Der Gebäudesektor ist in der Schweiz für über 40 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich. Wohngebäude allein verursachen jedes Jahr 11,2 Millionen Tonnen CO2. Das sind schlechte Vorraussetzungen für das Erreichen des Klimaziels 2050.
Eine neue Wohnüberbauung in Männedorf ZH zeigt, dass es auch anders geht: Es ist eine energieautarke Siedlung, die mit Solarfassaden und Solardach genügend elektrische Energie erzeugt, um das ganze Jahr über den gesamten Energiebedarf des Gebäudes und seiner Bewohner abzudecken – ganz ohne externe Energiezufuhr.
App zeigt Stromverbrauch an
Und es kommt noch besser: Die Bewohner sollen Wärme und Strom zum Nulltarif erhalten. Mieter können damit 15 Prozent der Mietkosten sparen. Die beiden Mehrfamilienhäuser in Männedorf bieten Platz für 16 Familien. Die 3,5- bis 4,5-Zimmer-Wohnungen kosten zwischen 2750 und 3450 Franken pro Monat.
Mit Photovoltaikmodulen an Fassaden und Dächern sowie den beiden Windrädern wird erneuerbarer Strom lokal produziert. Damit soll der Bedarf an Heiz- und Kühlenergie sowie die Produktion von Warmwasser für alle Bewohner abgedeckt werden. «Zum Erfolg eines solchen Projektes trägt aber auch das Mieterverhalten bei», sagt Roland Zwingli (40), Geschäftsführer und Inhaber der Firma RZ Energiemanagement. Das Unternehmen war für das Management der Energieversorgung der Überbauung verantwortlich.
Mieter erhalten Monatsbudget
Die Bewohner haben deshalb ein monatliches Strombudget. «Sie haben eine App, mit der sie den Verbrauch überwachen können», so Zwingli. Jeden Tag zeigt die App mit grün oder rot an, ob der Verbrauch noch im Budget liegt oder nicht. Beim Strom liegt der budgetierte Verbrauch je nach Grösse der Wohnung bei rund 2000 Kilowattstunden pro Monat. Wer das Budget überschreitet, erhält eine Rechnung.
Die Wohnüberbauung ist nach einem Mehrfamilienhaus in Brütten ZH das zweite Vorzeigeprojekt der Umwelt Arena Schweiz. Umgesetzt wurde es in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa und der HSR Hochschule für Technik Rapperswil. Das Projekt kombiniert eine Vielzahl von Lösungen, die den CO2-neutralen Betrieb der Wohnüberbauung möglich macht.
Dusche zeigt Wasserverbrauch an
Die Dusche arbeitet beispielsweise mit einem Wärmetauscher in der Abflussrinne, was eine Energieeinsparung bei der Warmwassererwärmung von bis zu 30 Prozent ermöglichen soll. Das ablaufende Warmwasser in der Ablaufrinne erhitzt über einen Wärmetauscher das zufliessende Kaltwasser.
Auf einem kleinen Bildschirm in der Dusche wird während und nach dem Duschen zudem der Wasser- und Energieverbrauch angezeigt. Das soll beim Einsparen von Energie helfen. Selbstverständlich funktioniert auch dieser kleine Computer statt mit Batterie mittels eines Generators aus dem Wasserfluss.
Smart Home und Elektroladestation
Die Wohnungen sind zudem mit einer Smart-Home-Steuerung von ABB ausgestattet. Damit lassen sich das Licht, die Jalousien und die Türkommunikation steuern – mit dem Smartphone, per Touch-Bedienung oder mit Sprachsteuerung.
In der Tiefgarage werden den Bewohnern eine Biogastankstelle für Gasfahrzeuge und eine Elektroladestation für Elektrofahrzeuge zur Verfügung gestellt. Der Strom für die Solarladestation wird von der Überbauung bezogen.
Sogar der Lift ist energieeffizient mit einem tiefen Standby-Verbrauch. Das ist wichtig, da ein Lift in Wohngebäuden üblicherweise über 90 Prozent der Zeit stillsteht. Der Aufzug wird mit Windenergie betrieben.