Darum geht seine «Vision» nicht auf
Mörgeli will die Deutsche Bank kaufen

Der Ex-SVP-Nationalrat möchte mit dem Nationalbank-Geld die Deutsche Bank kaufen. Um der EU den Marsch zu blasen. Da gibts nur etwa drei Probleme.
Publiziert: 23.11.2018 um 20:19 Uhr
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Aktualisiert: 23.11.2018 um 20:27 Uhr
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Christoph Mörgeli fragt in der «Weltwoche», warum die SNB nicht einfach die Deutsche Bank aufkaufen sollte.
Foto: ullstein bild via Getty Images
Thomas Ley
Thomas LeyBlattmacher BLICK

Manchmal, wenn die Verhandlungen mit den Brüsseler Bürokraten wieder sehr mühsam sind, träumen die Schweizer von ihrer Macht. Sind wir denn ein Wicht? Sind wir nicht ein zentrales Land in Europa? Könnten wir nicht einfach den Gotthard sperren? Bis die EU einknickt und unsere Wünsche erfüllt?

Christoph Mörgeli, Ex-Vordenker und Ex-Nationalrat der SVP, träumte diese Woche wieder so einen Traum. Nicht vom Gotthard, sondern von einem anderen Objekt eidgenössischen Stolzes: der Nationalbank (SNB). Warum eigentlich, schreibt er in der «Weltwoche», sollte die SNB nicht einfach die Deutsche Bank aufkaufen?

Schliesslich sitze man in Bern derzeit auf Währungsreserven von 813 Milliarden Franken – während die Deutsche Bank an der Börse noch mickrige 17 Milliarden Euro wert sei. Also, so Mörgeli, «für ein Butterbrot» zu haben sei. Mörgeli verwechselt zwar Devisenreserven – die stehen bei 763 Milliarden – mit Bilanzsumme, aber auf die paar Dutzend Milliarden kommt es tatsächlich nicht an.

Merkel im Vorzimmer warten lassen

Wunderbar! Die Schweiz könne «augenblicklich aufhören, in Berlin und Brüssel Klinken zu putzen», träumt Mörgeli. Vielmehr würde man in Bern «mit den Füssen auf dem Schreibtisch den eifrig protokollierenden europäischen Ministerpräsidenten unsere Bedingungen diktieren». Rahmenvertrag, Stromverkehrsabkommen, flankierende Massnahmen, Fluglärmprobleme – alles «innert Tagesfrist» im Schweizer Sinne gelöst. Einfach, weil man mit der Deutschen eine systemrelevante Bank im für die EU quasi systemrelevantesten Land kontrolliere. Bundeskanzlerin Angela Merkel im Vorzimmer des Bundesrates warten lassen – da schwelgen Mörgeli und seine Leser. 

Es gibt da allerdings ein paar Haken. Zunächst einmal ist die SNB angehalten, «nachhaltig und passiv» zu investieren, wie Finanzberater Adriano B. Lucatelli BLICK erklärt. Er war Banker bei CS und UBS, hat Unternehmen gegründet und an der Universität Zürich doziert. Und findet, dass die SNB schon mit ihrer heutigen Geldpolitik ihr Mandat erheblich ritze. Ja, sie kauft Aktien, Obligationen oder Gold, aber eben nur, um Franken auszugeben. Um den Kurs der Schweizer Währung zu drücken. Mit der Übernahme der Deutschen Bank aber, so Lucatelli, würde sie vom Finanzinvestor zum strategischen Investor.

Wie kauft man eine Bank?

Und mal konkret: Wie kauft man sich eigentlich eine Bank? Bei der Börse den Check auf den Tisch legen? «Die SNB müsste zuerst mehrere langfristige Eigner, sogenannte Anker-Investoren, auskaufen», erklärt Lucatelli. «Würden die mitmachen? Müsste die Nationalbank das im Stillen machen? Käme das aus? Es könnte für uns mit einem massiven Reputationsschaden enden.»

Nun würde ein Mörgeli wohl sagen: Ist der Ruf erst ruiniert, geschäftet es sich ganz ungeniert. Gut, dann stellen wir uns vor, die deutsche Regierung würde so einer Übernahme zustimmen – was sie nicht würde, glaubt Lucatelli, aber ignorieren wir sein Fachwissen: «Dann wäre die SNB ja Neu-Banker auf dem deutschen Markt. Sie bräuchte eine Lizenz. Und vor allem: Sie wäre dann dem deutschen Regulator unterstellt.»

Wie bitte? Unterstellt? Würden nicht wir sagen, wo’s langgeht? Leider nicht. Die Ironie der Geschichte ist, dass Grossinvestor Mörgeli uns geradewegs ins Diktat der deutschen Bankenregulierung führen würde. Am Ende müsste SNB-Chef Thomas Jordan im Vorzimmer von Merkel warten. Kein Anlass zum Schwelgen.

«Idee der Beutejäger»

Welch ein Frust: 813 Milliarden, und wir können uns nichts dafür kaufen? Doch, die Schweiz könne theoretisch einen Staatsfonds gründen, um langfristig zu investieren, erklärt Finanzspezialist Lucatelli. Etwa wie der norwegische Staatsfonds, der die Erdöleinnahmen dieses Landes anlegt. Zum Nutzen und Frommen kommender norwegischer Generationen. Dumm, dass Mörgeli genau einen solchen Staatsfonds als eine Idee der «Beutejäger in den Parteisekretariaten» abtut. In derselben Kolumne, ein paar Sätze über der Vorzimmer-Fantasie.

Nun hat schon manche Vision klein angefangen. Vielleicht wird auch diese noch wahr, falls Mörgeli den Bundesrat, die SNB-Direktoren oder Kanzlerin Merkel noch umstimmt. Und vor allem: sich selbst.

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