Denner-Chef Mario Irminger über Nivea, Ferrero und Coca-Cola
«Die stehen auf meiner Abzocker-Liste»

Weiss der Denner-Chef, was ein Kohlrabi in seinem Laden kostet? Ein Interview mit Mario Irminger (52) über Teuerung, Preisunterschiede und Abzocker-Produkte in seinen Discounter-Regalen.
Publiziert: 15.05.2017 um 09:58 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:32 Uhr
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Denner-Chef Mario Irminger wehrt sich gegen Abzocke – für seine Kunden.
Foto: Tom Lüthi
Interview: Ulrich Rotzinger Fotos: Tom Lüthi

Grosse Töne spuckt Denner seit März. In der neuen Werbekampagne verspricht der Discounter bei Produkten, die Kunden zu teuer sind, tiefere Preise. Bis heute ist nichts passiert. Deshalb hakte BLICK bei Denner-Chef Mario Irminger (52) nach. Das Gespräch ging weit über den Inhalt einer Einkaufstasche hinaus.

BLICK: Tut uns leid, wir sind etwas spät. Wir waren noch kurz im Denner um die Ecke einkaufen.
Mario Irminger: Sehr gut. Der Einkaufssack ist ganz voll, das freut mich.

Die Konsumentenpreise zogen im April leicht an. Müssen wir uns in diesem Jahr auf steigende Preise im Laden einstellen?
Der Euro ist stark in Bewegung. Innerhalb kurzer Zeit hat er fünf Rappen gegenüber dem Franken gewonnen und ist jetzt an der Grenze von 1.10 Franken. Legt der Euro weiter zu, wirkt sich das auf unsere Preise aus.

Die Preise steigen also?
Einzelne Produkte werden schon jetzt teurer. Bei anderen könnten die Preise mit Verzögerung im laufenden Jahr wechselkursbedingt ebenfalls leicht steigen. Andere Preistreiber als ein steigender Euro sehe ich nicht, zumindest was Denner betrifft.

Es ist Jahre her, da importierten Sie Nescafé oder Coca-Cola aus dem Graumarkt, wenn die Hersteller in der Schweiz Ihnen nicht tiefere Preise boten. Sie sind zahm geworden.
Nein, hinter den Kulissen führen wir harte Verhandlungen mit den Herstellern und Lieferanten. Parallelimporte kommen immer als letztes Mittel zum Zug, wenn wir bei den Markenlieferanten hier in der Schweiz nicht weiterkommen. Solche Importe aus dem Ausland sind sehr aufwendig, weil wir die Ware in ausreichender Menge für alle Filialen beschaffen und neu etikettieren müssen.

Nehmen Sie doch die Marken einfach aus dem Sortiment.
Vor allem bei beliebten Marken der Körperpflege wie Nivea funktioniert das nicht, weil der Kunde dann in andere Läden ausweicht. Mit Parallelimporten erreichen wir viel mehr.

BLICK-Wirtschaftsredaktor Ulrich Rotzinger (l.) hat eingekauft. Denner-Chef Irminger markiert Abzocker-Produkte mit einem Sticker aus der eigenen Werbekampagne «Zu teuer».
Foto: THOMAS LUETHI / HEG

Apropos Nivea, schauen Sie mal, diese Antifaltencrème. Dennerpreis: 11.95 Franken, bei DM in Deutschland kostet dasselbe Produkt vier Franken weniger. Ein Fall für Ihre Zu-teuer-Kampagne?
Stimmt, hier gehört ein Zu-teuer-Sticker drauf. Das ist krass. Das gleiche Produkt, vom gleichen Hersteller Beiersdorf, aber Denner bekommt einen Schweizzuschlag. Wir zahlen bei Beiersdorf Schweiz deutlich mehr im Einkauf als Kunden in Deutschland dafür im Laden hinblättern müssen. Noch ein Beispiel: die Nivea-Shampoos. 

Denner kassiert doch auch gerne eine schöne Marge.
Wir operieren in der Schweiz mit Margen, die mit jenen der deutschen Discounter Penny und Netto vergleichbar sind. Wir schöpfen nicht mehr ab. In der Schweiz zockt Beiersdorf die Kunden ab. Für uns ist die riesige Preisdifferenz zum Ausland nicht nachvollziehbar.

Beiersdorf argumentiert mit höheren Löhnen, Mieten und Werbekosten in der Schweiz. Zu Recht?
Nein. Andere Generalimporteure und Hersteller aus dem internationalen Umfeld können mit der Situation in der Schweiz umgehen. Sie stellen sich effizienter auf, bauen beispielsweise Marketing-Überkapazitäten ab, um hier tätig sein zu können und trotzdem kundenfreundliche Preise zu ermöglichen.

Mit diesem Einkaufssack überraschte BLICK den Denner-Chef: Kohlrabi, IP-Brot vom lokalen Beck, Instant-Kaffee und mehr. Nivea-Produkte und Coca-Cola erhielten von ihm den Abzocker-Sticker «Zu teuer».
Foto: THOMAS LUETHI / HEG

Welche Markenhersteller stehen noch auf Ihrer Abzocker-Liste?
Auf meiner Liste stehen auch Süsswarenhersteller Ferrero und die Schweizer Niederlassung von Coca-Cola.

Was tun Sie gegen die Abzocker?
Bei Beiersdorf sind wir gezwungen, die Produkte auf ausländischen Märkten aufzukaufen und parallel in die Schweiz einzuführen. Wir sind derzeit an einem attraktiven Nivea-Deal. Was die anderen beiden Unternehmen betrifft, möchte ich nichts verraten.

Verraten Sie uns dann, was die vielen Convenienceprodukte, zertifizierten IP-Brote und -Gemüse bei einem Discounter zu suchen haben? Ohne dieses Beigemüse wäre Denner viel günstiger.
Das Bild vom Discounter hat sich in den letzten zwanzig Jahren verändert. Wir sind ein Nahversorger, der sich an den Kundenbedürfnissen von heute ausrichtet. Dazu gehören Salate zum Sofortverzehr oder Sandwiches vom Beck aus der Region. Ein solches Conveniencesortiment wird für uns künftig eine noch wichtigere Rolle spielen.

Der griechische Salat «ready to eat» für fast sechs Franken – der tiefe Preis zählt für Denner nicht mehr?
Tiefe Preise sind für uns sehr wichtig. Unsere Kunden wissen genau, dass sie die bei uns bekommen. Bezieht man die Aktionen ein, sind Discounter im Schnitt noch immer 20 Prozent günstiger als Supermärkte.

Für unseren Einkauf haben wir 56.80 Franken ausgegeben. Was hätten wir vor ein, zwei Jahren dafür bezahlt?
Ich denke, Sie hätten deutlich mehr als 60 Franken ausgegeben. Wir sind günstiger geworden, gleichzeitig haben sich die Fixkosten der Konsumenten wie Mieten, Telekom-Abos und Krankenkassenprämien aber verteuert.

Kleiner Preistest: Was kostet dieser Schweizer Kohlrabi?
Da muss ich passen. Auswendig weiss ich das nicht.

1.95 Franken – unglaublich!
Schauen Sie mal: Das ist doch auch ein Prachtexemplar.

Ich finde ihn nicht zu teuer, sondern eher zu billig.
Aha. Das gesamte Sortiment von Obst und Gemüse ist im Preisvergleich mit dem Vorjahr günstiger. Zum Teil wegen des Euro.

Wie hoch ist der Betrag an Währungsvorteilen, die Sie seit dem Mindestkursaus im Januar 2015 in Preissenkungen gesteckt haben?
Seit der Freigabe des Frankenkurses haben wir bis heute rund 100 Millionen Franken Währungsvorteile weitergegeben, das heisst in tiefere Preise investiert. Punktuell werden wir bis Ende Jahr weitere Preise senken, vor allem im Bereich Körperpflege.

Wie schlägt sich das im Dennerumsatz nieder?
Sowohl bei der Kundenzahl als auch beim Umsatz liegen wir derzeit über der Vorjahresperiode. Es sieht danach aus, dass wir im achten Jahr in Folge beim Umsatz zulegen werden.

Ohne die Eröffnung neuer Filialen schaffen Sie das nicht.
Wir haben heute rund 800 Verkaufsstellen. Neue Läden entstehen vor allem an hoch frequentierten Standorten, wo wir Kunden auf und vom Weg zur Arbeit abholen können. Unterm Strich planen wir mit einem Wachstum von zehn Filialen.

Kaufen Sie privat auch mal in ausländischen Supermarktfilialen ein?
Freitagmorgen vor einer Woche war ich bei Edeka und DM im deutschen Jestetten und Konstanz. Aber nur zum Schauen. Dort tätigen Schweizer Kunden ihren ganzen Wocheneinkauf.

Wie sparen Sie?
Ich kann den Wocheneinkauf zu 95 Prozent bei Denner erledigen – und spare damit deutlich.

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