Etappensieg im Kampf gegen die CO2-Belastung: Die Nachfrage nach alternativen Antrieben beim Auto, der Verzicht auf Benzin und Diesel haben letzte Woche eine Schallmauer durchbrochen – seit Jahresbeginn bis Ende November kamen auf Schweizer Strassen 10'329 neue Elektroautos in den Verkehr.
Die Statistik des Branchenverbandes Auto-Schweiz zeigt eine Steigerung um 136 Prozent gegenüber dem Vorjahr! Auch die Anzahl der Hybridfahrzeuge, die neben elektrischem Antrieb einen Verbrennungsmotor einsetzen, ist um mehr als 57 Prozent auf rund 21'800 Autos gestiegen. Insgesamt beträgt der Anteil der Autos mit alternativem Antrieb am Gesamtmarkt bereits über zwölf Prozent.
Einen grossen Liebesbeweis für Elektrofahrzeuge lieferte letzte Woche die Wahl zum Schweizer Auto des Jahres 2020: Gleich in drei Kategorien machte der Tesla Model 3 das Rennen. Eine 13-köpfige Fachjury aus Autojournalisten und Rennprofis wie Ex-Formel-1-Fahrer Marc Surer (68) setzte das Pioniermodell auf Platz eins.
Tesla auch bei Neuzulassungen einsame Spitze
Und dass der Tesla auch das Publikum überzeugte, zeigte die Entscheidung von 17'000 Lesern von BLICK, SonntagsBlick, «Schweizer Illustrierte», «L’illustré» und «il caffè» für das Lieblingsauto der Schweizerinnen und Schweizer 2020. Kein Wunder, dass der Tesla den Titel des grünsten Autos der Schweiz gewann. Und wie sieht die Verkaufs-Hitparade aus? Bei den «Steckerfahrzeugen», wie Fachleute reine Elektro-, aber auch Hybridautos bezeichnen, liegt der Tesla Model 3 mit 3608 Neuzulassungen bis Oktober 2019 an der Spitze, gefolgt von Renault Zoe (1283) und BMW i3 (866). Bei den Plug-in-Hybriden kam der Mitsubishi Outlander auf Platz eins. Insgesamt beträgt der Stecker-Anteil am Neuwagenmarkt in diesem Jahr knapp fünf Prozent.
Pionier bleibt Pionier: Roger Schawinski (74), in den 1970er-Jahren Privatradio-Vorkämpfer, war vor sieben Jahren einer der allerersten Tesla-Fahrer der Schweiz. Und sagt, er sei immer noch begeistert. So sehr, dass er seiner Ehefrau ebenfalls einen Tesla gekauft hat.
Die intensive Klimadiskussion trägt dazu bei, dass es im Kampf gegen die Umweltbelastung plötzlich einen Schritt vorwärtsgeht. Dafür, dass die Schweiz ihre ambitionierten Ziele bei der CO2-Absenkung im Bereich Verkehr erreicht, genügt das allerdings noch nicht: 2020 muss der Absatz der Steckerfahrzeuge noch mal verdoppelt werden.
Reichweite und E-Ladestationen als Vorbehalte
Neue Modelle der grossen Marken dürften dem Käufer nächstes Jahr die Entscheidung erleichtern: VW kommt im Mai/Juni in der Golf-Grösse mit dem ID3, schon vorher bringt Peugeot einen 208-e und Opel den baugleichen Corsa-e.
Bisher scheiterte der schnelle Entscheid für ein Elektroauto, wie Kundenbefragungen zeigten, vor allem an zwei Vorbehalten: Die Reichweite mit Batterie sei viel zu klein, und – das grosse Problem – es gebe einfach zu wenige öffentliche E-Ladestationen.
Aber stimmt das überhaupt? Daniel Graf (44), Verkehrsfachmann und Mediensprecher des TCS, meint: «Es braucht mehr Informationen, die zu einem neuen Verständnis und Umdenken im Umgang mit Elektrofahrzeugen führen. Im Gegensatz zum Verbrennungsmotor fährt der E-Fahrer mit seinem Stromer nur selten an eine Tankstelle, um zu ‹tanken›.» Das Elektromobil lade man zu Hause (ähnlich wie das Handy) und fahre morgens mit vollem Akku wieder los.
Bei den heute laufend verbesserten Reichweiten (400 bis 600 Kilometer bei voller Ladung) müsse man daher, so der TCS-Experte, im seltensten Fall unterwegs eine Ladestation aufsuchen.
Daniel Graf: «Im Durchschnitt fahren Herr und Frau E-Schwei zer pro Tag im Auto nicht mehr als 25 Kilometer weit. Deshalb finden nur gerade fünf bis zehn Prozent aller Ladevorgänge an einer externen Elektro-Ladestation statt.»