Nein, eine gute Figur hat Susanne Ruoff bei der Postauto-Affäre nicht gemacht. Zuerst hat sie verschwiegen, dass ihr die Problematik im Grundsatz schon lange bekannt war. Immerhin fasste sie dann den Mut und stellte sich kritischen Fragen. Doch das Misstrauen war bereits gesät.
Auch als Führungsperson hat Ruoff enttäuscht. Sie hat der Postauto AG Gewinnvorgaben gemacht, obwohl diese gar keine Gewinne machen darf. Es wäre ihre Pflicht gewesen, den Bundesrat entschieden auf den Widerspruch hinzuweisen. Stattdessen hat sie ihre Untergebenen in die Zwickmühle getrieben.
Muss Ruoff deshalb zurücktreten? Würde ihr Rücktritt der Post nützen? Nein. Schlechte Kommunikation ist kein Grund, jemanden in die Wüste zu schicken. Sonst haben wir bald nur noch aalglatte PR-Leute in den Chefetagen.
Schwerer wiegt der Vorwurf der Führungsschwäche. Ruoff ist aber ebenso sehr Opfer wie Täterin. Schuld an der Misere ist letztlich der Bundesrat. Er hat die überzogenen Vorgaben gemacht. Das Bundesamt für Verkehr hätte längst Alarm schlagen müssen. Mit seinem Aktivismus lenkt BAV-Direktor Peter Füglistaler von eigenen Versäumnissen ab.
Ruoff hat deshalb eine neue Chance verdient, vorausgesetzt, die Untersuchung fördert keine grundsätzlich neuen Fakten zutage. Sie soll ihren Auftrag zu Ende bringen: die Post in die digitale Zukunft führen. Das Postauto-Debakel kann Ruoff dabei sogar helfen – wenn sie die richtige Lehre zieht. Sie lautet: Nur Vorgaben umzusetzen, reicht nicht. Chefs brauchen ein offenes Ohr für die Anliegen der Mitarbeiter. Wenn Ruoff beim Poststellen-Umbau die technokratischen Scheuklappen ablegt, kann ihr das nur helfen.