Deutschland profitiert, in der Schweiz gehen die Lädeli ein
Die dunkle Seite von Zalando

Ladenbesitzer rüsten zum Widerstand gegen den Online-Händler Zalando. Dessen Umsätze schiessen Jahr für Jahr in die Höhe. Doch das grosse Geschäft mit den Paketen hat viele Schattenseiten.
Publiziert: 01.03.2017 um 13:54 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 17:25 Uhr
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«Niemand hinterfragt die ökologischen Folgen von Zalando.» Markus von Däniken, Präsident des Berufsverbands Textilschweiz, setzt in seinem Laden in Aarau auf professionelle Beratung.
Foto: Andre Albrecht
Bastian Heiniger und Michael Bolzli

Im Kampf gegen den Riesen aus Deutschland sehen Schweizer Modehändler alt aus. Immer mehr Kunden shoppen beim Online-Versandhaus Zalando. Rund um die Uhr finden sie dort eine riesige Auswahl an Kleidern und Schuhen. Die Schweizerische Post liefert die Ware direkt nach Hause. Was nicht passt oder gefällt, darf man gratis zurückschicken.

Das kommt bei den Schweizer Konsumenten an. In den letzten sieben Jahren hat Zalando seinen Umsatz in der Schweiz massiv gesteigert – von anfangs 160 Millionen Franken auf nun über eine halbe Milliarde. Heute verkündet Zalando neue Rekordzahlen.

Und der Höhenflug dürfte weitergehen. «Zalando kann den Umsatz verdoppeln», glaubt E-Commerce-Experte Marcus Diekmann (37). In der Schweiz erreicht der Online-Gigant bereits einen Marktanteil von knapp fünf Prozent des gesamten Modemarktes. Eine starke Nummer zwei gibt es nicht.

Nun regt sich Widerstand. Der Aarauer Modehändler Markus von Däniken (59) kritisiert das Geschäftsmodell des Online-Giganten: «Zalando gräbt in der Schweiz zwar den Markt ab, bringt aber keine Wertschöpfung», sagt der Präsident des Verbands Textilschweiz. Tatsächlich: Trotz Millionenumsätzen beschäftigt Zalando in der Schweiz keinen einzigen Mitarbeiter.

Dafür geraten die angestammten Geschäfte verstärkt unter Druck: «In den letzten Jahren haben kleinere und grössere Mode-Detaillisten still und leise Stellen abgebaut», sagt von Däniken.

Kahlschläge gab es 2016 auch bei bekannten Ketten: Companys strich 50 Stellen, Bata 175, Blackout sogar 380. Seit dem Markteintritt von ­Zalando ist die Zahl der Arbeitslosen in der Schweiz im Bereich Handel und Verkauf um 29 Prozent in die Höhe geschossen.

Dem Online-Handel etwas ent­gegenhalten könne man nur mit gut ausgebildetem Personal, sagt von Däniken. Und mit kompetenter, ehrlicher Beratung. Ihn ärgert, dass niemand die ökologischen Folgen von Zalando hinterfragt: «Lastwagen aus dem Ausland bringen täglich Tausende Pakete zur Schweizer Post, die die Ware dann feinverteilt. Davon gehen 60 Prozent mit Lastwagen wieder zurück.»

«Schuh- und Kleiderläden verschwinden»

Fritz Rogger (63), der in ­Baden AG und Luzern Kleider­läden betreibt, setzt auf exklusive Kleider – Marken, die es auf Zalando nicht gibt. «Auf ­einen Online-Shop verzichte ich. Es bräuchte immense Investitionen, um gegen Zalando anzukommen», sagt er.

Auch im Stadtbild hinterlässt Zalando negative Spuren. Einkaufs­strassen drohen zu veröden. «Schuh- und Kleiderläden verschwinden aus den Innenstädten», sagt Franz Stalder (64), Präsident der City-Vereinigung Luzern. «Das ist eine beängstigende Entwicklung.»

In Lahr, eine Stunde von Basel entfernt, betreibt Zalando neu ein riesiges Warenlager. Vom Schwarzwald aus will das Unternehmen Schweizer Bestellungen noch schneller abwickeln. Doch die Wertschöpfung bleibt weiterhin in Deutschland.

Geringe Löhne, kurze Pausen

Im Mutterland steht der Konzern mit insgesamt 11 000 Beschäftigten wegen seiner Arbeitsbedingungen am Pranger. Etwa wegen zu geringer Löhne oder zu kurzen Pausenzeiten.

Mit der deutschen Gewerkschaft Verdi steht Zalando auf Kriegsfuss. Das Unternehmen weist jede Verantwortung von sich. Die liege bei den Konsumenten: «Der Kunde bestimmt die Zukunft des Handels, nicht der Onlinehandel oder gar ein einzelner Händler», sagt Dominik Rief, Co-Chef für Schweiz und Österreich bei Zalando.

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