Chefs erklären ihr Rezept
So meistern wir den Franken-Schock

Schon mehr als 80 Gesuche für Kurzarbeit wurden bewilligt seit die SNB den Mindestkurs aufgehoben hat. Fünf Chefs erkläre hier, was sie unternehmen, damit sie mit ihrer Firma über die Runden kommen.
Publiziert: 10.02.2015 um 21:57 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 03:09 Uhr
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Ulrich Giezendanner (60) ist Präsident des Verbands der Telefondienst-Anbieter.
Foto: PHILIPPE ROSSIER
Von Martina Wacker

Seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses ist der Franken bärenstark. Letzte Woche hat er sich zwar von Fr. 1.00 auf Fr. 1.05 pro Euro abgeschwächt. Für viele Unternehmen liegt er aber noch immer über der Schmerzgrenze. Sie fürchten, bald weniger exportieren zu können.

Um einen Stellenabbau zu verhindern, bewilligte Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann Ende Januar die Einführung von Kurzarbeit. So können die Firmen die Zeit bis zu einer weiteren Abschwächung des Frankens überbrücken.

Seither sind in der Deutschschweiz rund 100 Gesuche eingereicht worden, insbesondere in den Kantonen Zürich, Bern, Aargau und St. Gallen, wie eine Umfrage von SonntagsBlick bei den Arbeitsämtern zeigt. Über 80 davon wurden bewilligt. Für mehr als 1700 Angestellte bedeutet dies kürzere Arbeitszeiten – und weniger Lohn.

Laut Heinz Karrer, Präsident von Economiesuisse, ist die Einführung von Kurzarbeit eine Scheinlösung. Für ihn ist klar: Gegen den starken Franken ist kein Kraut gewachsen. Wirklich helfen würde nur ein tragbarer Frankenkurs, sagt er. «Das scheint auch die SNB begriffen zu haben, denn sie ist offenbar daran, zu intervenieren.»

Den Luxus, darauf zu hoffen, dass der Euro bald wieder Fr. 1.10 oder mehr kostet, können sich allerdings nur wenige Firmen leisten. Die meisten müssen jetzt handeln, wie etwa das Transportunternehmen von SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner (61). Er senkt jenen Mitarbeitern, die im Ausland wohnen, den Lohn.

Anders Skihersteller Stöckli und Guetsliproduzent Hug: Sie fordern von ihren Zulieferern günstigere Preise.

Ein gutes Signal gibts trotz aller Schwierigkeiten: Eine Auslagerung der Produktion ins Ausland kommt sowohl für Victorinox, Hug als auch Stöckli nicht in Frage.

Ulrich Giezendanner (61), Chef Giezendanner Transport

Ulrich Giezendanner (60) ist Präsident des Verbands der Telefondienst-Anbieter.
Foto: PHILIPPE ROSSIER

Vergangene Woche rief der SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner seine Kader zur Krisensitzung: «Der Kurszerfall trifft uns hart», sagt er. Bei seinen Lieferanten zählt der SVP-Nationalrat jetzt auf die langjährige Partnerschaft. «Die Preise auf Importgüter müssen auf Euroniveau angepasst werden.» Tiefere Margen kann er nicht in Kauf nehmen. «Die waren schon vorher knapp. Auf Verlustgeschäfte müssen wir verzichten.» Um den Frankenschock zu meistern, wird jenen Angestellten, die im Ausland wohnen, der Lohn an den Eurokurs angepasst. «Gespräche wurden bereits geführt. Nur wenige sind nicht einsichtig», sagt er. Zudem sollen gewisse Aufträge ins Ausland verlagert werden.

Marc Gläser (47), Chef Stöckli

Trotz Frankenschock seien Massnahmen wie etwa Arbeitszeitverlängerung bei Stöckli momentan nicht vorgesehen, sagt Skifabrik-Chef Marc Gläser. Zuerst wolle man mit Investitionen in den Maschinenpark die Produktivität steigern sowie die Marke Stöckli international stärker positionieren. «Zudem verlangen wir von unseren Zulieferern tiefere Preise.» Vorübergehend rechnet Gläser aber dennoch mit tieferen Margen. In welchem Umfang ist noch unklar: «Dies hängt vor allem davon ab, wo sich der Eurokurs einpendelt und wie sich Schweizer Konsumenten verhalten.»

Werner Hug (70), VR-Präsident Hug

Werner Hug, Verwaltungsratspräsident bei Hug
Foto: Keystone

Der Guetslihersteller Hug exportiert rund 15 bis 20 Prozent seiner Ware. «Auch wir müssen deshalb im Ausland mit tieferen Margen rechnen», sagt Verwaltungsratspräsident Werner Hug. Zudem würden auch im Inland die Preise ins Rutschen geraten. Hug will deshalb die Produktion nun weiter automatisieren. «Zudem investieren wir in neue Anlagen, die wir im Euro-Raum und somit günstiger einkaufen können.» Laut Hug wäre es hilfreich, wenn die Schweizerische Nationalbank (SNB) einen tieferen Mindestkurs, beispielsweise bei Fr. 1.10 oder Fr. 1.15 pro Euro, einführen würde. Konjunkturprogramme lehnt er hingegen ab. «Am Schluss bleiben nur Schulden.» Die Unternehmen müssten jetzt innovativ sein und Selbstverantwortung übernehmen, fordert er.

Thomas Minder (54), Chef Trybol AG

Foto: Stefan Bohrer, Thomas Lüthi, RDB, Keystone

«In einem KMU sind die Möglichkeiten sehr beschränkt, gegen den starken Franken anzugehen», sagt der Schaffhauser Ständerat und Trybol-CEO Thomas Minder. «Wir können nicht auslagern.» Sein Kosmetik-Unternehmen beschäftigt 18 Mitarbeiter. Schon jetzt versuche man die Produktion zu optimieren und keinen Handgriff zu viel zu tätigen. Und auch bei den Lieferanten will Trybol die Preise drücken. Trotz aller Massnahmen müsse das Unternehmen aber tiefere Margen in Kauf nehmen, so Minder. Ziel sei es, den Kunden zu behalten und ihn zufriedenzustellen. «Wir haben lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach», so der Ständerat. Für ihn ist es nach wie vor ein Fehler, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Untergrenze derart abrupt aufhob. «Die Herren der SNB hätten den Markt besser auf ein Loslassen vorbereiten müssen.»

Carl Elsener (57), Chef Victorinox

Victorinox-Chef Carl Elsener
Foto: Keystone

Seit Aufhebung der Untergrenze verdient Victorinox im Euro-Raum 20 Prozent weniger. «Als wichtigste Massnahme erhöhen wir deshalb unsere Preise um 5 bis 10 Prozent», sagt CEO Carl Elsener. Im übrigen Ausland müsse der Taschenmesser-Produzent hingegen Währungsrabatte von bis zu 10 Prozent gewähren. Der Grund: Ausserhalb der Euro-Ländern bezahlen die Lieferanten Victorinox in Franken. Der hat sich gegenüber asiatischen Währungen um 30 Prozent verteuert. Noch verzeichnet die Firma «keinen signifikanten» Bestellungsrückgang, sie rechnet aber dennoch mit weniger Umsatz. Die Löhne würden nicht gesenkt, aber: «Wenn das Ergebnis schlechter ausfällt, wird die Gewinnbeteiligung geringer ausfallen – für sämtliche Mitarbeitenden und Führungskräfte.»

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