Während sich die Kunden auf der einen Seite der Türschwelle über die Pakete freuen, leiden die Lieferanten auf der anderen. Die Angestellten von Firmen wie DHL und DPD. Sie müssen jeden Tag in eng getakteten Touren Hunderte Päckli ausliefern: Die enge Parklücke finden, das schwere Paket buckeln, bissige Hunde abwehren, klingeln, Lieferung unterschreiben lassen und weiter zur nächsten Adresse.
Das alles teilweise zu einem Hungerlohn. Der Gesamtarbeitsvertrag (GAV) in der Branche schreibt einen Mindestverdienst von 3250 Franken pro Monat vor.
«Nach zwei bis drei Jahren ist man ausgebrannt», sagt David Piras (50), Generalsekretär des Fahrer-Verbands Routiers Suisses zu BLICK. «Fahrer, die den Job länger machen, sind äusserst selten.»
«Der Markt wächst stark»
Kein Wunder, hat die Branche grosse Mühe, Personal zu finden, das hart genug für den Job ist. «Ja, es besteht ein Engpass», zitierte die «Handelszeitung» kürzlich eine Sprecherin der Firma DPD, die der französischen Post gehört. «Der Markt wächst stark.»
Die Zahlen dazu: Im Jahr 2009 lieferten noch 1400 Fahrer Pakete für den Branchenprimus Post aus, jetzt sind es schon 1800. Der Schweizer Ableger von DHL, ein deutsches Unternehmen, ist in den letzten Jahren im zweistelligen Prozentbereich gewachsen.
DPD beschäftigt offiziell keinen einzigen Fahrer. Denn für die Firma fahren nur selbständige Unternehmer oder solche, die bei Subfirmen angestellt sind. Auch die Post und DHL arbeiten teilweise mit solchen zusammen.
«Stossend ist, dass trotz des Paket-Booms die Arbeitsbedingungen der Fahrer schlechter werden», sagt Daniel Münger (55), Präsident der Gewerkschaft Syndicom. «Die Löhne bleiben tief, aber die Fahrer müssen immer mehr Päckli pro Tag ausliefern.»
«Ich zahle besser»
DPD verteidigt sich auf Anfrage von BLICK, man habe sich zur Einhaltung des GAV verpflichtet. «Die Löhne sind ein Ergebnis von Angebot und Nachfrage. Wie viel der Subunternehmer den Fahrer effektiv ausbezahlt, ist aber nicht in unserer Verantwortung.»
«Von den drei Grossen zahlt die Post ihre Leute am besten», sagt Stefan Widmer (54), Chef von Overnight.ch-Kurier in Schlieren ZH. Die anderen müssen im Wettbewerb bestehen. «Wenn DPD in der Schweiz Marktanteile gewinnt, dann über tiefe Preise.» Das gehe auf Kosten der Lieferanten.
Dagegen sagt Widmer: «Ich mache bei diesem Preiskampf nicht mit und bezahle meine zehn Fahrer besser.» Trotzdem hat auch er Mühe, geeignetes Personal zu finden. Zwar gibt es Jobanfragen. «Aber ich kann nur die wenigsten brauchen. Viele denken, man fahre hier ein wenig Auto und verdiene Geld dabei. Sie unterschätzen fatal, wie anstrengend die Arbeit ist.»
Bald dürfte es noch anstrengender werden. Amazon weitet sein Angebot in der Schweiz aus (BLICK berichtete).