Herr Sutter, sind Ihre Preissenkungen der Auftakt für neue Preiskämpfe?
Joos Sutter: Wir führen laufend Preissenkungen durch. Der Entscheid der Schweizerischen Nationalbank hat den Detailhandel jedoch aufgerüttelt. Für uns war klar, dass unsere Euro-Vorteile schnell beim Kunden ankommen müssen.
Lockten Sie Kunden an, für die Coop bisher zu teuer war?
Tendenziell ja. Im Januar sind unsere Umsätze noch gut gewachsen. Insgesamt liegen wir heute auf Vorjahresniveau.
Gleichzeitig haben Sie eine stolze Marge. Dies zeigt der Gewinn von 470 Millionen im letzten Jahr.
Das klingt nach viel, tatsächlich sind es aber nur 1,7 Prozent des Umsatzes. Diese Rentabilität ist nicht abgehoben. Die aktuellen Preissenkungen kosten uns zurzeit einen zweistelligen Millionenbetrag. Nicht alle Lieferanten haben ihre Euro-Vorteile an uns weitergegeben.
Hat Coop den Franken-Schock verdaut?
Ja, wir haben blitzschnell reagiert. Als die Nationalbank den Mindestkurs aufhob, schaute ich zweimal aufs Handy. Unmittelbar danach liefen die Telefone heiss, alle unsere Lieferanten wurden angeschrieben.
Aber?
Die Folgen des Franken-Schocks sind noch nicht absehbar. Im Detailhandel fallen 2015 das sechste Jahr hintereinander die Preise. Das hat es seit 1981 nicht gegeben. Für Coop wird es schwierig sein, zu wachsen in diesem Jahr.
Sparen Sie bei den Mitarbeitern?
Wir überprüfen nun alle Kosten. Ein Einstellungsstopp, Lohnkürzungen und längere Arbeitszeiten sind kein Thema. Der grösste Kostenblock sind die Lieferanten. Hier setzen wir an.
Unilever-, Nestlé- und Mars-Produkte sind bei Coop immer noch doppelt so teuer wie in Deutschland. Was tun Sie dagegen?
Die Verhandlungen laufen weiter auf Hochtouren. Am Montag senken wir die Preise von 2200 weiteren Produkten – auch Marken wie Pampers oder Nivea. Potenzial für tiefere Preise sehen wir bei Hygiene- und Haushaltsartikel sowie Kosmetika.
Doch das geht nicht ohne Druck. Wird Coop wieder wie im 2011 Produkte aus den Regalen nehmen?
Wenn wir mit Parallelimporten nicht unser Ziel erreichen, werden wir auch wieder Auslistungen in Betracht ziehen.
Halten die Preissenkungen Kunden vom Einkaufstourismus ab?
Nein, das reicht nicht. Aufgrund des SNB-Entscheids gehen wir von einem klaren Anstieg des Einkaufstourismus aus. Wir werden aber mit weiteren Preissenkungen dagegen halten.
Sie sind leidenschaftlicher Angler. Wie ködern Sie Kunden im 2015?
Mit den Preissenkungen haben wir ja schon mal vorgelegt. Und jetzt starten wir unsere Nachhaltigkeitsinitiative ‘Taten statt Worte’ und arbeiten enger mit dem WWF zusammen.
Coop kupfert wieder mal von der Migros mit ihren Generation-M Versprechen ab.
Ach was! Wir haben vor 25 Jahren als Erste schon mit Nachhaltigkeit begonnen. Wir haben einen grossen umfassenden Nachhaltigkeits-Geschäftsbericht. Wir fragten uns, wie wir einen solchen Bericht in einer Form kommunizieren, die auch aktuell leicht zu lesen ist. Mit ‘Taten statt Worten’ bringen wir den Bericht in eine einfache, klare Form.
Wie schafft Coop doch noch ein Wachstum in diesem Jahr?
Es gibt immer noch viel Umsatz, den die Konkurrenten haben. Wir versuchen, anderen Detailhändlern Marktanteile abzunehmen. Im Online-Bereich, wo wir stark gewachsen sind, gelingt uns das schon recht gut.
Sie wollen auch der Migros Marktanteile abnehmen. Dürfen Ihre drei Söhne noch bei der Migros einkaufen?
Sicher dürfen sie bei der Konkurrenz einkaufen. Es versteht sich von selbst, dass ich ein Ladenverbot nicht aussprechen muss (lacht).
Sie sagen, Coop ist der grösste Detailhändler der Schweiz. Migros behauptet das auch von sich. Wer hat nun recht?
Wer der grösste Detailhändler im Land ist, ist für Coop nicht prioritär. Wir machen 28,2 Millarden Franken Umsatz. Punkt.
Coop war gegen die Revision des Kartellgesetzes. Haben Sie kein Interesse an tieferen Preisen?
Doch, auf jeden Fall. Wenn man das geltende Kartellgesetz ausreizt, dann ist das völlig ausreichend. Zudem geht es eine Ewigkeit, bis eine Revision durchgesetzt und umgesetzt ist. Wir müssen schnell die Preise senken. Wenn eine Revision dann einmal hilft, dann umso besser.
Unterstützen Sie nun die geplante Volksinitiative der Konsumentenschützer und Gastrosuisse, um die Hochpreisinsel Schweiz zu schleifen?
Wenn diese Volksinitiative etwas hilft, dann bin ich dafür. Wir als Händler müssen aber unsere eigenen Hausaufgaben gut und richtig machen.