Türkei
Deutsche Regierung setzt sich für Freilassung von Yücel ein

Istanbul – Der Fall des inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel überschattet das deutsch-türkische Verhältnis immer stärker. Bundespräsident Joachim Gauck verurteilte die Verhaftung Yücels am Dienstag scharf.
Publiziert: 28.02.2017 um 20:14 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 07:10 Uhr
Neue Zerreissprobe für die deutsch-türkischen Beziehungen: Untersuchungshaft in Istanbul für den Doppelbürger und «Die Welt»-Korrespondenten Deniz Yücel (in einer Aufnahme vom Juli 2016).
Foto: KEYSTONE/AP dpa-Zentralbild/KARLHEINZ SCHINDLER

«Wir können in Deutschland nicht nachvollziehen, warum diese Attacke auf die Pressefreiheit notwendig ist. Uns fehlt das Verständnis», sagte Gauck am Dienstagabend vor Korrespondenten ausländischer Medien im Schloss Bellevue. «Was derzeit in der Türkei passiert, weckt erhebliche Zweifel, ob die Türkei ein Rechtsstaat bleiben will», sagte Gauck.

Aussenminister Sigmar Gabriel warnte, dass das bilaterale Verhältnis vor «einer seiner grössten Belastungsproben in der Gegenwart» stehe. Die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten zeige, wie weit die Kluft bei rechtsstaatlichen Grundsätzen zwischen der Türkei und Europa mittlerweile sei. Zudem erschwere der Fall Yücel ein «rationales Verhältnis» zwischen der Türkei und Deutschland sowie der EU.

Auch Justizminister Heiko Maas von der SPD und sein Parteikollege und Kanzlerkandidat Martin Schulz forderten die Freilassung des Journalisten. Für Yücel müsse die Unschuldsvermutung gelten, zumal völlig unklar sei, was dem Journalisten von den türkischen Behörden genau vorgeworfen werde, sagte auch Kanzleramtschef Peter Altmaier von der CDU. Und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth von den Grünen sprach gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland von einer «staatlich organisierten Geiselnahme».

Die türkische Justiz wirft Yücel Terrorpropaganda und Aufstachelung zur Gewalt vor. Er war vor zwei Wochen festgenommen und am Montag in Untersuchungshaft überstellt worden.

Noch am Montagabend kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel das Vorgehen der Türkei scharf. Sie bezeichnete Yücels Inhaftierung als «bitter und enttäuschend» und äusserte die Hoffnung, «dass er bald seine Freiheit zurückerlangt». Am Dienstag lud das deutsche Aussenministerium den türkischen Botschafter in Berlin zu einem Gespräch.

Aus Solidarität mit Yücel fanden am Dienstag in mehreren Städten Deutschlands Autokorsos statt, darunter in Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt. Neben Yücels Freilassung wurde dort auch generell die Wiederherstellung der Medienfreiheit in der Türkei gefordert. In Österreich und der Schweiz wurde ebenfalls zu Protesten aufgerufen.

Zudem gab es in grossen deutschen Zeitungen eine Anzeigenkampagne für Yücel. Die Organisation Reporter ohne Grenzen verlangte von Bundeskanzlerin Merkel, die Beziehungen zur Türkei grundsätzlich zu überdenken.

Die «Welt» berichtete derweil über Details der Vorwürfe gegen ihren Türkei-Korrespondenten Yücel: Der Haftrichter Mustafa Cakar habe dem Journalisten bei der Vernehmung Propaganda für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und die Gülen-Bewegung zur Last gelegt.

Beide sind in der Türkei als Terrororganisation verboten. Laut der türkischen Zeitung «Hürriyet Daily News» wies Yücel in der Vernehmung die Vorwürfe zurück, für eine Terrororganisation zu arbeiten.

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