Nomen est omen, heisst es in einem alten lateinischen Sprichwort. Kinder von Eltern, die ihnen unbedachte Namen verpasst haben, wissen, dass dies unter Umständen stimmen kann: Wenn beispielsweise die Klassenkameraden plötzlich rausfinden, dass die Initialen von Kevin-Liam Ottenbacher das Wort KLO ergeben – und der arme Kevin, sofort sozial geächtet und gehänselt, so wirklich unfreiwillig einen Griff ins Klo erleben muss.
Meist stehen ja die besten Absichten hinter Namensgebungen. Auch bei Namen von Markenprodukten. Ganze Abteilungen in PR- und Marketingfirmen verdienen weltweit Geld damit, für ein Produkt den optimalen Namen herauszufinden, eingängig und mit möglichst positiven Konnotationen – also Eigenschaften, die im Namen mitschwingen.
Einst Siegeskranz, heute Krankheit
Corona, die erfolgreiche mexikanische Biermarke, die, traditionell mit Zitronenschnitz genossen, für Ferien, Strand und Sonne steht, ist eigentlich ein Paradebeispiel für einen gelungenen Namen – eine Corona ist althergebracht lateinisch eine Art Krone oder ein Siegeskranz, mit dem das Haupt eines Gewinners geschmückt wurde. Corona steht auch für den Strahlenkranz um die Sonne, der während einer Sonnenfinsternis sichtbar wird. Strahlenkranz und Sieg – bessere Konnotationen kann es für einen Markennamen kaum geben. Wenn nur nicht aktuelle Geschehnisse so manch ausgeklügelten Markennamen einholen würden.
Gegenwärtig allerdings wird die Marke von der Aktualität eingeholt. Durch die globale Verbreitung des potenziell tödlichen Coronavirus, der seinen Namen wegen der kronenartigen Ausstülpungen auf seiner Oberfläche erhalten hat, erleidet das Corona-Bier gerade einen massiven Imageschaden. In den sozialen Netzwerken kursieren alle erdenklichen Verballhornungen. Google-Anfragen aus Nordamerika, Westeuropa, Australien, Neuseeland, Indien, Japan, Indonesien und Deutschland zeigen einen Anstieg der Suchanfrage «Corona Beer Virus». Natürlich hat das Bier nichts mit dem Virus zu tun.
Eine Schokolade namens …
Dass solche Verunsicherung bis zum Konkurs führen kann, zeigen Beispiele aus der neueren Geschichte, die – bei aller Tragik – teilweise auch nicht eines gewissen Humorpotenzials entbehren: So musste beispielsweise eine US-Diät-Schoggifirma namens Ayds ab 1981 einen Absatzeinbruch hinnehmen, als Menschen am Immunschwächesyndrom Aids zu sterben begannen.
Nach langem Zögern, als der Absatz bereits 40 Prozent tiefer lag als sechs Jahre zuvor, entschloss sich der damalige CEO Robert Berglass 1987, zu handeln. Er liess verlauten: «Offensichtlich müssen wir mit einem Namen wie Ayds ein bisschen in ein Remarketing investieren.» 200'000 US-Dollar hat der laut Berglass «unkomplizierte» neue Name gekostet. Wunderlicherweise hat es aber auch der nicht geschafft, die Abwärtsspirale respektive einen «unkomplizierten», weil totalen Konkurs aufzuhalten. Der neue Name lautete übersetzt: «Diät Ayds».
Terror-Pralinés und Virengetränke
Unter dem Terror eines falschen Namens zur wirklich falschen Zeit hat in jüngerer Zeit auch eine grosse belgische Schokoladenfirma gelitten. Ursprünglich heisst die 1923 gegründete Firma Italo Suisse. Weil sie 2013 längst keinerlei Bezug mehr zur Schweiz oder Italien hat und der Patron Ignace Libeert seine Produkte, von denen er jährlich immerhin ungefähr 5000 Tonnen verkauft, wirklich fast als göttlich empfindet, beschliesst er, die Firma nach der griechischen Göttin ISIS zu nennen. In Grossbuchstaben. Dies ein halbes Jahr vor der Gründung des gleichnamigen, selbst ernannten Gottesstaats, der in der Folge dafür sorgt, dass Libeert rund drei Millionen Euro Verlust einfährt – kein Laden will mehr ein Produkt namens ISIS in seinen Regalen haben. 2015 erfolgt schon das zweite Rebranding. Herr Libeert macht keine Experimente mehr: Er verkauft seine Schoggi jetzt unter dem einfallsreichen Namen Libeert.
Im Normalfall ist es für eine Marke ja ein Glücksfall, wenn der Name viral geht, also tausendfach auf sozialen Medien weitergereicht wird. Dass dies nur im übertragenen Sinne gilt, mussten sowohl der Autohersteller Tata Motors 2016 als auch ein australischer Getränkehersteller schmerzlich erfahren: In einem Mikrowagen namens Zica wollte in Zeiten der vom Zikavirus übertragenen Mikroenzephalitis niemand fahren. Und ein Softdrink namens Sars hatte auf dem Getränkemarkt ab 2002 auch nicht mehr viel zu husten – auch wenn sich der Name nicht vom gleichnamigen Virus, sondern von der Sarsaparilla-Wurzel ableitet.
Es gibt weltweit unzählige Beispiele für unglücklich gewählte Namen – auch in der Schweiz sind wir gegen solche Fehler nicht gefeit. So musste Coca-Cola seinen Eistee namens Fuzetea kurz nach Einführung in Fusetea umbenennen. Wenn Sie nicht verstehen, weshalb, sprechen Sie den ersten Namen laut aus. Aber nur, wenn Sie allein sind.
Auch die drei Landessprachen sorgen manchmal für Übersetzungsprobleme, die, wenn auch nicht viral, dennoch explosives Verbreitungspotenzial haben. So steht die beliebte Milchproduktemarke Gerber – man denke etwa ans Gerber-Fondue – im französischen Slang für eine Körperfunktion der eher unangenehmen Art, die sich manchmal nach dem Essen retour einstellt. Worauf wir wieder beim Griff ins Klo angekommen wären. Darauf trinken wir ein Corona!