Im Skandal um den Abgang von Iqbal Khan (43) bei der Grossbank Credit Suisse kommen immer weitere Details ans Licht. Ursprung der ganzen Auseinandersetzung könnte ein simpler Streit unter Nachbarn gewesen sein, der an einer Hausparty bei CS-Boss Tidjane Thiam (57) im Januar ausartete. Wohl auch, weil der neue Nachbar Khan während zweier Jahre seine Liegenschaft mit viel Getöse umbauen liess.
Ob dieser Streit dazu führte, dass Khan Anfang Juli der CS den Rücken kehrte, wissen wir nicht. Klar ist: Ab Oktober arbeitet Khan als Co-Chef der Vermögensverwaltung für die UBS. Und klar ist auch, dass die CS ihren ehemaligen Chef der Internationalen Vermögensverwaltung beschatten liess.
Wer diese Massnahme aus welchem Grund angeordnet hatte, darüber schweigt die Bank – und hat eine Untersuchung eingeleitet. Mit der Aufarbeitung des Skandals wurde die grosse Wirtschaftskanzlei Homburger beauftragt.
Das könnte bei der Untersuchung herauskommen:
Szenario 1: Der Skandal ist gar keiner
Die Untersuchung zeigt, dass Khan nach seinem Abgang gegen die Interessen der Credit Suisse gehandelt hat. Zum Beispiel, weil er enge Mitarbeiter von der CS zur UBS mitnehmen wollte.
Sehr peinlich, aber nicht weiter schlimm für die CS, dass die dilettantischen Beschatter aufgeflogen sind. Der Verantwortliche für die Aktion, möglicherweise Pierre-Olivier Bouée (48), der operative Chef der CS, dürfte mit einer Rüge davonkommen. Ein Köpferollen ist nicht nötig.
Das Problem: Die Bank hat einen Grund für die Überwachung, weitere Fragen, wie etwa die nach der sehr vorteilhaften Abgangsvereinbarung für Khan, bleiben unbeantwortet. Die UBS müsste sich unangenehme Fragen gefallen lassen, zum Beispiel warum sie Khan beschäftigt.
Szenario 2: Schadensbegrenzung
Die Untersuchung fördert aus Sicht der Bank als Institution keine plausiblen Gründe für die Beschattung zutage. Die Bank legt aber trotzdem offen, wer die Aktion angeordnet hat und wer darüber informiert war.
Erneut dürfte Bouée, ein enger Vertrauter von CS-Boss Thiam, im Zentrum des Interesses stehen. Falls der Franzose der Auftraggeber ist, er aber ohne Wissen seines Copains Thiam gehandelt hat, dann sind seine Tage bei der CS gezählt.
Bouée wäre ein Bauernopfer, das aber für die Bank verkraftbar wäre. Zumal auch in diesem Fall die vollständige Aufarbeitung der privaten Fehde zwischen den beiden Top-Bankern Khan und Thiam aus Sicht der CS nicht mehr zwingend ist.
Szenario 3: Volle Transparenz und Konsequenz
Die Untersuchung legt offen, dass Detektive aus persönlichen Gründen angeheuert wurden, die nichts mit den Geschäften der Bank zu tun haben. Vielleicht war es sogar Absicht, dass die Beschatter bemerkt werden, um den abtrünnigen Khan einzuschüchtern. Es gibt klare Beweise, dass die Anordnung dafür an höchster Stelle getroffen wurde, dass CS-Boss Thiam zumindest darüber informiert war. Thiam und sein Stabschef Bouée müssen gehen.
Die Bank beleuchtet auch die Hintergründe der privaten Fehde zwischen den beiden benachbarten Bankern. CS-Verwaltungsratspräsident Urs Rohner erklärt, warum er mit Khan einen für den Vermögensverwalter so vorteilhaften Deal abgeschlossen hat.
Eine Sternstunde für Rohner, aber möglicherweise seine letzte: Denn mit Thiam verliert er den Hoffnungsträger, den er 2015 selber in die Bank geholt hat.
Entscheidung nächste Woche?
Drei Szenarien, von denen eines vielleicht schon Anfang nächster Woche Realität wird. Macht die Bank mit der Untersuchung wirklich vorwärts, könnte der Verwaltungsrat der Credit Suisse noch dieses Wochenende darüber beraten und eine Entscheidung treffen. Und diese dann möglichst bald verkünden.