Corona hat auch die Credit Suisse verändert: Über 90 Prozent der Mitarbeiter waren in den letzten Wochen im Homeoffice. Auch in Zukunft will der neue Chef, Thomas Gottstein (56), diese Veränderung beibehalten. «Wer weiterhin von zu Hause aus arbeiten will, darf das», sagt er in einem Interview mit der «NZZ».
Der technische Fortschritt wirkt sich auch auf die Anzahl der Mitarbeiter aus. «Mittelfristig werden wir sicher mit weniger Personal auskommen – vor allem auch, weil wir das Geschäft weiter automatisieren werden», so der Banker, der im Februar die Nachfolge von Tidjane Thiam (57) angetreten hat.
Online-Banking statt Bank-Schalter
Auch das Online-Banking habe in der Corona-Zeit einen Schub erhalten – mit Konsequenzen für das Filialgeschäft: weniger Kunden im Geschäft benötigen weniger Angestellte am Schalter. «Die Bedeutung und damit auch die Anzahl der Filialen wird weiter abnehmen», so der Zürcher.
Gottstein glaubt, dass diese Entwicklung nicht nur die Banken spüren. Auch in anderen Branchen arbeiten die Mitarbeiter vermehrt von zu Hause aus. Büros brauche es dann weniger. Gottstein hat vor seinem Antritt als neuer CEO die CS Schweiz geleitet. Der Hobby-Golfer arbeitet bereits seit 1999 für die Bank.
Weniger internationale Reisen
Diese Entwicklung werden wohl auch die Fluggesellschaften spüren. «Internationale Reisen sind vorerst kein Thema», sagt Gottstein. «Die Firmen haben gemerkt, wie gut Videokonferenzen funktionieren».
Trotzdem werde ein Banker das Reisen nie komplett aufgeben. Gerade bei komplexen Transaktionen oder bei der internationalen Zusammenarbeit von Teams sollen das Kennenlernen und Besuchen nicht fehlen. «Persönliche Beziehungen gehören zum Bankgeschäft», bekräftigt Gottstein.
Trotz Krise optimistisch
Die Corona-Krise wird laut Gottstein «zu Konkursen und auch Kreditausfällen» führen. Gerade in den USA und anderen europäischen Ländern habe sie bereits enormen Schaden angerichtet.
Im März haben viele CS-Kunden ihre Kredit-Limiten in kürzester Zeit sehr stark beansprucht. Ähnlich wie in der Finanzkrise 2008, aber diesmal «innerhalb von zehn Tagen und nicht über drei bis sechs Monate hinweg wie damals».
Trotzdem zeigt sich der Banker optimistisch. In der Branche wurde während dem Lockdown kaum Kurzarbeit beantragt. Auch verfügen die Banken über höhere Liquiditätsquoten als noch während der Finanzkrise 2008. «Das alles stimmt mich optimistisch.» (vnf)