Der Niedergang der einstigen Grande Nation
Rien ne vas plus in Frankreich

Vor der Fussball-EM gibt Frankreich ein pitoyables Bild ab. Die Wirtschaft stagniert, die Gewerkschaften erpressen die Regierung und bei den nächsten Wahlen könnten die Rechtstextremen übernehmen.
Publiziert: 09.06.2016 um 17:35 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:04 Uhr
Strassenblockaden gegen die Arbeitsgesetzreform: Versinkt die Euro in Chaos?
Foto: AFP PHOTO / Geoffroy Van der Hasselt
Guido Schätti

Müllberge, Strassenblockaden, Spritmangel und zu allem Überfluss treten auch noch die Flüsse über die Ufer: Einen Tag vor Start der Fussball-EM macht Frankreich eine denkbar schlechte Figur.

Seit mehr als einem Monat liefern sich Gewerkschaften und die Regierung Hollande einen Kampf um das neue ­Arbeitsgesetz. Dieses würde den Kündigungsschutz lockern und die Chancen erhöhen, dass die Firmen Personal einstellten.
Angesichts einer Arbeitslosenquote von zehn Prozent wäre das bitter nötig. Doch die radikalen Gewerkschaften stemmen sich mit aller Kraft dagegen. Die Euro kommt ihnen wie gerufen: Dass das Turnier in Chaos versinkt, kann sich Präsident Hollande nicht leisten.

Der Niedergang hat Tradition

Die Misere Frankreichs geht aber tiefer. Der Niedergang hat Tradition. In den letzten 20 Jahren ist die Wirtschaft pro Kopf um 30 Prozent weniger gewachsen als in der Schweiz. Gleichzeitig sind die Schulden explodiert: von 22 Prozent im Jahr 1981 – damals errang der Sozialist François Mitterrand erstmals die Macht – auf 96 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung.

Doch nicht nur eigene Unfähigkeit ist das Problem. Auch Deutschland macht den Franzosen das Leben schwer. Schröders Reformen haben den Nachbarn so brutal wettbewerbsfähig gemacht, dass Frankreich und der Rest Europas einfach nicht mehr mithalten können. Die Überschüsse der Deutschen sind die Schulden von Resteuropa.

Sie gehen mit Stil unter

Eines muss man den Franzosen lassen: Sie gehen mit Stil unter. Beim guten Leben machen sie keine Kompromisse. Der Niedergang ist mit Foie gras (Gänseleber) gepflastert. Wer Geld hat, lebt in Frankreich hervorragend. Das gilt auch für Touristen: Dass dort alles ein wenig langsamer geht als anderswo, macht den Charme des Landes aus.

Doch auch das ist bedroht. Bei den letzten Europawahlen avancierte der Front National zur stärksten Kraft. Parteiführerin Marine Le Pen hat reale Chancen, 2017 erste französische Präsidentin zu werden. Frankreich im Würgegriff der Rechtsextremen? Dagegen erscheinen die heutigen Probleme als Petitessen.

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