Seit fast zehn Monaten hält Corona die Schweiz im Griff. Eine gefühlte Ewigkeit der Anspannung. Voller Ängste, Einschränkungen und Entbehrungen.
Die Pandemie und die Massnahmen zu deren Eindämmung haben auch den Arbeitsmarkt in Mitleidenschaft gezogen. Wo die meisten Jobs weggefallen sind, zeigt die Beschäftigungsstatistik.
Unangefochten an der Spitze dieser traurigen Liste rangiert die Gastrobranche. Ende des dritten Quartals 2020 zählten Bars, Cafés und Restaurants in der Schweiz noch 168'200 Beschäftigte – rund 23'000 weniger als im Jahr zuvor. Zu den grossen Verlierern gehört – wenig überraschend – die Hotellerie. Dort sind binnen Jahresfrist 6200 Jobs verschwunden.
In der Kategorie «sonstige Dienstleistungen» entfielen 7100 Stellen. Dazu gehören unter anderem Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstalter sowie Reisebüros und Reinigungsbetriebe.
An Bedeutung eingebüsst haben zudem Büros, die temporäre Arbeitskräfte vermitteln. Sie zählten Ende September 127'700 Beschäftigte. Ein Jahr zuvor waren es 8700 mehr.
Personalverleih reagiert rasch
Die hoch flexible Branche erholt sich allerdings deutlich schneller als andere. Im dritten Quartal des laufenden Jahrs nahm die Zahl der Beschäftigten bereits wieder deutlich zu. Seco-Sprecherin Livia Willi: «Die Beschäftigung im Personalverleih reagiert sehr rasch und stark auf Veränderungen im Wirtschaftsgang – und dies sowohl in Krisen als auch bei einer Erholung.»
Trotz Corona-Krise gab es allerdings nicht wenige Branchen, die in den vergangenen zwölf Monaten Stellen geschaffen haben – und zwar massiv. Spitzenreiter ist wenig überraschend das Gesundheits- und Sozialwesen, das mittlerweile 764'300 Beschäftigte zählt – ein Plus von 17'400 gegenüber dem Vorjahr.
Auf den Plätzen zwei und drei folgen die «öffentliche Verwaltung» (plus 7500) sowie der Bereich «Erziehung und Unterricht» (plus 7300 Beschäftigte).
Diese Entwicklung ist nicht neu. Auch in früheren Jahren wurden in diesen Bereichen, die überwiegend aus Steuergeldern und Krankenkassenprämien finanziert werden, überdurchschnittlich viele Jobs geschaffen. Dieser offenbar langfristige Trend hält trotz Pandemie an. Wie kommt das?
Das Seco nennt als treibende Faktoren die Entwicklung der Wissensgesellschaft, die demografische Alterung sowie das steigende Wohlstandsniveau. «Relevant für das Beschäftigungswachstum ist auch, dass Bildungs- wie Gesundheitsbereich sehr personalintensiv sind und das Automatisierungspotenzial eher kleiner ist als in anderen Bereichen wie beispielsweise in der Industrie», so Sprecherin Willi.
Doch: Kann es auf Dauer gut gehen, wenn nur noch in steuergetriebenen Sektoren Jobs entstehen?
Die Wirtschaftsverantwortlichen des Bundes wiegeln ab: Qualitativ hochstehende Bildungs- und Gesundheitsinstitutionen sowie gute öffentliche Dienstleistungen seien wichtig, um gute Rahmenbedingungen zu schaffen für alle Wirtschaftstätigkeiten in der Schweiz. Seco-Sprecherin Willi räumt aber ein: «Ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum kann sich nicht auf staatsnahe Dienstleistungen allein abstützen.»
Schweiz steht noch gut da
Das Seco fasst zusammen, die Schweizer Wirtschaft sei im Vergleich zu anderen Ländern bislang verhältnismässig glimpflich durch die Corona-Krise gekommen.
Das mag zutreffen, vor allem, was die Entwicklung des Bruttoinlandprodukts betrifft. Mit Blick auf den Arbeitsmarkt jedoch muss berücksichtigt werden, dass nach wie vor viele Beschäftigte in Kurzarbeit stecken – damit zwar indirekt von der Unterstützung des Staats abhängig sind, aber in keiner Arbeitslosenstatistik erscheinen.
Im Unterschied zum Höchststand im April, als über 1,3 Millionen Menschen in Kurzarbeit waren, lag deren Zahl im September nur noch bei 204'200. Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit beim Seco, verkündete diese Woche jedoch, die zweite Corona-Welle lasse die Nachfrage nach Kurzarbeit erneut in die Höhe schnellen – und das war noch, bevor der Bundesrat am Freitag die neuen Massnahmen bekannt gegeben hat.