Die Aktionäre von Bayer haben der Führungsspitze des Agrarchemie- und Pharmakonzerns das Misstrauen ausgesprochen. Auf der Generalversammlung am Freitag in Bonn stimmten 55,5 Prozent des anwesenden Grundkapitals gegen eine Entlastung.
Das ist ein herber Rückschlag für Konzernchef Werner Baumann: 2018 war die Konzernführung noch mit rund 97 Prozent entlastet worden. Das Votum hat zwar keine direkten Folgen, darf aber als schallende Ohrfeige für die Geschäftsleitung verstanden werden.
Baumann hatte die umstrittene Übernahme des US-Konkurrenten Monsanto im vergangenen Jahr durchgezogen – aus Sicht zahlreicher Grossaktionäre war dies eine schlechte Entscheidung, auch weil wegen einer Klagewelle in den USA hohe Schadenersatzzahlungen drohen.
Novum in Deutschland
Für die Entlastung der Bayer-Geschäftsleitung wurden am Freitag nur 44,48 Prozent der Aktionärsstimmen abgegeben. Dem Verwaltungsrat sprachen zwar auf der mehr als zwölf Stunden dauernden Generalversammlung 66,38 Prozent des anwesenden Kapitals das Vertrauen aus. Üblich sind in Deutschland aber Zustimmungsraten von 95 Prozent und mehr.
Die Aktien des Traditionsunternehmens sind seit langem im Keller, durch die Kursverluste haben Aktionäre oftmals Vermögenseinbussen hinnehmen müssen. Baumann verteidigte den Schritt zur Übernahme des US-Konkurrenten für rund 63 Milliarden Dollar auch auf der Generalversammlung erneut als richtig und betonte, dass sich der Kauf auf lange Sicht auszahlen werde. Die Geschäftsleitung habe die Chancen und Risiken des Zukaufs sorgfältig abgewogen, betonte er am Freitag. Verwaltungsratschef Werner Wenning entschuldigte sich dafür bei den Anteilseignern: «Das bedauern wir sehr.» Das heutige Aktionärstreffen sei «keine Routine-Hauptversammlung».
Grösseres Chaos
Die Sorgenfalten der Aktionäre konnte er damit nicht glätten - manche von ihnen befürchten sogar, dass Bayer selbst aufgekauft und zerschlagen werden könnte.
Ob Baumanns Stuhl nun wackelt, ist offen. Viele Kritiker hatten zwar die Entlastung verweigert, verstanden dies aber eher als Denkzettel. Aktionärsvertreter Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka etwa wies trotz seiner Kritik am Monsanto-Deal darauf hin, dass ein Stühlerücken an der Konzernspitze «das Chaos noch vergrössern» würde. (SDA)