Die eine Hälfte schenkte ihm die Mutter, die andere hatte der Mechanikerlehrling selber zusammengespart. Dann hob Martin Stucki (heute 48) erstmals mit einem Helikopter ab. Er hatte gerade die Lehre abgeschlossen. Der Schnupperflug war die Belohnung für seine bestandene Abschlussprüfung.
Stucki wollte eigentlich nur mal sehen, wie die Welt von oben aussieht. Doch er wurde vom Helikopter-Virus befallen. Noch bevor die RS begann, hatte er bereits die Privatpiloten-Lizenz. Seiner Freundin legte er Konstruktionspläne für einen eigenen Heli vor. Der Beziehung hat es nicht geschadet. Heute sind die beiden verheiratet und haben zwei Kinder.
Den Traum vom Fliegen behielt er im Hinterkopf. 2002 schien Stucki das Umfeld günstig für den nächsten Schritt. Start-ups standen hoch im Kurs. Überall gab es Wettbewerbe für Jungunternehmer. Stucki, inzwischen selbständiger Ingenieur, reichte bei Venture, der Start-up-Plattform von McKinsey und ETH, einen Businessplan für den Bau eines selbst entworfenen Helikopters ein. Das Resultat war vernichtend. Alle Experten rieten von seinem Vorhaben ab.
Stuckis Lachen tönt wie eine Helikopter-Turbine, wenn er davon erzählt. Der Zürcher Oberländer verbiss sich nur noch tiefer in sein Projekt. Ende 2007 gründete er die Marenco Swisshelicopter. «Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Helikoptern im In- und Ausland» lautet deren Zweck gemäss Handelsregister.
Stolz präsentiert er auf dem Flugplatz von Mollis GL das Modell des ersten Protoyps. Im letzten Herbst ging der P1 erstmals in die Luft. Die Erkenntnisse aus den Testflügen fliessen nun in den P2 ein. «Wenn alles gut geht, werden wir nächstes Jahr die ersten Helikopter ausliefern.» Produziert wird in Mollis. Für die Serienfertigung soll der Hangar von 15 auf 75 Meter verlängert werden. 80 Bestellungen liegen schon vor.
Seit 1976 sei in der Gewichtsklasse bis 2,5 Tonnen kein vollständig neuer Helikopter mehr entwickelt worden, erklärt Stucki. Die Hersteller beschränkten sich auf Nachbesserungen. Hier sieht Stucki eine grosse Chance: Sein Heli ist von Grund auf neu konzipiert. Er ist leiser als herkömmliche Modelle, hat einen grossen Laderaum, ein Sichtfenster im Boden und Sitze, die sich mit wenigen Handgriffen ein- und ausbauen lassen. «Flexibilität ist das Wichtigste», sagt Stucki. «Ein Helikopter muss vielseitig einsetzbar sein. Sonst rentiert er nicht.»
Mindestens so schwierig wie die Konstruktion war die Kapitalbeschaffung. Fündig wurde Stucki in Russland: Marenco Swisshelicopter wird massgeblich vom russischen Investor Alexander Mamut (55) finanziert.
Stucki bestätigt den Namen zwar nicht. In seinem Verwaltungsrat aber sitzt Marina Grönberg, Chefin von Mamuts Investmentgesellschaft A&NN. Zwischen 50 und 100 Millionen Franken soll die Gesellschaft eingeschossen haben.
Dass er bei Schweizer Investoren auf Ablehnung stiess, sei ein Armutszeugnis für die Risikokultur des Landes, sagt Stucki. «Die ganze Schweiz klagt über die Deindustrialisierung. Aber wenn es um ein konkretes Projekt geht, blocken alle ab.»
Mindestens 40 Maschinen muss Stucki jährlich verkaufen, um über die Runden zu kommen. Bei einem Gesamtmarkt von 600 Stück sei das kein übertrieben ehrgeiziges Ziel. Um sein Geld müsse sich sein Investor auf jeden Fall keine Sorgen machen, so Stucki: «Er wird ein Mehrfaches von dem lösen, was er investiert hat.»