Kaufen ist billiger als Mieten. Die Binsenwahrheit stimmt. Denn angesichts der rekordtiefen Zinsen kosten selbst Hypotheken in Millionenhöhe im Monat weniger als eine halbwegs stattliche Mietwohnung.
Mindestens die Hälfte der Bevölkerung profitiert aber nicht davon. Für sie bleibt der Traum vom Wohneigentum ein Traum. Grund sind die strengen regulatorischen Anforderungen: Einen Kredit fürs Eigenheim kriegt nur, wer die Hypothek auch dann noch zahlen könnte, wenn die Zinsen auf 5 Prozent steigen.
Rund zwei Drittel der Bevölkerung hätten deshalb keinen Zugang zu Wohneigentum, schreibt der Hypothekenvermittler Moneypark in einer Studie. Eine Etagenwohnung zum Durchschnittspreis von 890'000 Franken könne sich mehr als die Hälfte der Bevölkerung nicht leisten. Das durchschnittliche Einfamilienhaus zu 1,2 Millionen bleibt sogar zwei Dritteln verwehrt.
Das Problem ist das fehlende Einkommen
Dabei verfügen die so genannt «nicht finanzierbaren Kunden» durchaus über Vermögen und Einkommen. Die Haushalte haben im Schnitt 480'000 Franken auf der hohen Kante und ein Einkommen von 126'000 Franken. «Trotz der ansehnlichen Vermögenswerten scheitern sie an den Tragbarkeitsrichtlinien», sagt Joëlle Gautier, Medienchefin von Moneypark.
Das fehlende Einkommen, um auch einen Zins von 5 Prozent zu verkraften, ohne dass die Belastung mehr als ein Drittel des Einkommens aufzehrt, ist der häufigste Grund, dass Banken ein Kreditgesuch abgelehnen. Fehlendes Eigenkapital ist hingegen nur bei 10 Prozent der Fälle der Grund für die Ablehnung.
Auch Raiffeisen macht Druck auf Zinssenkung
Moneypark macht sich stark für eine Senkung der Tragbarkeitsanforderungen. Bei einem kalkulatorischen Zins von 3 Prozent würde Wohneigentum auch für die Mittelschicht erschwinglich, steht in der Studie. Der heutige Zins von 5 Prozent sei «eindeutig zu hoch» angesetzt, denn in den vergangenen 20 Jahren habe der durchschnittliche variable Zins nur knapp 3,5 Prozent betragen.
Raiffeisen-Chef Patrik Gisel hatte vor kurzer Zeit ebenfalls eine Lockerung der Anforderungen für junge Familien gefordert. Auch er argumentierte damit, dass diese sonst keine Chance hätten, Wohneigentum zu erwerben.
Schweiz zog Lehren aus Immobilienkrisen
Dass Banken und Hypothekenvermittler Druck auf eine Lockerung der Anforderungen machen, liegt auf der Hand. Sie profitieren unmittelbar vom Kreditvolumen. Anders sieht es für die Allgemeinheit aus: Wie die Finanzkrise zeigte, führen Immobilienkrisen zwangsläufig zu schweren wirtschaftlichen Depressionen.
Die Schweiz erlebte die letzte Immobilienkrise zu Beginn der 90-er Jahre. Die Wirtschaft brauchte fast ein Jahrzehnt, um wieder auf die Beine zu kommen. Viele europäische Länder leiden heute noch immer unter dem Platzen der Immobilienblase im Jahr 2007. Dass die Schweiz heute so strenge Vorgaben hat, hängt auch mit diesen Erfahrungen zusammen.