Chemie-Multi BASF lieferte krebserregenden Kunststoff
Schweizer Matratzen-Industrie liegt flach

Die Chemiefirma BASF überschritt Giftgrenzwerte für Kunststoffe massiv, die sie an die Matratzenindustrie lieferte. Als Vorsichtsmassnahme stellte ein Grossteil der Branche die Produktion ein und schickte Hunderte Mitarbeiter in die Zwangsferien.
Publiziert: 12.10.2017 um 23:51 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:55 Uhr
Aktuell steht bei Riposa in Bilten GL die Produktion still, 50 Mitarbeiter haben Zwangsferien.
Foto: ZVG
Konrad Staehelin

Hunderte Mitarbeiter der Schweizer Matratzenindustrie durften die letzten Tage im Bett bleiben. Der Grund: Gift-Schaumstoff. Ein Grossteil des Matratzenschaums, der in der Schweiz verarbeitet wird, basiert auf einem Produkt des deutschen Chemiegiganten BASF: Toluoldiisocyanat, kurz TDI.

Wegen eines technischen Fehlers im Werk in Ludwigshafen (D) lieferte BASF zwischen dem 25. August und dem 29. September TDI aus, das eine zu hohe Konzentration an Dichlorbenzol enthielt, wie «20 Minuten» schreibt. Der Stoff kann Haut, Atemwege und Augen reizen und soll Krebs verursachen.

Hunderte mussten heim

Die Folgen: Bei den Schweizer Matratzenherstellern steht die Produktion seit Tagen still. Hunderte Mitarbeiter sind ohne Arbeit.

Jean-Paul Wicky (60), Chef von Robusta in Münchenstein BL, musste 50 Personen nach Hause schicken, nachdem er am Montag vom giftigen Schaumstoff erfahren hatte. «Zuvor hatten wir knapp 500 Matratzen mit dem kontaminierten Schaum produziert und viele davon schon ausgeliefert.» Jetzt müsse man sie zurückrufen.

Hier nahm das Übel seinen Lauf: BASF-Standort in Ludwigshafen (D).
Foto: Bloomberg

Auch Riposa in Bilten GL stellte die Produktion sofort ein und schickte 50 Angestellte in die Zwangsferien. Bei der Zulieferfirma Fritz Nauer in Wolfhausen ZH sind es sogar 83 Mitarbeiter. Sie bezieht das TDI von BASF und stellt daraus die Schaumstoffe her. Nicht nur die Matratzenindustrie gehört zu ihren Abnehmern, sondern auch die Möbel- und Autobranche. Schlicht alle, die Schaumstoff verarbeiten.

Verunsicherung gross

Andere Hersteller haben zwar die Arbeit mit dem Giftschaum eingestellt, beschäftigen die Belegschaft aber anderweitig: Bei den St. Gallern von DOC arbeiten die Angestellten an Bettrosten, ähnlich auch bei Swissflex in Flüh SO.

Peter Patrik Roth (47), Chef von Roviva im bernischen Wangen an der Aare, lässt die Angestellten stattdessen an den Matratzenhüllen arbeiten. Er sagt: «Wir mussten mehrere Dutzend Matratzen, die wir bereits mit dem kontaminierten Schaum produziert hatten, aus dem Verkauf ziehen und von den Kunden zurückrufen.»

Die Verunsicherung in der Branche ist gross. Viele Hersteller haben noch keine Ahnung, wie viele und welche Matratzen den Giftschaum enthalten und ob sogar schon Kunden darauf schlafen. Riposa-Chef Walter Schnellmann (73) sagt: «Wir klären es gerade mit Hochdruck ab. Betroffene Matratzen würden wir sofort zurückrufen und aus dem Verkehr ziehen.» 

Gestern Abend versuchte BASF die Wogen zu glätten: Man habe erste Untersuchungen an verunreinigtem Schaumstoff durchgeführt. «Die Ergebnisse zeigen, dass nicht von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen ist.»

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