Wir sassen in einer Athener Beiz, mein Freund Yorgos und ich. Es war der Höhepunkt der Finanzkrise. «Wieso bezahlen die griechischen Bonzen, die in deinem Land die grosse Kohle bunkern, ihre Steuern nicht?», fauchte Yorgos. «Ich zahle. Doch die Schlaglöcher in unseren Strassen werden tiefer, unser Krankenhaus ist verlottert – und ich zahle immer noch!»
Das war 2010. Die spätere IWF-Chefin Christine Lagarde hatte den Athener Behörden gerade eine Liste mit den Namen griechischer Steuersünder übergeben. Die Finanzbeamten kümmerte das wenig, nur ein Bruchteil der Beträge wurde nach und nach eingetrieben.
Freilich war Griechenland nicht nur wegen seiner Steuersünder in eine tiefe Depression abgerutscht. Doch der Vorgang machte eindrücklich klar, was geschehen kann, wenn Vermögen und Gewinne verschoben werden. Oder wenn der Staat grosszügige Steuergeschenke verteilt. Dann nämlich verschuldet sich die ganze Nation. Die Preise für öffentliche Güter steigen. Die Infrastruktur zerfällt, Schulen werden geschlossen, das Gesundheitssystem wird krank.
Jeder Staat braucht Geld. Das treibt er unter anderem mit Steuern ein. Nichts daran ist ungerecht, denn davon profitieren alle – unter der Voraussetzung, dass die Steuerlast gleichmässig verteilt wird. In einer globalisierten Welt mit hochmobilen Tech- und Rohstofffirmen brauchts dafür verbindliche Regeln. Die Konzerne müssen ihre Gewinne zum Beispiel da versteuern, wo die fettesten Gewinne anfallen. Und nicht dort, wo der Steuersatz am tiefsten liegt. Eine globale Mindeststeuer wäre der erste Schritt zu mehr Gerechtigkeit. Auch in unserem Land.