Mode-Unternehmer Jörg Weber (62) kennt die Folgen der Maskenpflicht für die Detailhändler. «In den Filialen im Kanton Waadt und Jura, wo es bereits eine Maskenpflicht gibt, sind die Umsätze eingebrochen. Zwar nicht so stark, wie wir gedacht haben», sagt der Gründer von Chicorée zu BLICK. Die Romands seien eher bereit, mit Maske zu shoppen als die Deutschschweizer. «Kommt eine nationale Maskenpflicht, wären wir stark beeinträchtigt», sagt er.
Das Fazit seiner Beobachtungen fällt ernüchternd aus: «In Bahnhofsfilialen sieht es nicht so gut aus. Die Pendler verlassen den Zug und auch den Bahnhof möglichst schnell. Sie ziehen die Maske erst ab, wenn sie draussen sind.» Die Läden besuchten sie kaum noch. «Die Maske killt das Einkaufserlebnis», sagt Weber, der schweizweit 167 Filialen mit 850 Angestellten betreibt.
«Läden sind kein Herd für Krankheiten»
Man würde mit der Einführung der Maskenpflicht Freiheiten abgeben, welche die Schweiz von den Nachbarländern unterschieden hätten. «Im Vergleich zu Österreich und Deutschland, wo die Maskenpflicht gilt, stehen wir mit 10 bis 20 Prozent im Plus gut da. Kollegen in den Nachbarländern verzeichnen ein Minus von 10 bis 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.»
Dagmar Jenni (52), Direktorin der Swiss Retail Federation, die Hunderte mittelständischer Detailhändler vertritt, ist skeptisch. «Läden sind kein Herd für Krankheiten. Der Detailhandel hat schon seit Anfang März gute Schutzkonzepte. Mitarbeiter und Kunden stecken sich nicht an, wenn sie einkaufen gehen.»
«Symbolpolitik auf Buckel des Detailhandels»
Die Maskenpflicht in Geschäften hält sie für eine «Symbolpolitik auf dem Buckel des Detailhandels». Die Zahlen würden wieder steigen, also müssten die Verantwortlichen etwas unternehmen. «Da ist die Maskenpflicht eine der einfachsten, aber wohl nicht zielführendsten und effektivsten Massnahmen», so Jenni.
Erfahrungen in den Nachbarländern Deutschland und Österreich hätten zudem gezeigt, dass der Mehrwert einer Maskenpflicht klein sei, wenn jeder Zweite die Maske falsch trage. Sie räumt aber ein: «Wenn die zweite Welle da ist, werden wir uns nicht gegen eine Maskenpflicht wehren.»