Er wollte die dramatische finanzielle Lage von Green Cross Schweiz unter dem Deckel behalten, um die Liquidität nicht zu gefährden. Jetzt muss Martin Bäumle (54), Präsident und Geschäftsleiter der Umweltorganisation, Transparenz schaffen.
Nur durch ein Leck kam gestern Mittwoch ans Licht, dass der GLP-Nationalrat bereits im September wusste, dass die Finanzzahlen im Jahresbericht 2017 von Green Cross Schweiz geschönt waren. Ebenso, dass die Organisation nicht mehr in der Lage war kurzfristige Verbindlichkeiten zu decken.
Martin Bäumle stellt am Donnerstagnachmittag in Zürich klar: «Wir standen letzten Herbst vor dem Konkurs und waren überschuldet.» Er erklärt, wie es zum Chaos kam: «Im Laufe des letzten Jahres wurde es zunehmend schwierig mit der Transparenz und Kommunikation der Geschäftsführerin.» Der Geschäftsabschluss 2017 habe sich am Laufmeter verzögert. Bereits im Juni 2018 wurde Geschäftsleiterin deshalb ein Coach zur Seite gestellt.
Gezielte Verschleierung
Doch bis im August hatte sich nichts verbessert, deshalb wurde die Geschäftsleiterin Nathalie Gysi (48) entlassen. Bäumle führt aus: «Der Stiftungsrat stellte dann schon im September fest, dass finanzielle Lage viel schlimmer war als erwartet.»
Eine Analyse der Buchhaltung habe ergeben, dass die Zahlen im Jahresbericht 2017 falsch waren. «Aktive Rechungsabgrenzungen wurden über Jahre falsch bilanzert», so Bäumle. Der Mittelabfluss sei gezielt verschleiert worden. Für ihn ist klar: «Unsere Bilanz wurde gezielt gefälscht.»
Massiver Jobabbau
Green Cross Schweiz hat laut Bäumle Jahre über ihre Verhältnisse gelebt, die Einnahmen waren ungenügend, darum schwand die Liquidität schrittweise. Der Stiftungsrat hatten letzten Dezember gegen die Ex-Geschäftsführerin Strafanzeige wegen ungetreuer Geschäftsführung eingereicht.
Bäumle nahm bereits im Herbst einscheidende Massnahmen zur Kostenreduktion vor: Projekte wurden gestoppt, Verträge mit Beratern gekündigt. Vier von zehn Vollzeitstellen wurden gestrichen. Laut Bäumle werden bis Mai weitere zwei Jobs gestrichen.
Künftig nur noch Mini-Green-Cross-Schweiz
Die tatsächliche Finanzsituation ohne Beschönigung ist ein Fiasko. Den vier Mitarbeitern, die verbleiben werden, stünden bis Ende Jahr noch 170'000 Franken zur Verfügung, erklärt Bäumle. «Wir können keine grössen Sprünge mehr machen», so Bäumle.
Er hoffe, das Vertrauen der Spender wieder zurückzugewinnen, indem Green Cross Schweiz alles transparent macht und den grossen Einsatz aufzeigt, um die Organisation zu retten. Zwar wären einzelne Projekte in Zukunft nicht mehr möglich. Aber in den Kernländern und Kernprojekten könne das Hilfswerk in kleinerer Dimension weiter tätig bleiben: «Wir arbeiten mit kleineren Brötchen weiter, sie werden aber umso schöner sein.»
Entzug des Gütesiegels droht
Green Cross Schweiz ist nicht nur finanziell unter Druck: Heute morgen machte BLICK publik, dass Green Cross Schweiz das Gütesiegel der Zewo zu verlieren droht, der Zentralstelle für Wohlfahrtsorganisationen. «Aufgrund unserer Lagebeurteilung ist klar, dass wir eine vorzeitige Sonderprüfung durchführen, um zu klären, ob Green Cross Schweiz die Zewo-Standards noch erfüllt und das Gütesiegel behalten kann», sagt Zewo-Geschäftsleiterin Martina Ziegerer auf Nachfrage von BLICK.