Wie werde ich meinen überflüssigen Bauchspeck oder meine Rückenschmerzen los? Und wie kann ich meinen Körper fit trimmen? Schweizerinnen und Schweizer holen sich die Antworten darauf immer öfters bei Influencern. Das Geschäft boomt. Einige Fit-Fluencer in der Schweiz bringen es auf Hunderttausende oder gar Millionen von Followern. Blick hat sich mit drei der Erfolgreichsten getroffen. Alle drei leben in Zürich.
Dayan Kolev (25) steht mit nacktem Oberkörper auf der grossen Showbühne von Magic Mike in Las Vegas. Spätestens seit dem gleichnamigen Hollywood-Film ist die Stripshow mit den muskelbepackten Männern weltberühmt. Doch Kolev ist nicht etwa als Stripper vor Ort. Der Bulgare, der in der Schweiz lebt, begeistert die Zuschauer mit spektakulären Tricks mit seinem Sprungseil. Mit seinen Videos auf Instagram hat er die Show in Las Vegas auf sich aufmerksam gemacht. «Nach dem Auftritt haben sie mir gar einen Job angeboten, ich habe aber dankend abgelehnt», erzählt Kolev Blick und lacht.
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Vom Tellerwäscher zum Follower-Millionär
Der Auftritt war im März. Auf einen Job als Stripper ist Kolev definitiv nicht angewiesen: Als er vor fünf Jahren in die Schweiz kam, begann er noch als Tellerwäscher in einem Luxushotel und startete dann ein Studium an einer Hotelfachschule. Heute wohnt er in Zürich und ist hierzulande der Fitness-Influencer mit den meisten Followern: 4,5 Millionen. Kolev hat den Sprung ins Glück geschafft. Doch der Beginn war überaus harzig, wie er erzählt.
Nachdem er die Hotelfachschule aufgesteckt hat, will er sein eigenes Ding durchziehen. «Ich habe verschiedene Sachen versucht, aber ohne Erfolg.» Dann stösst der Boxfan auf ein Video von Floyd Mayweather (47), einem der besten Boxer aller Zeiten. «Was er in diesem Video mit dem Sprungseil für Tricks gemacht hat, hat mich so begeistert, dass ich am Tag darauf in einen Laden ging und mein eigenes Seil gekauft habe», so Kolev.
Mit Seilspringen 18 Kilo verloren
Von da an trainiert er täglich zwei Stunden und mehr. «Ich wog am Anfang fast 100 Kilogramm und habe innerhalb eines Jahres 18 Kilogramm abgenommen.» Er hält sich mit Kellnern über Wasser, hat jedoch einen klaren Plan: Kolev will seine eigene Marke aufbauen und kauft 500 Sprungseile mit seinem Brand. «Ich habe mir gesagt, ich gebe nicht auf, bevor ich diese Sprungseile verkauft habe.» Doch die erste Ernüchterung ist gross: «In den ersten vier Monaten konnte ich kein einziges Seil verkaufen.»
Kolev versucht, den Absatz anzukurbeln, und wird auf Instagram aktiver. Ende 2021 hat er rund 20’000 Follower. Im Januar 2023 sind es bereits 200’000, im Januar 2024 gar 2 Millionen. «Ich habe bei den Videos viel ausprobiert und gelernt, was gut ankommt», sagt er. Dazu kommt sein Show-Talent. Mal mit Cowboy-Hut, immer mit breitem Lächeln und meistens oben ohne. «Das hilft sicher auch», sagt er und lacht. Die Muskeln stählt er mit reichlich Fitness. «Seilspringen ist ideal für die Ausdauer und zum Abnehmen und macht natürlich jede Menge Spass. Aber Muskelpakete kriegt man damit keine», so Kolev.
Heute sind die Sprungseile seine grösste Einnahmequelle, wie er sagt. «Ich verkaufe über meinen Onlineshop pro Monat weltweit zwischen 1200 und 1500 Stück.» Ein weiteres Standbein ist seine Bezahl-App für all jene, welche die Tricks erlernen möchten. Zudem könne er immer wieder mit Werbung für Marken auf seinem Instagram-Kanal gutes Geld verdienen. Täglich kämen neue Anfragen herein, doch er sei wählerisch. «Mit all dem verdiene ich heute ziemlich gut und deutlich mehr, als ich in der Hotellerie je verdient hätte», sagt er. Wie viel genau, bleibt sein Geheimnis.
Über Breakdance zum Fitness-Influencer
Auch Leandro Fornito (35) zählt zu den bekanntesten Fitness-Influencern der Schweiz. Der Zürcher kniet auf dem Boden im Balboa-Fitnessstudio in Zürich, stösst sich schwungvoll vom Boden ab und balanciert sein Gewicht für einen kurzen Moment auf einem Finger. Seine Übungen kommen athletisch und geschmeidig daher. Der Zürcher vereint Breakdance und Fitness. Mit seinen Videos auf Instagram begeistert er Millionen Menschen auf der ganzen Welt. «Ich habe jahrelang als Tierpfleger gearbeitet, aber irgendwann haben mir die Perspektiven in dem Beruf gefehlt», sagt er.
Alles beginnt mit kreativen Fitnessübungen nach seinen Breakdance-Trainings. Ganz ohne Geräte, nur mit seinem Körpergewicht. Irgendwann hat er in einem Gruppenkurse im Gym die Idee, die Ausbildung zum Fitnesscoach zu machen und kündigt seinen Job. Das war 2016. Im selben Jahr fängt er damit an, Videos von seinen «LeoMoves»-Übungen auf Instagram hochzuladen. «Am Anfang hatte ich überhaupt keine Erwartungen», so Fornito.
100'000 neue Follower pro Monat
Er finanziert sich über Coaching-Stunden im Fitness, Kellnern und Teilzeiteinsätzen als Tierpfleger. Nach anderthalb Jahren kann er voll vom Fitnessbusiness leben. «Social Media hat mir dabei sicher extrem geholfen, beispielsweise, damit Gyms auf mich aufmerksam geworden sind», sagt er.
Seine Followerzahl auf Instagram liegt Anfang 2018 bei rund 10’000. Zu Beginn des Jahres 2023 sind es dann bereits 200’000 und seither geht es steil hoch. Mittlerweile zählt Fornito knapp 1,6 Millionen Follower. «Mit den vielen Followern verdient man aber noch keinen Franken», sagt er. Eine Möglichkeit wären Werbedeals mit Firmen. «Viele Leute mögen es nicht, wenn man ihnen einfach irgendwelche Sachen verkaufen will», sagt Fornito. Deshalb mache er nur sehr sporadisch Werbung für andere Produkte, hinter denen er auch stehen könne.
Training nur mit dem eigenen Körper
Stattdessen baut er sein eigenes Business auf und setzt auf seine Trainingsapp. Doch der Erfolg lässt anfangs auf sich warten: «Weil ich Videos von ganzen Übungen auf Instagram hochgeladen habe, fehlte für die Leute der Anreiz, meine App zu kaufen.» Fornito passt seine Strategie an. Heute kriegen die Follower nur noch Videohäppchen. Wer das ganze Workout will, muss sich ein Abo zulegen. «Die App ist inzwischen meine wichtigste Einnahmequelle», sagt er und ergänzt. «Ich konnte mein Hobby zum Beruf machen.» Für ihn bedeute dies viel Freiheit. Natürlich mit allen Risiken, welche die Selbstständigkeit mit sich bringe.
Seine Philosophie: «Man kann mit dem eigenen Körper und ohne Geräte alles trainieren. Wenn man will, auch ganz ohne Fitnesscenter daheim oder im Hotelzimmer.» Die Corona-Pandemie, als die Fitnessstudios schliessen mussten, hat Fornitos Geschäft zusätzlich beflügelt.
«Kein Umweg» für grosse Muskelberge
Auch die Zürcher Fitness-Queen Cindy Landolt (39) bringt es auf Instagram beinahe auf 800’000 Follower. «Ich hatte nie den Plan, eine Karriere als Fitnessinfluencerin zu starten, damals gab es Instagram, Tiktok und Streamingplattformen noch gar nicht», sagt sie in ihrem Fitnessstudio Centurion Club im Zürcher Seefeld. Die einstige Vize-Miss-Zürich beginnt mit 22 Jahren mit dem Extremkraftsport und hält ihren Trainingsfortschritt auf Facebook fest. Damit stösst sie auf viel Aufmerksamkeit.
Sie baut ihre Karriere als Fitnesscoach langsam, aber kontinuierlich wie ihre Muskelpakete auf. Vor zehn Jahren eröffnet sie schliesslich ihr eigenes Fitnessstudio. Vom schnellen Internetruhm hält sie genauso wenig wie vom Traum, innert kurzer Zeit grosse Muskelberge zu erreichen. Alle paar Jahre würden neue Trends und Studios auftauchen, die rasche Erfolge versprechen. «Du kannst keinen Umweg um konstantes, korrekt gesteuertes Krafttraining machen für Muskelaufbau, Fettreduktion, Verbesserung von Leistung und besserer Körperhaltung», so Landolt.
Landolt lässt täglich Anfragen abblitzen
Die Kunden erhalten ein Rundumpaket: individuelle Betreuung und auf Kundenwünsche abgestimmte Trainings und optimierte Ernährung. Als Blick Landolt trifft, steht sie gerade vor einem Businesstrip mit Firmenkunden im Ausland: Ernährungs- und Trainingsplan direkt von der Personaltrainerin. Ein Angebot für zahlungskräftige Kundschaft.
Über die Jahre sind ihre Social-Media-Kanäle kontinuierlich gewachsen. Das fällt auch den Unternehmen auf. «Ich erhalte täglich Anfragen mit erheblichen Preisangeboten, für die Vermarktung von Produkten von Drittanbietern», sagt sie. Werbung für Drittanbieter komme für sie aber nur infrage, wenn sie absolut hinter dem Produkt stehen könne.
Die Fitness-Queen hat lange vor der Corona-Pandemie ihren Geschäftssinn bewiesen und Video-Coachings angeboten. Der Erfolg führt zu besonders langen Arbeitstagen: «Ich habe viele internationale Kunden von Rio bis Kalifornien, New York und Houston, Miami und Ottawa, aus Australien und einige mehr. So muss ich mich oft an deren Zeitzone anpassen.»
Kunden rennen ihr die Bude ein
Landolt ist selbst zur Marke geworden und ihre Social-Media-Kanäle zahlen auf diese ein. Wirklich Werbung für ihre Angebote macht sie keine, wie sie sagt. «Um ehrlich zu sein, übersteigt die Nachfrage meine Möglichkeit, alle Anfragen anzunehmen. Wenn ich jetzt noch mein Online-Training promoten würde, hätte ich Anfragen, die ich nicht erfüllen könnte.»
Gerade zuletzt sei die Nachfrage noch mal gewachsen. Landolt führt dies auf ihr Alter zurück. «Es gibt viele schöne 20-jährige Mädchen mit tollen Körpern, aber ich bin fast 40 und trete in einen sehr einzigartigen Marktplatz ein.» Ihre Kunden seien erfolgreiche Geschäftsleute in ihrem Alter oder älter und möchten wissen, wie sie das hinkriegt.