China-Prmier Li Keqiang rechnet ab
«Unser Modell ist ineffizient»

Gnadenlose Abrechnung des chinesischen Premiers Li Keqiang zum Auftakt der diesejährigen Plenarsitzung des Volkskongresses. Korruption, Misswirtschaft und Umweltverschmutzung bedrohten das Land, sagte er.
Publiziert: 05.03.2015 um 05:04 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:29 Uhr
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Sichtbare Kritik an der Regierung: Premier Li Keqiang (l.) und Präsident Xi Jinping treten vor den Volkskongress. Längst nicht mehr alle Vertreter applaudieren.
Foto: Keystone

Chinas Wirtschaft soll in diesem Jahr langsamer und nachhaltiger wachsen. Zum Auftakt der diesjährigen Plenarsitzung des Volkskongresses in Peking schraubte Regierungschef Li Keqiang am Donnerstag das Wachstumsziel auf «etwa sieben Prozent» herunter.

«Stabiles Wachstum aufrechtzuerhalten, wird schwieriger», sagte der Premier in seinem Rechenschaftsbericht vor den knapp 3000 Delegierten in der Grossen Halle des Volkes und warnte vor «latenten Gefahren». Im Vorjahr war China mit 7,4 Prozent schon so langsam wie seit 24 Jahren nicht mehr gewachsen.

«Das Wachstumsziel von schätzungsweise sieben Prozent berücksichtigt, was notwendig und was möglich ist», sagte der Premier. Er sprach in seiner gut eineinhalbstündigen Rede von einem «kritischen Jahr».

Schonungslos hob Li Keqiang die Probleme des Landes hervor und beklagte Korruption, Misswirtschaft und Umweltverschmutzung. «In der Arbeit der Regierung gibt es noch viel zu verbessern, und einige politische Massnahmen werden nicht zufriedenstellend umgesetzt», sagte Li Keqiang. «Eine kleine Zahl von Regierungsmitarbeitern verhält sich unverantwortlich.»

Unter Hinweis auf den verstärkten Kampf gegen Bestechlichkeit und Vetternwirtschaft sagte der Premier: «Es gibt schockierende Fälle von Korruption.» Einige Amtsträger vernachlässigten ihre Pflichten. «Wir müssen den Problemen ins Auge blicken», sagte Li Keqiang.

«In Zeiten des Friedens müssen wir die Gefahren bedenken, in Zeiten der Stabilität vor potenziellem Chaos auf der Hut sein.» Die Bevölkerung sei unzufrieden über «viele Unzulänglichkeiten» im Gesundheitswesen, Wohnungsbau, in der Bildung, Einkommensverteilung, Nahrungsmittelsicherheit sowie in Recht und Ordnung. «Die Umweltverschmutzung ist an einigen Orten gravierend.»

Die Wirtschaft sei im vergangenen Jahr «mit grösseren Schwierigkeiten und Herausforderungen als erwartet» und «wachsendem Abwärtsdruck» konfrontiert gewesen, sagte der Premier. Doch habe die Regierung nicht zu kurzfristigen Konjunkturmassnahmen gegriffen, sondern neue Ideen entwickelt.

Er strebe eine «ausgeglichene Entwicklung» durch Reformen und Transformation des Wachstumsmodells an. Ziel sei ein «qualitatives, effizientes und nachhaltiges Wachstum».

«Das Wachstum in Investitionen ist schleppend», sagte Li Keqiang. Neue Bereiche mit starkem Konsum seien begrenzt. «Es gibt keine Anzeichen, dass sich der internationale Markt wesentlich erholt.» Kosten für die Produktion stiegen, während die Preise für hergestellte Waren fielen. «Überkapazitäten sind ein hervorstechendes Problem.»

Die Grundlagen des Wirtschaftsmodells «bleiben ineffizient». Kleine und mittelgrosse Unternehmen hätten Probleme, an Finanzierung heranzukommen.

Trotz schwächerer Konjunktur sollen die Rüstungsausgaben kräftig um 10,1 Prozent auf 886 Milliarden Yuan (heute umgerechnet 137 Mrd. Franken) zulegen. Der Zuwachs ist niedriger als im Vorjahr mit 12,2 Prozent, aber im fünften Jahr in Folge zweistellig und höher als das Wirtschaftswachstum. Doch liegt der Anstieg etwa auf der Höhe der Ausgabensteigerung im Gesamthaushalt.

Wegen der Inselstreitigkeiten im Ostchinesischen und Südchinesischen Meer verfolgen Chinas Nachbarn die Aufrüstung der Militärmacht mit Sorge. (SDA)

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