Auf einen Blick
Novartis-Konzernchef Vas Narasimhan ist heute Morgen Spekulationen entgegengetreten, er könne sich nach bald sieben Jahren an der Spitze vom Basler Pharmakonzern verabschieden. Er liebe Novartis, und er liebe die Schweiz, sagt er in einem Call mit Journalisten und Journalistinnen auf die entsprechende Frage.
Narasimhan war 2018 von Verwaltungsratspräsident Jörg Reinhardt eingesetzt worden, um Novartis von einem Multispartenhaus in einen auf die Entwicklung und Vermarktung von patentgeschützten Produkten fokussierten Pharmakonzern umzubauen. Er hat dabei Transaktionen in der Höhe von rund 150 Milliarden Dollar getätigt, etwa bei den erfolgreichen Spin-offs der Augenheilsparte Alcon und von Sandoz. Dazu kommen mehrere grosse Übernahmewetten.
«Back to normal» bei der Kommunikation
Im Zusammenhang mit der im nächsten Frühling anstehenden Stabübergabe von Reinhardt an Nachfolger Giovanni Caforio haben Medien die Frage nach der Zukunft Narasimhans bei Novartis aufgeworfen. Für Befremden hat zudem gesorgt, dass der Topboss Anfang Jahr bei der Veröffentlichung der Jahreszahlen auf Tauchstation ging und seinen Finanzchef Harry Kirsch, den letzten Überlebenden aus der Ära von Narasimhan-Vorgänger Joe Jimenez, vorschickte. Ein für einen SMI-Konzern doch ungewöhnliches Vorgehen.
Inzwischen überbringt der Konzernchef die News wieder selber, und die sind gut. Der Pharmakonzern hat seine Umsatzerwartungen erneut nach oben korrigiert. Novartis will nun bis 2028 jährlich um 6 Prozent zulegen. Der Optimismus stützt sich auf die Dynamik der bereits etablierten Produkte wie dem Brustkrebsmedikament Pluvicto, dem MS-Medikament Kesimpta und Leqvio, einem Cholesterinsenker auf Basis der RNA-Technologie. Bei Leqvio schlägt die Stunde der Wahrheit, wenn 2016 klar wird, ob das Medikament nicht nur den Cholesterinspiegel senkt – das können die längst generischen und damit deutlich günstigeren Statine nämlich auch –, sondern ob es auch präventiv Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindert.
Übernahmeflop Morphosys: Wie weiter?
Mehr Informationen gab es zudem zur verunglückten Übernahme des deutschen Biotech-Unternehmens Morphosys. Das Spitzenprodukt Pelbresib wird, wenn überhaupt, erst 2027 auf den Markt kommen, wie Vas Narasimhan sagte. Es handelt sich dabei um ein Medikament gegen Myelofibrose, eine seltene Art von Knochenkrebs, bei der es zu einer krankhaften Vergrösserung der Milz kommt.
Novartis schlägt sich dabei mit zwei Problemen herum: Schwer wiegt, dass einige der mit dem Medikament behandelten Patienten und Patientinnen eine Leukämie entwickelt haben – ein potenziell gravierendes Sicherheitsproblem. Leukämie ist, anders als Myelofibrose, unmittelbar lebensbedrohlich. Zudem gibt es Unklarheiten in Bezug auf die Wirksamkeit. Die Studienresultate legen nahe, dass das Medikament zwar dazu führt, dass die Milz wieder kleiner wird, dass es aber zu keiner Linderung der mit der Krankheit verbundenen Symptome kommt.
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Wertberichtigung von 800 Millionen
Im Oktober, nur wenige Monate nach Abschluss der Übernahme, musste der Konzern deshalb eine Wertberichtigung von 800 Millionen Dollar vornehmen. Das entspricht fast einem Viertel des Kaufpreises.
Die Übernahme des deutschen Vorzeigeunternehmens war insbesondere vom amerikanischen Branchenportal Statnews von Anfang an kritisch begleitet worden. Er könne sich nicht helfen, aber er könne es nicht glauben, dass Novartis drauf und dran sei, 3,0 Milliarden Dollar zu verbrennen.
Der Novartis-Konzernchef sagte heute, dass der Fakt, dass es bei Übernahmen zu Rückschlägen komme, dem normalen Lauf der Dinge bei Übernahmen entspreche. Und: «Hätten wir mit dem Übernahmeangebot länger zugewartet, hätten wir unter Umständen doppelt so viel bezahlen müssen.» Er sagte aber auch, dass die Sicherheitsprobleme womöglich dazu führten, dass das Medikament nicht zugelassen werde. Womit auch die entsprechenden Umsätze wegfallen würden. Es dürfte um Spitzenumsätze von rund 1,5 Milliarden Dollar gehen.
Sollte das Morphosys-Abenteuer ganz scheitern, so dürften die personellen Verflechtungen zwischen Novartis und Morphosys ein Thema werden. So war Noch-Verwaltungsratspräsident Jörg Reinhardt in den Frühzeiten bei Morphosys engagiert. Aktueller ist die Personalie von Simon Moroney, der Novartis-Verwaltungsrat war Gründer und bis 2019 CEO von Morphosys. Das Unternehmen gehörte zu den Lieblingen der deutschen Biotech-Szene.