Das waren noch Zeiten: Als CS-Präsident Urs Rohner vor elf Monaten Tidjane Thiam als Nachfolger des glücklosen Brady Dougan präsentierte, schoss die CS-Aktie um 7,8 Prozent in die Höhe auf 25 Franken. Jetzt ist der Titel weniger als 15 Franken wert. Heute morgen verlor er bis zu 12 Prozent.
Das ist ein brutales Misstrauensvotum gegen Thiam. «Wo bleibt das Licht am Ende des Tunnels?», fragt ZKB-Analyst Andreas Brun. Die CS habe im letzten Jahr die bereits tiefen Erwartungen nicht erfüllt. Ähnlich die Bank Vontobel: Die CS-Ergebnisse seien schwach, kommentiert sie.
Klar: Für den Verlust von 2,9 Milliarden Franken im letzten Jahr kann Thiam wenig. Der ivorisch-französische Doppelbürger muss ausbaden, was seine Vorgänger angerichtet haben. Vor allem Lukas Mühlemann: Er kaufte im Jahr 2000 die Investmentbank DLJ für völlig überrissene 20 Milliarden Franken. Weil die Bank das Geld nie einspielte, klaffen nun Löcher in der Bilanz.
Thiam hat sich selber Probleme geschaffen
Doch alle Probleme auf die Vorgänger abwälzen, das kann Thiam nicht. Einen Teil hat er selber geschaffen. Der Kurssprung bei seinem Amtsantritt vor einem Jahr erfolgte, weil alle Welt glaubte, Thiam werde aus der CS eine zweite UBS machen – also das Investmentbanking herunterfahren und auf die Vermögensverwaltung setzen.
Doch Thiam hat andere Pläne. Er hält am Investmentbanking fest. «Die Debatte über das Investmentbanking ist irrational», sagt er. «Man muss die Demagogie stoppen.» Das Geschäft mit Firmenfinanzierungen spiele eine wichtige Rolle für die Gesamtwirtschaft. Man müsse es nur richtig betreiben.
Damit hat er zweifellos recht. Doch der Markt zweifelt, dass dies der CS ausgerechnet unter dem Versicherungsmann Thiam gelingen sollte. Schliesslich scheiterte auch Dougan. Und der war ein eingefleischter Investmentbanker.
CS-intern hat sich Thiam viele Feinde geschaffen
Noch ein Problem hat sich Thiam selber zuzuschreiben: Seine im Oktober präsentierten Ziele sind derart ehrgeizig, dass sie niemand für realistisch hält. Thiam will den Vorsteuergewinn bis 2018 auf 9 bis 10 Milliarden Franken steigern. Alle Geschäftsbereiche sollen mindestens doppelt so viel Geld einspielen wie heute. Das erinnert fatal an windige Strategiepapiere von Unternehmensberatern wie McKinsey, wo Thiam einst seine Sporen abverdiente: viel heisse Luft, wenig Inhalt.
Seither steht Thiam im Gegenwind. Im Preiszerfall an der Börse drückt sich das Misstrauen aus. Doch nicht nur dort. Um Thiam gibts permanent Gerüchte - mal wird kolportiert, er stehe vor dem Absprung zum Internationalen Währungsfonds, dann soll er die eingeleitete Strategie schon wieder über den Haufen geworfen haben oder von seinem Chef Rohner auf die Abschussliste gesetzt worden sein. Auch wenn das alles nur Quatsch ist: Es zeigt, dass sich Thiam in den sieben Monaten bei der CS schon viele Feinde geschaffen hat.
Der einstige Minister in der Elfenbeinküste lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen – zumindest äusserlich. «Es gibt eine Gerüchte-Industrie, damit machen gewisse Leute Geld», sagte er heute zur haltlosen Behauptung, er wolle das Investmentbanking verkaufen. «Das ist Manipulation.»
Seht der Verwaltungsrat noch hinter Thiam?
Auch an seinen Zielen hält er fest. Ein CEO dürfe sich nicht an Quartalsergebnissen und Kursschwankungen an der Börse orientieren. «Ich spiele dieses Spiel nicht mit», sagt er. Die Strategie der CS sei auf zehn Jahre angelegt. Die CS sei auf Kurs, die anvisierten Ziele bis 2018 zu erreichen.
Die Frage ist aber: Bekommt er die Zeit zu beweisen, dass er recht hat? Oder entzieht ihm der Verwaltungsrat um Urs Rohner vorher das Vertrauen?