Postauto-Skandal? Proteste wegen Poststellenschliessungen? Letzte Woche zeigte sich: Der gelbe Riese hat noch ein ganz anderes Problem. Die Postfinance, der zuverlässige Goldesel des Konzerns, setzte einen Notruf ab. 500 Stellen sollen abgebaut werden. Eine Verzweiflungstat. Die Tochtergesellschaft der Post steckt in der Sackgasse. Sie kann weder vor noch zurück.
Die Postfinance lebte von einem sehr einfachen Geschäft: Sie passte auf das Geld ihrer Kunden auf. Vom Zins, den das Institut dafür erhielt, gab sie an die Kontoinhaber nur einen Teil weiter. Die Differenz ergab einen schönen Gewinn. Doch seit zehn Jahren ist die Welt eine andere.
Die Zinsen sanken stetig. Seit 2012 brach der Zinsertrag der Postfinance um eine halbe Milliarde Franken ein. Die Konsequenz: Die Postfinance verwaltet zwar einen gigantischen Geldberg, doch sie verdient daran nichts. Seit die Nationalbank 2015 Negativzinsen einführte, zahlt sie sogar drauf!
Es herrscht Ratlosigkeit
Die Postfinance wusste, dass sie auf eine Wand zurast. Ausser für ihre Kunden die Zinsen zu senken, fiel ihr wenig ein: Man setzte auf das Prinzip Hoffnung. Entweder, so die Spekulation, steigen die Zinsen wieder. Oder die Politik gesteht der Postfinance mehr Rechte zu, damit sie auf anderen Geschäftsfeldern Geld verdienen darf – etwa durch das Vergeben von Hypotheken. Doch weder das eine noch das andere ist in Sicht.
Nun bleibt offenbar nur noch Alarmismus: Stellen werden abgebaut und – nächstes Jahr – die Kunden mit Gebühren zur Kasse gebeten. Zudem strebt man an, zur «führenden Digital-Bank der Schweiz» zu werden, was immer das heisst. Post-Chefin Susanne Ruoff (60) bot die Postfinance am Donnerstag im SRF sogar zum Verkauf an.
Souverän ist das alles nicht. Doch solange der Bund, dem sie gehört, nicht reagiert, ist es scheinheilig, die Postfinance wegen Pflästerlipolitik zu kritisieren.
Es braucht ein klare Ansage: Entweder darf die Postfinance frei wirtschaften – mit allen Rechten und Risiken –, oder man nimmt in Kauf, dass sie in absehbarer Zeit Verluste schreibt. Und die gehen dann aufs Konto des Steuerzahlers.