Diese Bilder, dieses Flair, dieser vokale Klangkörper. Nur schon die Nennung der famosen Namen bringt das Kopfkino zum Rattern: Copacabana und Ipanema in Rio de Janeiro, Bondi Beach in Sydney, Playa de la Concha in San Sebastián – kaum jemand kann sich dem Sog dieser urbanen Sandbänder entziehen.
Ferienoasen mitten im Stadttrubel, erstklassige Stadtstrände, wo sich das Leben für all jene, die genügend Zeit haben, als eine Art eternaler Apéro riche einrichten lässt.
Stadtstrände: Der Mix aus Lokalkolorit und Beach macht es aus
Was die ikonischen Stadtstrände dieses Planeten so unwiderstehlich macht, ist unter anderem der authentische Moment. Es sind zuallererst Naherholungsgebiete für Stadtmenschen, die hier nicht ferienmässig abhängen, sondern vor Ort für Wertschöpfung sorgen.
Was für Feriengäste einen ganz besonderen Reiz bietet: An Stadtstränden geniesst man das Strandleben nicht wie in irgendeinem hiltonesken Resort oder einem sonstigen hingebauten Feriendorf unter lauter Touristinnen und Touristen, sondern teilt das süsse Leben zusammen mit real existierenden Urbanistas. Liegt Badetuch an Badetuch mit Leuten und Local Heroes, die eben noch Fintechs gründeten, Marketingpläne schmiedeten oder Hypotheken verbrieften – und jetzt ebenfalls kurzzeitig zu urbanen Urlaubern werden.
Wer Glück hat, wird als zugereiste Person auch mal eben zu einer Partie Beachvolleyball oder zu einer Fussball-Jonglage eingeladen. Das ist die grosse Stadtstrand-Saga. Ein Gefühl, das sich nicht nur in Rio, Sydney und San Sebastián einstellt, sondern auch am Plage du Prophète in Marseille, an der Barceloneta in Barcelona oder am Amager Beach in Kopenhagen. Ein erregender City-Cocktail, der aus vier Teilen besteht: Stadt, Sandstrand, Meerwasser, Lokalkolorit.
Schweizer City-Beaches in Lugano, Genf und Lausanne
In der Schweiz, so ist man zunächst geneigt zu meinen, liegt das so nicht drin. Tatsächlich, das Meerwasser ist hier ein gröberes Problem – weil nicht vorhanden. Wer beim Salz aber Abstriche macht und sich stattdessen mit Süsswasser begnügt, wird auch hierzulande fündig. Denn die ersten drei Teile der Stadtstrand-Formel – pulsierende Stadt, sandiger Strand und starkes Lokalkolorit – das gibt es auch im Binnenland Schweiz.
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Eine kurze Rundschau auf dem heimischen Werkplatz ergibt: Ja, auch die Schweiz kann Stadtstrand. Schmuckstücke der Schweizer City-Beach-Collection finden sich vor allem in den Kantonen Tessin, Genf und Waadt. Stadtstrand Schweiz – so viel Home-Bias darf und soll sein.
Italianità im Lido di Lugano
Sanfte Italoschlager wabern über die Anlage, flächendeckend wird fleissig Gelato gefuttert und eisgekühlter Caffè Shakerato gebechert. Das Herzeigen der definierten textilarmen «bella figura» ist hier von ebenso hoher Wichtigkeit wie das lässige Abspazieren des Strandes. Oder kurz: hochverdichtete Italianità.
Doch was sich anfühlt wie ein Konzentrat an italienischen Strandkompetenzen aus Rimini, Alassio oder Capri, spielt sich so im Kanton Tessin ab. Genauer: Im Lido di Lugano, einem sandbewehrten Freibad, das nicht nur mit Italianità aufwartet, sondern auch einen Touch Brasilien bietet. Vom Strand aus lassen sich die Hausberge Monte Brè und San Salvatore in einer Art ausmachen, die an die mythische Erscheinung des Zuckerhuts von Rio de Janeiro erinnern. In diesem Süsswasser-Revier des Lago di Lugano, so könnte man etwas überspitzt sagen, halten Italien und Brasilien Hochzeit. Hat da jemand etwas von Lugano di Janeiro gesagt?
Olympia-Schwimmbecken inklusive
Am Sandstrand des Lido di Lugano fühlt sich die Schweiz so südländisch wie selten an. Touristen aus aller Welt mischen sich hier mit Menschen der Stadt, die hinter dem Strand liegt. Mit Leuten, die eben noch ihrem Broterwerb nachgingen und nun für einmal etwas Pause machen dürfen. Oder vor der Pause noch ein paar Längen im Schwimmbecken hinlegen möchten, das mit olympischen Ausmassen gestaltet ist.
So viel Feeling und so viel technische Ausstattung, das wissen nicht nur die Banker von der Luganeser Via Nassa, hat natürlich seinen Preis. Immerhin sprechen wir hier von Opportunitäten, die man gerade an heissen Sommertagen nicht zu hoch einschätzen kann. Was konkret bedeutet: Der Eintritt ins Lido di Lugano beträgt für Erwachsene 10 Franken. Der im Badi-Landesschnitt eher hohe Betrag kann etwas gemindert werden, wenn man in einem Hotel übernachtet und dort das sogenannte Ticino-Ticket erhält. Damit lässt sich ein Disagio von 20 Prozent einfahren, was zu einem Eintrittspreis von 8 Franken führt. Immerhin schlägt der Espresso hier mit 2.50 Franken deutlich weniger zu Buche als in Zurigo.
Wer im Lido di Lugano gerne einen Liegestuhl oder einen Sonnenschirm mieten möchte, muss das mit je 5 Franken abgelten. Verglichen mit den Summen, die man an italienischen Stränden für ein temporäres Aufenthaltsrecht an die dortigen Spiaggia-Würger abliefern muss, sind das aber harmlose Beträgli. Oder, zurückgeht zum Eintrittspreis: Man kann im Schweizer Sommer 10 Franken sicher dümmer anlegen. Aber kaum besser als hier. Das Lido di Lugano ist der perfekte Ort für alle Schweizerinnen und Schweizer, die es ungerecht finden, dass ihr Land zwar an Italien grenzt. Aber nicht ans Meer.
Plage des Eaux-Vives, Genf
Etwas westlicher im Lande ist Schweizer City-Meerwert deutlich günstiger zu haben als am Sandstrand von Lugano. Zum Beispiel in einer Stadt wie Genf, die in unschöner Regelmässigkeit zu einer der teuersten Metropolen der Welt gekürt wird.
In scharfem Kontrast zu Lugano ist der Eintrittspreis zur Genfer Plage des Eaux-Vives angelegt. Konkreter Zahlwert, um diesen Strand am linken Seeufer der UNO-Stadt zu betreten: rien du tout. Oder, auf gut Schweizerdeutsch: Isch gratis.
Sand, Kies, Wiese – und gute Sanitäreinrichtungen
Was an der langgezogenen Plage des Eaux-Vives überzeugt, ist einerseits der Materialmix der Unterlage. Sandige Flächen wechseln sich ab mit solchen aus Kies; landseitig kommen grössere Grünflächen hinzu, bestückt mit hochwertigen Sanitäranlagen in einem Design, das an grosse Champignons erinnert.
Am westlichen Ende der Strandanlage befindet sich mit dem Abschnitt Baby-Plage ein kleiner, schattiger Flecken unter einem Baumgrüppchen, der sich für unbeschwerte Stunden mit dem Nachwuchs eignet.
Gastronomie als Service public
Wie in der Stadt der Geniesserinnen und Geniesser nicht anders zu erwarten, spielt an der Genfer Plage des Eaux-Vives auch der gastronomische Service public eine wichtige Rolle. Nicht weniger als drei Restaurants, «L’Escale», «La Rotonde de Baby-Plage» sowie am östlichen Ende das «Restaurant de la Plage», finden sich sur place.
Wer sich am Sandstrand, gelegen am Quai Gustave-Ador, einrichtet, geniesst guten Blick auf das Genfer Wahrzeichen, den Jet d’Eau. Was über die ganze Anlage hinweg auffällt: Das Publikum ist sehr international. Neben Französisch hört man ebenso Englisch, Arabisch, Spanisch, Suaheli und da und dort auch etwas Schweizerdeutsch. Damen, Herren und Kinder aller Länder spannen hier aus – United Colors of Geneva, sozusagen. Und das alles mitten in der Stadt. Wie zollt man dieser Chose angemessen Tribut? Vielleicht so: Genève-sur-Mer – superbe.
Plage de Vidy, Lausanne
Etwas weiter entfernt vom eigentlichen Stadtkern befindet sich der dritte Schweizer City-Beach, für den wir hier eine «strong buy»-Empfehlung abgeben möchten. Es handelt sich dabei um eine Waadtländer Strandperle, die mit einem langgezogenen Sandband sowie schier endlosen Grünflächen überzeugt: die Lausanner Plage de Vidy-Bourget, oder kurz: Vidy-plage.
Wer es auf genüssliche Art und Weise zum Lausanner Stadtstrand schaffen will, nimmt vom Bahnhof zuerst einmal die Metro nach Ouchy-Olympique und gelangt damit ans Ufer des Genfersees. Von dort aus ist es ein etwa halbstündiger Fussmarsch bis zum Strand, der wie die Genfer Plage des Eaux-Vives sehr international wirkt. Wenn auch mit etwas anderen Schwerpunkten: Ausgesprochen stark ist hier die Latino-Gruppierung, die das über ihr mobiles Sound-Equipment per Reggaeton-Salven eindrücklich demonstriert. Daneben hört man neben Französisch öfters auch mal das Englisch jener Expats, die am nahen Sitz von Philipp Morris arbeiten oder ihr Management-Wissen an der IMD Business School for Management stählen.
Stadtstrand mit selten schönem Baumbestand
Vor allem gegen den Abend hin wirkt Vidy-plage wie eine einzige grosse Festhütte. Da wird geflirtet und grilliert, als ob es kein Demain gäbe. Stark vertreten ist aber auch die sportliche Fraktion, die hier Stand-up-Paddlebretter und Motorboote mietet oder auch mal per Pedalo in den Lac Léman sticht.
Im Vergleich mit den Stränden in Lugano und Genf bietet das Lausanner Sandband den Vorteil eines guten und starken Baumbestandes. Wer hier früh genug anrückt, sollte es schaffen, sich einen Platz zu sichern, der bei späterem hohem Sonnenstand auch etwas Schatten verspricht. Der Eintrittspreis bemisst sich in Lausanne-Vidy erfreulich wesensähnlich zu jenem in Genf: rien du tout.
Die schönsten Stadtstrände der Deutschschweiz
Auch wenn in diesem helvetischen Stadtstrand-Report an erster Stelle Preziosen aus der lateinischen Schweiz vorgestellt und gerühmt werden, bedeutet das nicht, dass es diesseits des Röstigrabens nichts Vergleichbares gibt.
Neben den vielen weiteren Sandstränden der Schweiz existieren auch in Biel, Luzern und Zürich Zonen, die das urbane Urlauben am Wasser begünstigen. Hier eine kleine Auswahl der schönsten Stadtstrände der Deutschschweiz.
Biel: Im Strandbad von Biel – vor Ort gerne «Strampi» genannt – befindet sich ein schöner sichelförmiger Sandstrand. Hier trifft sich ganz Biel. Und toute Bienne. Diese Gegend diente während der Expo.02 als Arteplage Biel, bekannt auch durch ihre Helix-Brücke.
Luzern I: In der Leuchtenstadt sehen wir gleich zwei leuchtende Beispiele für eine City-Strandkultur. Die sogenannte Ufschötti ist eher das Tummelfeld für jugendliches Partyvolk, das vor allem am Wochenende in erstaunlicher Zahl anrückt und dabei mit einem genuss-orientierten Claim ans Werk geht: «Chille, grille, Bierli kille».
Luzern II: Ganz in der Nähe des Verkehrshauses befindet sich das Lido Luzern, das mit seinem gediegenen Restaurant einen Hauch von Miami Beach verbreitet. Plus: Schönes Sandband in gepflegter Anlage, Bergpanorama am anderen Ufer des Vierwaldstättersees inklusive.
Zürich: Büezer und Banker, Familien und Senioren – im Strandbad Mythenquai zeigt sich Zürich für einmal etwas weniger segregiert als sonst. Was auch am langen Sandstrand liegen könnte, der Zurigo an guten Tagen zur nördlichsten Stadt von Italien macht. Oder mindestens zur schönsten Sandbank nördlich von Lugano.