe.

Wie viele Bilder besitzen Sie?
Es sind nur ja ein paar Hundert. Da ist nichts Spezielles dabei. Ich bin ja nur ein armer AHV-Bezüger.

Sind Sie ein Connaisseur oder ein Gelegenheitssammler?
Früher war ich oft in den Ateliers. Bei Jean-Michel Basquiat war ich einen Monat, bevor er an einer Überdosis starb.

Seit 2001 besitzt Schwarzenbach das Hotel Dolder in Zürich.
Foto: WALTER BIERI

Warum kauften Sie 2001 das Grandhotel Dolder?
Ich bin ein leidenschaftlicher Baumeister, der seit 45 Jahren baut. Damals brauchte das Dolder eine Aufbesserung. Das hat mich gereizt.

Mick Jagger steigt hier ab, auch Harrison Ford. Warum müssen Sie trotzdem jedes Jahr Millionen einschiessen?
Das stimmt nicht. Wir erzielen zehn Millionen Gewinn, aber ich muss Zinsen zahlen auf die Investition. Zudem müssen wir jedes Jahr vom Gesetz her 20 Millionen Franken abschreiben.

Mögen Sie das Dolder noch?
Es ist meine Lebensversicherung.

Zu welchem Preis würden Sie es verkaufen?
Für 1,5 Milliarden Franken.

Sie wuchsen bescheiden als Sohn eines Druckers auf. Wie sind Sie reich geworden?
Mit dem Handel von Devisen.

Ihr Vater gab Ihnen mit 21 ein Startkapital. Wie hoch war es?
Das sage ich nicht.

Und wie viel haben Sie daraus gemacht?
So viel, wie in den Zeitungen steht.

Also eine bis 1,5 Milliarden. Sie sagten einst, Sie wollten Maler werden. Machen Sie das als AHV-Bezüger nun öfter?
Ich wurde ja nicht Maler, weil ich wusste, dass ich kein Picasso bin. Dann wollte ich Architekt werden, wusste aber, dass ich nicht so gut werden würde wie Le Corbusier. Also liess ich dies bleiben.

Sind Sie wenigstens so gut wie der Devisenhändler George Soros?
Wäre ich so gut wie Soros, hätte ich 35 Milliarden und nicht nur eine.

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