Eigentlich wäre Gerhard Walter (52) gerne Skirennfahrer geworden. Im Skiclub Galtür hat der Tiroler als Bub alles gegeben, um einmal so schnell zu werden wie sein Idol Franz Klammer (63). «Leider hat es nicht ganz gereicht», sagt der CEO von Engadin St. Moritz Tourismus. Dem Wintersport ist er aber treu geblieben. Seit 1. Mai ist er Herr über 350 Pistenkilometer. Er empfängt BLICK zum ersten grossen Gespräch. Und bestellt sich einen Espresso.
Es sei schnell gegangen, als das Angebot aus dem Engadin auf dem Tisch lag. Er habe sich mit seiner Freundin ausgesprochen, die er «meine geliebte Gefährtin» nennt. «Nach fünf Sekunden war klar: Ich mach das!», sagt er. Damals war er noch Tourismusdirektor vom Konkurrenten Kitzbühel. Im Engadin hat sich Walter gegen 80 Konkurrenten durchgesetzt. Seine Ernennung sorgte für Schlagzeilen. Der Tenor: Ausgerechnet ein Ösi soll uns zeigen, wie man im Tourismus Erfolg hat?
«Ich bin ein Bergler»
Darüber kann Walter, der aus Prinzip nur bunte Socken trägt, heute nur schmunzeln. «Ich bin ein Bergler, das ist entscheidend.» Er sei wohlwollend empfangen worden. «Manchmal musste ich aber den ersten Schritt auf die Leute zu machen.»
Und doch: Er tritt in grosse Fussstapfen. Ariane Ehrat (56) hat zehn Jahre lang gute Arbeit geleistet und diese mit der Ski-WM im letzten Februar gekrönt. Und Kurdirektor Hanspeter Danuser (70) gilt in St. Moritz noch immer als graue Eminenz.
Davon lässt sich Walter nicht unter Druck setzen. «Hanspeter hat mir als einer der Ersten zur Wahl gratuliert», sagt er. Auch Ariane Ehrat schätze er sehr. Es gelte nun, den WM-Schwung mitzunehmen. «Die Bilder des Grossanlasses gingen milllionenfach um die Welt. St. Moritz ist noch in den Köpfen der Menschen. Davon werden wir profitieren», sagt Walter.
«Wenn man jemanden kopiert, hat man schon verloren»
Ob er in St. Moritz nun einfach das erfolgreiche Kitzbühel kopiere? Walter winkt energisch ab. «Wenn man jemanden kopiert, hat man schon verloren», glaubt er. Die Schweizer müssten einfach das gut machen, was sie gut können. «Etwa auf Schweizer Küche setzen oder auf Schweizer Weine.» Letzte Woche war er in China an der World Wintersport Expo. «In einem Restaurant waren auch Schweizer Weine auf der Karte – für 700 Franken die Flasche.»
Ohnehin hat es ihm der chinesische Markt angetan. Die Chinesen seien im Vorfeld der Olympischen Winterspiele 2022 in ihrem Land verrückt nach Wintersport. Mit Yanqing, dem Austragungsort der alpinen Wettkämpfe, hat er eine langjährige Zusammenarbeit unterzeichnet. «Bei den Chinesen können wir mit unserer Sporthistorie punkten, das ist ein wunderbarer Türöffner. Sie sind beeindruckt, wenn sie hören, dass wir schon zwei Mal Olympische Spiele und fünf Mal die Ski-WM organisiert haben.»
Cresta Run und Rätoromanisch
Solche Reisen in die Ferne sind derzeit aber selten. «Mich braucht es im Moment hier», sagt Walter. St. Moritz spiele in der Champions League des Wintertourismus, betont er selbstbewusst. «Damit das so bleibt, müssen wir jetzt aber vorspuren für die Zukunft, etwa eine neue digitale Strategie ausarbeiten.»
Deswegen kommt einiges zu kurz. Etwa das Erlernen des Rätoromanischen. «Das hole ich aber nach. Ich möchte mich mit den Menschen in ihrer Sprache unterhalten können», sagt er. Oder eine Fahrt auf dem legendären Cresta Run. «Das muss ich unbedingt einmal erleben!»
Vorerst hat er aber andere Baustellen. Walter will Boden gutmachen bei deutschen, italienischen und russischen Touristen. «Dass der Franken schwächer wird, spielt uns in die Hände.»
Man habe aber viele Betten verloren in den letzten Jahren. Das will er ändern. Walter ärgert sich über neue Projekte, die abgeschmettert oder durch Rekurse blockiert werden. «Dass die neue Signalbahn im besten Fall 2021 eröffnet werden kann, 15 Jahre nach dem Projektstart, das stimmt mich nachdenklich. Solche Einsprachen schaden dem ganzen Engadin.»
Ab nach New York mit der Tochter
Erst aber freut er sich auf New-York-Ferien mit seiner Tochter Nicole (30). Er schenkt sie ihr zum Abschluss ihres Soziologiestudiums. «Sie hat wie ich im Frühling einen neuen Job bei einer Schweizer Firma angetreten, in der Marktforschung bei Nespresso», sagt der stolze Vater. New York kennt er bestens. Für Österreich Tourismus hat er einst im Big Apple gearbeitet und den ersten seiner sieben Marathons bestritten. Im Moment muss er pausieren. Die Achillessehne zwickt.
Zum Fotoshooting in der Whisky-Bar im Hotel Waldhaus am See bestellt sich Walter den nächsten Espresso. «Ich trinke pro Tag zehn Tassen. Mindestens. Gegen ein Gläschen Enzianschnaps aus der Heimat hab ich aber nichts», sagt er und lacht.
Das Foto ist im Kasten. Walter setzt sich spontan zu den Gästen am Nachbartisch. Keine Frage, die Gäste werden ihn und seinen österreichischen Charme mögen. Wie lange es geht, bis auch die Einheimischen seine Ideen verstehen, wird sich weisen.
Gerhard Walter (54) ist in Galtür im Tirol aufgewachsen. Er studierte in Innsbruck Tourismus, später machte er an der Wirtschaftsuniversität in Wien einen Executive MBA.
Walter arbeitete für Österreich Tourismus in New York. Später war er Tourismusdirektor von Lech und Kitzbühel. Walter ist Vater einer Tochter (32).
Begeisterter Bergsteiger
In seiner Freizeit liest er viel. Im Winter fährt er Ski, im Sommer ist er begeisterter Bergsteiger. Walter hat bereits sieben Marathonläufe absolviert.
Mit seinem BMW-Töff R 1200 fährt er gerne über Alpenpässe.
Gerhard Walter (54) ist in Galtür im Tirol aufgewachsen. Er studierte in Innsbruck Tourismus, später machte er an der Wirtschaftsuniversität in Wien einen Executive MBA.
Walter arbeitete für Österreich Tourismus in New York. Später war er Tourismusdirektor von Lech und Kitzbühel. Walter ist Vater einer Tochter (32).
Begeisterter Bergsteiger
In seiner Freizeit liest er viel. Im Winter fährt er Ski, im Sommer ist er begeisterter Bergsteiger. Walter hat bereits sieben Marathonläufe absolviert.
Mit seinem BMW-Töff R 1200 fährt er gerne über Alpenpässe.