Daniel Vasella im Interview
«Manchmal bin ich trotzig»

Daniel Vasella über seine Rückkehr in die Schweiz, seine Fehler, den Tod, warum Roche besser ist als Novartis – und dass er nie dumm Geld ausgibt.
Publiziert: 28.02.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 03:10 Uhr
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Daniel Vasella erfüllt sich in Südamerika einen Bubentraum, er hält dort Kühe auf einer Farm.
Foto: Keystone
Peter Hossli und Marc Walder

Die Videokonferenz steht. «Guten Tag», grüsst Daniel Vasella (62). Er strahlt, trägt Bart, wirkt entspannt. «Hier ist es sommerlich warm», sagt der ehemalige CEO und VR-Präsident von Novartis. «Wo sind Sie gerade?» – «In Südamerika.» Von dort gibt er erstmals seit drei Jahren ein Interview.
 

SonntagsBlick: New York, Monaco, Südamerika, Risch – wo ist Ihr Zuhause, Herr Vasella?
Daniel Vasella: Die letzten drei Jahre waren etwas nomadenhaft, auch wenn wir einen festen Wohnsitz hatten. Aber meine Frau und ich sind froh, wieder bei den Kindern in der Schweiz zu sein.

Das heisst, Sie zahlen in der Schweiz Steuern?
Ja.

Warum die Rückkehr?
Wir fühlen uns hier zu Hause, die Kinder leben hier, wir sind Schweizer. Natürlich wird New York immer etwas Spezielles sein. Für mich steht diese Stadt für Arbeit.

Was machen Sie in Südamerika?
Hier lebe ich meinen Bubentraum, ein Bauer zu sein und eigene Kühe zu halten.

Was bedeutet Ihnen Zeit?
Zeit hat drei Dimensionen: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ich erlebe sie als Erinnerungen, Erlebnisse und Pläne. Zeit ist ein unendlicher Behälter. Darin hat jeder ein befristetes Dasein.

Wann erleben Sie Zeit?
Wenn es mir langweilig ist, und wenn ich intensiv beschäftigt bin und die Zeit verfliegt. Oft denke ich aber nicht mehr an Zeit.

Weil Sie nicht mehr Novartis-Chef sind?
Als CEO war ich in Zeitpläne eingebunden. Da war ich nicht frei, sondern Teil eines Ganzen ...

... Sie waren Chef, also frei!
Zwar habe ich Zeit mitstrukturiert, gleichzeitig war ich darin gefangen. Zeit hatte eine ökonomische Komponente. Es ging um Produktivität, Schnelligkeit, Effizienz.

Bei Pharma-Konzernen entscheidet Zeit über Leben und Tod.
Wir überlegten uns stets, ob es acht oder zwölf Jahre dauert, bis ein lebensrettendes Medikament auf den Markt kommt. Da trennt sich die Zeit von der Ökonomie. Es geht um Sinnhaftigkeit – die Primäraufgabe einer Firma und damit ihre Existenzberechtigung, in diesem Fall helfen, Leben zu retten.

Wie erleben Sie Zeit heute?
Heute habe ich mehr Freiheiten. Und ich versuche – was mir natürlich nicht immer gelingt – damit Sinnvolles zu tun.

Was machen Sie derzeit?
Arbeit gibt einem Struktur, Verpflichtungen haben etwas Positives. Meine drei VR-Mandate ...

... bei Pepsi, American Express und XBiotech ...
... geben eine gewisse Struktur. Zudem coache ich CEOs. Was ich gerne tue. VR-Sitzungen sind gelegentlich spannend, aber nicht immer. Vor allem verbringe ich viel mehr Zeit mit den Kindern und meiner Frau, auch wenn die Kinder ihr eigenes Leben haben.

Sie sind 62. Es bleibt Ihnen weniger Zeit, als Sie schon hatten. Was macht das mit Ihnen?
Sie fragen nach dem Tod?

Ja.
Es ist sehr schwierig, sich die eigene Inexistenz vorzustellen und doch wissen wir um den eigenen Tod. Und die Welt dreht sich weiter. Nur der Zeitpunkt ist ungewiss. Damit muss man fertig werden.

Und das können Sie?
Nicht zu wissen, wann dieser Moment kommt, schützt mich. Es wäre wohl schwieriger, wenn ich es wüsste.

Haben Sie Angst vor dem Tod?
Vor dem Tod nicht. Die Vorstellung, weg zu sein, ist nicht schlimm. Aber bei gewissen Menschen – vor allem der Familie, die mich überleben wird – löst das Trauer aus. Das bereitet mir Mühe.

Sonst fürchten Sie nichts?
Doch, nicht zu wissen, wie ich sterben werde. Bedenken bereiten mir die letzten Tage vor dem Tod, wenn er mich durch Krankheit und nicht durch einen Unfall ereilen würde.

Könnten Sie einen solchen Tod annehmen?
Ich kann mich ergeben, ich werde nicht revoltieren, auch wenn ich dies heute nicht mit Bestimmtheit weiss.

Sind 20 Jahre eine lange oder eine kurze Zeit?
Das ist relativ. Für einen Hund sind 20 Jahre unglaublich viel Zeit ...

… und für einen Konzern?
Bei einer mehrhundertjährigen Firma sind zwanzig Jahre wenig. Viele Firmen werden aber nie zwanzig. Zwanzig Jahre sind für eine Firma eine ordentliche Zeit.

Vor zwanzig Jahren fusionierten Sandoz und Ciba Geigy zur Novartis. Eine gute Idee?
Der Entscheid war richtig, das sage ich ohne zu zögern. Beide Firmen nahmen nicht mehr Spitzenplätze ein und liefen Gefahr, zurückzufallen. Dank der Fusion konnte Novartis in vielen Bereichen weltweit Top-Positionen einnehmen. Die Produktivität stieg. Wir strafften das Portfolio, trennten die Chemie ab, verkauften die Ernährung und kreierten als neue Firma Syngenta, um uns auf Medizin zu konzentrieren.

Gerade das 20. Jahr war kein einfaches Jahr für Novartis. Warum nicht?
Das kann Ihnen nur die jetzige Führung beantworten.

Eine Meinung haben Sie!
Die habe ich schon, ich möchte mich jedoch zurückhalten.

Wie viel Kontakt haben Sie heute zu Novartis?
Ich habe keinen Kontakt.

Wann waren Sie letztes Mal auf dem Basler Novartis-Campus?
Daran erinnere ich mich nicht.

Haben Sie noch ein Büro bei der Novartis?
Ja, aber ich brauche es selten. Ich bat, das Büro nach Rotkreuz ZG zu verlegen, damit ich nicht nach Basel muss.

Leidet Novartis unter Altersschwäche, oder ist sie zu jung, um am härteren Markt zu bestehen?
Altersschwach ist die Novartis nicht, sonst hätte ich meine Aktien längst verkauft. Ein Konzern muss aber wachsen – sonst fällt man zurück. Man muss ständig innovativ sein, neue Medikamente sind zentral.

Wir verstehen, dass Sie das aktuelle Management nicht beurteilen wollen. Sie sind aber Novartis-Aktionär. Sind Sie zufrieden mit dem Kurs?
Mich interessiert der Kurs in zwei Momenten: wenn ich kaufe und wenn ich verkaufe. Eher interessiert mich, ob die Firma nachhaltig wächst, Geld verdient und Dividenden zahlt.

Denken Sie an den Verkauf von Novartis-Aktien?
Nicht zum heutigen Zeitpunkt.

Bereits als CEO und VR-Präsident betonten Sie, langfristig zu denken.
Ich fühlte mich verantwortlich für das Resultat, nicht für den Aktienkurs. Was die Börse daraus macht, ist eine andere Frage. Schielt ein Manager zu sehr auf den Aktienpreis, fällt er oft falsche Entscheide.

Uns fällt auf: Roche ist gesünder als Novartis.
Dies entspricht der vorherrschenden Meinung.

Warum ist Roche besser?
Unser Einstieg hat den Konzern stimuliert, die Leistung zu verbessern. Als Herr Ebner 2001 sein Paket mit Roche-Aktien verkaufen wollte, fragte mich Herr Gerber, ob wir dieses Pa-ket übernehmen wollten. Roche war damals in einer heiklen Situation – und sollte Herrn Gerber und der Novartis dankbar sein. Natürlich war es für Novartis eine fantastische Investition.

Was macht Roche richtig?
Der Einstieg in die Biotech-Firma Genentech war visionär. Zudem ist Roche führend im hochprofitablen Krebs-Bereich.

Sie wollten Roche stets ganz der Novartis einverleiben. Würde das heute noch Sinn machen?
Heute völlig illusorisch.

Was ist Novartis ohne Daniel Vasella?
Immer noch die Novartis.

Dann hat sich die Kultur nicht verändert?
Beantworten müssten das Mitarbeitende, die bereits früher dabei waren und es noch sind. Als Chef ist man sich nicht immer bewusst, wie man eine Firmenkultur beeinflusst. Dass man es tut, ist jedoch klar.

Was Sie sicher sagen können: Wer ist Daniel Vasella ohne Novartis?
Immer noch Daniel Vasella.

Sie haben sich nicht verändert?
Das müsste ich meine Kinder fragen.

Sie weichen aus.
Ich bin ruhiger geworden. Ich mache mehr, was ich will, und nicht nur, was ich muss. Das ist eine grosse Veränderung.

Die Novartis war Ihr Leben. 2013 gingen Sie plötzlich. Wie haben Sie sich neu erfunden?
Nur äusserlich war das ein plötzlicher Entscheid. Ein Verwaltungsrat sagte mir bereits 1996 – ich war gerade mit 42 CEO geworden –, ich könne nicht bis 65 CEO bleiben. Richtiger seien 12 Jahre. Das vergass ich nie. Zumal es einer Logik entspricht, die ich teile.

Wie sieht die Logik aus?
Es ist sehr schwierig, sich immer wieder neu zu erfinden. Mit der Zeit wird man redundant, erzählt stets das Gleiche. Bevor man sich setzt, wissen schon alle, was man sagen wird. Man fällt zur Last, wird lächerlich. Nach 12 Jahren habe ich gedacht, jetzt sind die 12 Jahre vorbei ...

… Sie blieben 17 Jahre.
Nach 14 Jahren übergab ich den CEO-Posten und blieb dann noch drei Jahre als Verwaltungsratspräsident. Das ermöglichte eine geordnete Nachfolge und erlaubte mir meine nächsten beruflichen Schritte zu klären. In Wien und Düsseldorf absolvierte ich eine Ausbildung als Coach, hatte grosse Freude am Lernen, Verstehen, Zuhören – und am Erfolg anderer.

Vermissen Sie es nicht, CEO der Novartis zu sein?
CEO zu sein, ja, das hat oft viel Spass gemacht. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich diese Zeit nicht manchmal vermisse.

Und VR-Präsident?
Das vermisse ich gar nicht.

Sie führten Novartis fast 20 Jahre, bauten den Campus, Ihre Kultur ist bis in die USA spürbar. Dennoch spricht man mehr über Ihr Salär als die unternehmerische Leistung.
Was Sie schildern, entspricht der Realität. Aber ich habe auch Fehler gemacht, das ist ganz klar.

Was haben Sie denn falsch gemacht?
Ich habe nicht begriffen, dass es in der Öffentlichkeit keine Rolle spielte, ob ich meine Entschädigung nun spende – was meiner bekannten Absicht entsprach – oder selber behalte. Völlig unterschätzt hatte ich, wie explosiv die Stimmung im Umfeld der Minder-Initiative war.

Ihre Entschädigung von 72 Millionen Franken wurde im Abstimmungskampf bekannt.
Und in der Bevölkerung herrschte – völlig nachvollziehbar – die Meinung: Diese CEOs verdienen viel zu viel. Ich war dafür das Aushängeschild. Jene, die hinter mir als Nummer 2, 3 oder 4 standen, waren froh, dass ich dort vorne stand.

Sie galten als uneinsichtig.
Es war sicher eine Schwäche von mir, dass ich manchmal provozierte und trotzig bin.

Trotzig? In welchem Sinne?
Vielleicht ist es mehr Sturheit als Trotz. Es gab eine Abmachung und Verträge sind einzuhalten, auch unter Druck.

Das Geld stand Ihnen vertraglich zu?
Ja. Es war ursprünglich ein älterer Vertrag. Man ging davon aus, dass ich mit 42 Jahren anfange, zwölf Jahre bleibe, und dann entschädigt werden soll. Jedenfalls prägte die Geschichte mein Image.

Und zwar negativ. Können Sie damit leben?
Ja. Wenn man so ist, wie ich bin, muss man bereit sein, dass man andere manchmal vor den Kopf stösst.

Warum sind Sie trotzig?
Prinzipientreue und Integrität! Ein Grund für meine Sturheit ist die Verachtung von Heuchelei und von Leuten, die Wetterfahnen sind. Davon gibt es zu viele. Solche, die immer politisch korrekt sind, die allen gefallen wollen, die sich immer nur fragen: Wie kommt das an? Das finde ich schlecht! Es braucht Menschen, die den Mut haben, ihre Meinung ehrlich zu sagen. Ob das nun ankommt oder nicht.

Die Medien waren hart mit Ihnen, auch Ringier-Titel wie der SonntagsBlick. Wie stehen Sie heute zu den Medien?
Medien sind wesentlich bei der Vermittlung von Inhalten und Urteilen. Gleichzeitig betreiben sie ein Geschäft. Medien sind abhängig davon, gelesen zu werden. Ihr Dilemma: Sie müssen informieren und gleichzeitig polarisieren, da sich Polarisiertes besser verkauft. Das ist ein Dilemma, das ich Gott sei Dank nicht habe. Das haben Sie.

Nicht nur, Sie geraten deshalb in die Mangel.
Das hängt davon ab, wie stark der Selbstwert vom öffentlichen Bild abhängt.

Und wie stark hängt er bei Ihnen davon ab?
Gott sei Dank ist mir das weniger wichtig, als vielen anderen. Es gibt aber Menschen, die an veröffentlichter Kritik zerbrechen.

Sie nicht?
Offensichtlich nicht, aber ganz kalt lässt es mich nicht. Aber ich weiss, ich habe Fehler gemacht, jeder Mensch hat Schwächen und Stärken. Wenn Sie mich fragen: «War das angenehm?» Nein, es war nicht angenehm! Fragen Sie mich: «Haben Sie es überlebt?» Ja, ich habe es überlebt! Und damit darf ich zufrieden sein.

Warum sind Sie plötzlich selbstkritisch?
Das ist nicht neu, auch wenn dies nicht der veröffentlichten Meinung entsprach. Selbstkritik muss massvoll sein, damit sie das Handeln nicht behindert. Zugleich soll sie stark genug sein, um auf dem Boden der Realität zu bleiben.

Wie sehen Sie die Schweiz als einer, der lange Zeit weg war?
Grundsätzlich positiv. Sehr viel funktioniert sehr gut. Aber ich stelle eine stärkere Polarisierung der Bevölkerung fest. Was kein Schweizer Phänomen ist, wir sehen das auch in den Vorwahlen in den USA, die polarisiert sind zwischen Donald Trump und Bernie Sanders.

Wie in den USA sind in der Schweiz die Linken und die Rechten besonders laut. Warum gibt es kaum mehr vernünftige Stimmen in der Mitte?
Extrem zu sein, ist einfacher. Man weiss, was richtig und falsch ist. Für Ideologen ist die Welt klar und einfach. Dabei ist die Welt differenziert, was schwieriger ist.

Lange war die FDP die Stimme der Vernunft. Nun hat sie bei vielen Themen das Heft aus der Hand gegeben. Sind Sie enttäuscht?
Die Partei ist schwächer geworden, weil sie ihr Grundmandat aufgegeben hat. Sie wollte mehr sein als eine Wirtschaftspartei, bewegte sich nach links, engagierte sich sozialpolitisch. Die SVP hat diese Lücke gefüllt, entwickelte sich wirtschaftsfreundlich. Jetzt driftet die SVP nach rechts ab und ist selbst nicht mehr wirtschaftsfreundlich.

Dann hat die Schweizer Wirtschaft keine Stimme?
Die FDP hat jetzt eine grosse Chance, dort wieder Klarheit zu schaffen.

Sie sind ein Mann der Mitte – warum engagieren Sie sich nicht politisch für die Wirtschaft?
Dazu bin ich nicht sonderlich geeignet. Die Wirtschaft muss aber verstehen, dass die Politik sich in komplexeren Sphären bewegt. Zu meiner Zeit bei der Novartis war es stets möglich, ein konstruktives Gespräch mit einem Bundesrat zu führen. Auch mit der Basler Regierung waren die Beziehungen stets sehr gut.

Wie wirtschaftsfreundlich ist die Schweiz heute?
Für Grosskonzerne ist die Schweiz nicht sehr wirtschaftsfreundlich. Nehmen sie die Berichterstattung zu 150 Jahre Nestlé. Statt sich über eine erfolgreiche Firma zu freuen, berichtete man über den Baby-Milchskandal.

Die Verbindung bricht ab, wir rufen erneut an.

Wann haben Sie einen Roboter als Assistenten?
Sicher nie. Aber natürlich verändern Digitalisierung und Robotik vieles. Beispielsweise hat die Digitalisierung die Sequenzierung des Genoms ermöglicht, unter anderem erlaubt dies eine gezieltere Behandlung von Krebs. Bei Operationen wird in Zukunft zunehmend Robotik eingesetzt.

Das tun sie gut genug?
Bei Prostatakrebs erlaubt die Da-Vinci-Methode sehr präzises Operieren. Röntgen-Bilder können dank Algorithmen gelesen werden.

Ersetzen Roboter Ärzte?
Nein, Roboter können die Menschlichkeit des Arztes nicht ersetzen und Patienten sind keine Maschinen. Computer ersetzen das ärztliche Gespräch nie. Der Mensch ist ein bio-psycho-soziales Wesen. Wenn man das ignoriert, schlagen Diagnose und Therapie fehl.

Sie sind quasi im Ruhestand. Wie beeinflusst die Digitalisierung Ihr Leben persönlich?
Ich habe mir einen Tesla gekauft ...

… ein Elektroauto, das fast von alleine fährt ...
..., was ich halbherzig gemacht habe. Aber ich muss sagen: Man fährt entspannter. Mich beeindruckt, wie die vielen Messsysteme zusammenspielen. Das wird den Verkehr verändern.

Fahren Sie bereits gewisse Strecken ohne Hände am Steuer?
Nein, denn ich bin ein gehorsamer Bürger. Ehrlich: Ganz traue ich dem System nicht. Zumal es ja eindeutig eine Beta-Version ist.

Die Digitalisierung birgt Gefahren. Viele fürchten sich, wir würden bald Menschen designen.
Davon sind wir noch weit entfernt.

Es ist möglich, Gene rauszuschneiden und anderswo einzufügen.
Richtig. Und was man machen kann, wird jemand tun. Ob das immer sinnvoll ist, bezweifle ich. Niemand spricht mehr vom geklonten Schaf Dolly. Die Tiere waren nicht gesund, sie starben früh. Nicht alles, was machbar ist, ist nützlich.

Derweil fürchten viele Menschen um ihre Jobs. Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer?
Wir erleben massive, schwierige Umstellungen. Je mechanischer ihr Job ist, desto gefährdeter ist man. Aber selbst der Beruf des Arztes verändert sich.

Und wer profitiert?
Wer adaptiv ist, flexibel und lernfähig, wird das schaffen. Unter die Räder kommt, wer das nicht kann.

Sie sagten vor drei Jahren, Sie würden gerne wieder als Arzt arbeiten. Bleibt das ein Traum?
Es war tatsächlich mein Traum, mit meinen Söhnen eine Arztpraxis zu teilen. Aber das ist unrealistisch. Ich würde heute wohl nur noch als alter Empfangsmann taugen.

Krankheiten sind unsere Geiseln. Bei welchen sind Sie optimistisch, dass wir Sie heilen können?
Grosse Fortschritte gab und gibt es bei der Krebstherapie. Leider sind diese Medikamente sehr teuer, anderseits wirkt dies als Anreiz, in die Forschung zu investieren.

Und wo stagnieren wir?
Bei Alzheimer wünschte ich mir bessere Ansatzpunkte. Aber wir verstehen das Hirn einfach zu wenig. Es ist ein unglaublich kompliziertes Organ. Da bin ich nicht so optimistisch, dass wir bald etwas finden werden.

Sie können sich kaufen, was Sie wollen. Für was geben Sie heute gerne Geld aus?
Mein Vater hat mich geprägt. Er war sehr sparsam, hat wenig verdient. Aber bei Büchern und der Bildung sparte er nie. Ausgaben mussten sinnvoll sein. Zwar habe ich heute viel Geld, aber ich gebe es immer noch nicht blöde aus. So habe ich mir lange überlegt, ob der Kauf des Teslas gerechtfertigt ist.

Was ist für Sie blöd ausgegebenes Geld?
In einer Bar für eine Flasche Champagner 400 Franken zu bezahlen. Das würde ich nicht machen.

Bei unserem letzten Gespräch wirkten Sie gestresst, ja getrieben. Jetzt wirken Sie entspannt. Täuscht mein Eindruck, dass Sie zufrieden sind?
Warum sollten Sie sich täuschen?

Was machen Sie an einem Tag wie heute?
Am Nachmittag gehe ich reiten und kümmere mich um meine Kühe.

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