Deutsche Discounter buhlen vergeblich um Chips der Nation
Zweifel boykottiert Aldi und Lidl

Die beiden Detailhändler hätten die Traditionsmarke gerne in ihrem Sortiment. Zweifel jedoch verweigert die Lieferung – und schweigt zu den Gründen.
Publiziert: 19.09.2020 um 23:53 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2020 um 19:31 Uhr
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Zweifel-Chips sind beliebter denn je. Davon würden gerne auch die deutschen Discounter Aldi und Lidl profitieren.
Foto: Keystone
Thomas Schlittler

Sie gehören zur Schweiz wie Alphorn, Armeemesser und Aromat: Pommes-Chips aus dem Hause Zweifel. Wer hierzulande etwas auf sich hält, serviert an seiner Grillparty Kartoffelchips aus der orangen Fabrik im aargauischen Spreitenbach.

Von der Beliebtheit der Zweifel-Chips würden gerne auch die deutschen Discounter Aldi und Lidl profitieren. Gemäss Recherchen von SonntagsBlick bemühen sie sich schon seit längerer Zeit darum, die Traditionsmarke ins Sortiment zu bekommen. Sie erhoffen sich davon nicht nur mehr Umsatz, sondern auch mehr Swissness.

Thomas Liechti, Kommunikationschef von Aldi Suisse, sagt dazu auf Anfrage: «Ja, es stimmt. Wir bemühen uns schon seit Jahren darum, unseren Kunden Zweifel-Chips anbieten zu können. Bis jetzt hat es aber leider nicht geklappt.»

Ähnlich klingt es bei der Medienstelle von Lidl: «Wir können bestätigen, dass wir grundsätzlich an den Zweifel-Chips interessiert sind, und denken, dass diese unser bestehendes Angebot gut ergänzen würden.»

Zweifel hält sich bedeckt

Es klingt verrückt: Zweifel stellt ein Produkt her, findet zahlungskräftige Käufer dafür – weigert sich dann aber, das Produkt auch tatsächlich zu verkaufen. Wie kommt das?

Die Zweifel Pomy-Chips AG kommentiert das Vorgehen mit einem nichtssagenden Statement: «Als eine der beliebtesten Schweizer Marken ist es uns ein grosses Anliegen, unsere Produkte überall dort verfügbar zu haben, wo unsere Konsumen­tinnen und Konsumenten sind, sei es im Detailhandel, an der Tankstelle, am Kiosk oder in der Gastronomie.»

Um dieses Ziel zu erreichen, tausche man sich auch mit ­möglichen zukünftigen Kunden ­regelmässig aus. «Den Inhalt dieser Gespräche tragen wir aber nicht an die Öffentlichkeit.»

Mit anderen Worten: kein Kommentar.

Taktische Überlegungen

Anastasia Li-Treyer (61), Geschäftsführerin des Schweizerischen Markenartikelverbands Promarca, kennt die individuellen Lieferstrategien der Hersteller nicht – auch nicht jene von Zweifel. Sie liefert aber eine mög­liche Erklärung: «Gewisse Markenhersteller legen grossen Wert darauf, in welchem Umfeld ihr Produkt zum Verkauf angeboten wird. Einige sehen es zum Beispiel nicht gerne, wenn ihre Marke in Kartonschachteln präsentiert oder zu Rabatt-Schleuderpreisen verramscht wird.»

Solche Überlegungen könnten im Fall Zweifel tatsächlich eine Rolle spielen. Schliesslich sind die Discounter Aldi und Lidl nicht gerade dafür bekannt, ihre Ware besonders an­mä­che­lig feilzubieten.

Was gegen diese Theorie spricht: Bei der Migros-Tochter Denner, deren Läden ebenfalls eher unglamourös daherkommen, stehen Zweifel-Chips seit Jahren in den Regalen.

Steckt die Konkurrenz dahinter?

Dieser Umstand wirft die Frage auf: Machen Migros und eventuell auch Coop hinter den Kulissen Druck, damit Zweifel Aldi und Lidl nicht beliefert? Die beiden Platzhirsche sind schliesslich die wichtigsten Kunden von Zweifel – und profitieren davon, dass es die Chips der Nation bei den deutschen Discountern nicht gibt.

Zweifel äussert sich zu dieser Frage nicht. Migros und Coop weisen solche Vermutungen weit von sich. «Wir nehmen keinerlei Einfluss auf die Belieferungsentscheide unserer Lieferanten», sagt ein Migros-Sprecher. Die Medienstelle von Coop wiederum lässt verlauten: «Wir äussern uns grundsätzlich nicht zu geschäftlichen Angelegenheiten von Dritten.»

Weko sieht keinen Handlungsbedarf

Die Einschätzung von Andrea Graber Cardinaux (44), Vizedirektorin der Wettbewerbskommission (Weko), ist spannender. Sie hält fest: «Allein die Tatsache, dass sich ein Lebensmittelproduzent wie Zweifel weigert, bestimmte Detailhändler zu beliefern, ist für die Weko kein Grund zum Eingreifen.» Würde sich aber herausstellen, dass Migros und Coop Lieferanten dazu anhalten, andere Händler nicht zu beliefern, dann wäre das wettbewerbsrechtlich problematisch. Schliesslich verfügten die beiden sowohl auf dem Absatzmarkt als auch dem Beschaffungsmarkt über eine starke Stellung.

Graber Cardinaux betont aber: «Für eine Untersuchung der Weko bräuchte es einen konkreten Verdacht, dass auf den Lie­ferentscheid von Zweifel Einfluss genommen wurde.» Die Tat­sache, dass die Migros-Tochter Denner von Zweifel beliefert werde, reiche als Anfangsverdacht nicht aus.

«Wir tun alles für die besten Chips!», so wirbt Zweifel um die Gunst der Schweizer Knabberer. Das mag sein. Klar ist aber: Dass die «besten Chips» auch überall erhältlich sind, ist dem Familienunternehmen aus dem Aargau ­offenbar weniger wichtig.

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