Eins ist klar: Wenn Chinesen bei Schweizer Firmen einsteigen, führt das nicht zu mehr Transparenz. Abgesehen von den Turbulenzen, die die überschuldete chinesische HNA-Gruppe bei ihren Schweizer Töchtern Swissport, SR Technics und Gategroup verursachte, drang bisher aus übernommenen Firmen wenig nach aussen.
Andeutungen gibt es schon. So sprach der amerikanische Syngenta-Chef Erik Fyrwald (59) einmal von «grossen kulturellen Unterschieden» zur Führung aus China. Allerdings sitzen im Syngenta-Verwaltungsrat bisher nur zwei Chinesen. Jobs baute der Basler Agrarkonzern bisher erst im Rahmen eines vor der Übernahme angekündigten Sparprogramms ab.
Kritisiert wird die neu chinesische Syngenta dagegen von der Gewerkschaft Unia. Es sei ein schlechtes Signal, dass bereits die erste Lohnrunde unter den Erwartungen ausfällt, so die Gewerkschaft. Ansonsten beobachtet sie, dass sich die Mutterfirma Chem China nicht ins operative Geschäft einmische, dass dagegen die Managementmethoden wegen des Amerikaners an der Spitze angelsächsischer geworden seien.
Chinesen schaffen Jobs bei Sigg-Flaschen
Beim Trinkflaschenhersteller Sigg wiederum führte der Einstieg der chinesischen Haers Vacuum Containers im Jahr 2016 sogar mehr Anstellungen: «In diesem Jahr hat Sigg die Mitarbeiterzahl um über zehn Prozent erhöht – vor allem am Hauptsitz in Frauenfeld», sagt Sigg-Sprecherin Aline Dittli. Es gebe viele Synergien zwischen Sigg und Haers. Sigg profitiere vom bestehenden Vertriebsnetz von Haers in Asien.
Weniger harmonisch sieht das alles der ehemalige Firmenchef von Sigg, Stefan Ludewig. Er nahm ein Jahr nach der Übernahme durch die Chinesen den Hut. Die Gespräche hätten unter den grossen Sprachbarrieren gelitten, gerade bei heiklen Themen, sagte Ludewig in einem Interview mit dem Beratungsunternehmen KPMG letztes Jahr.
Die Chinesen hätten zudem sehr hohe Wachstumserwartungen. «Die Chinesen kennen, überspitzt formuliert, das mathematische Minus gar nicht», sagte Ludewig weiter. Sigg müsse im Sinne eines guten Erwartungsmanagements die Erwartungshaltungen harmonisieren.
Starker Anstieg bei Anzahl chinesischer Verwaltungsräte
Mit diesen chinesischen Erwartungen sehen sich immer mehr Firmen hierzulande konfrontiert. Zwar hungern die Chinesen vor allem nach an der Börse kotierten Firmen wie Syngenta. Doch sie bauen ihren Einfluss in der Schweizer Wirtschaft auch unter dem Radar der Öffentlichkeit kräftig aus.
Seit dem Start des Freihandelsabkommens 2014 hat sich die Zahl der von Chinesen besetzten Verwaltungsratssitze hierzulande auf 780 (per Mitte August) verdoppelt. Die Wirtschaftsauskunftei Crif verzeichnet allein seit Jahresbeginn eine Zunahme von 27 Prozent. Der Anteil der Chinesen am Total von 428'455 Verwaltungsräten ist überschaubar. Dennoch ist die Zunahme frappant.
Jeder dritte Verwaltungsrat mit chinesischem Pass ist auch Verwaltungsratspräsident, wie eine Auswertung des Wirtschaftsinformationsdienstes Bisnode D&B Schweiz zeigt. Weitere 1455 Personen chinesischer Nationalität sind als Geschäftsführer, Gesellschafter, Zeichnungsberechtigte oder Prokuristen von Firmen hierzulande eingetragen.
Die starke Präsenz von Chinesen bei Schweizer Unternehmen ist zum einen auf den Übernahmehunger der Chinesen zurückzuführen. Zum anderen befinden sich unter den 204 Firmen, die gemäss Bisnode eine chinesische Mutter oder Dachgesellschaft haben, auch Zweigniederlassungen von internationalen chinesischen Konzernen. Eine Schweizer Filiale hat seit letztem Jahr etwa der grösste Telekomanbieter der Welt, China Unicom.
Umgekehrt sind es aber auch Schweizer Konzerne, die sich im Hinblick auf eine Expansion in China bewusst Chinesen in den Verwaltungsrat holen. Sowohl bei der UBS als auch bei Georg Fischer, Nestlé und Dormakaba sitzen chinesische Staatsangehörige im Verwaltungsrat.