CBD-Boom zieht ausländische Hanf-Konzerne auf den Schweizer Markt
Jetzt machen uns die Kanadier Dampf

Seit Mai ist die Schweizer Firma Haxxon im Besitz von kanadischen Cannabis-Produzenten.
Publiziert: 18.06.2018 um 14:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 23:50 Uhr
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CBD-Zigaretten der Marke «Heimat Tabak und Hanf» enthalten Hanf mit legalem THC-Gehalt. Die Zigaretten werden etwa von Coop, Denner, Spar und Valora-Kiosken vertrieben.
Foto: Keystone
Julia Fritsche

Im Industriegebiet von Regensdorf ZH liegt der Grund für den Besuch der Kanadier Ben Ward und Graham Farrell in der Schweiz. In einer Gewerbehalle unter vielen Lampen wächst legales Gras. Das kanadische Börsenunternehmen Maricann von CEO Ben Ward hat den Kauf des Hanf-Anbauers Haxxon im Mai abgeschlossen. Die Übernahme kostete die Kanadier zwei Millionen Franken und rund 3,8 Millionen Aktien.

Anfang Juni war Ward zusammen mit dem Zuständigen für Investorenbeziehungen, Graham Farrell, auf Schweiz-Tour. Sie schauten sich ihren neuen Besitz in der Zürcher Agglo an und trafen sich mit potenziellen Investoren in Genf, Zürich und dem Tessin. Logiert wurde in der Limmatstadt im Nobelhotel Baur au Lac. Farrell steht BLICK Rede und Antwort, die Hanfplantage will er aber vorerst nicht präsentieren.

Schweizer mit Vorteil

Stevens Senn auf dem Hanf-Erlebnishof in Zeiningen AG.
Foto: STEFAN BOHRER

Maricann hat hierzulande durchaus Konkurrenz. Dazu gehört Pure Production aus Zeiningen AG. Chef Stevens Senn zeigt sich nicht überrascht über den Schritt der Kanadier. «Der aktuelle Markteintritt der Maricann-Gruppe und deren Übernahme der Haxxon widerspiegeln die aktuelle Marktsituation» sagt er. Viele Firmen aus EU, Kanada und USA würden mit dem Markteintritt in die Schweiz liebäugeln.

Nun hat es Maricann gewagt. Eine Premiere! Was macht die Schweiz so beliebt? Es ist das Gesetz. Hierzulande ist der Anbau von Hanfpflanzen mit einem THC-Wert von unter einem Prozent erlaubt. Laut Senn ist die Schweiz daher für alle Unternehmen der aktuell beste Standort, um sich in Europa am Hanfmarkt zu beteiligen. 

620 Unternehmen versuchen ihr Glück

Und dieser europäische Markt lockt mit grossem Potenzial. Bis in zehn Jahren soll das Potenzial der Branche jährlich um 39 Prozent wachsen, so ein Bericht der Arcview Group, eines spezialisierten US-Unternehmens für Analysen und Investoren. 

Wachstum ist auch in der Schweiz angesagt. Bis 2027 soll der Markt 320 Millionen Franken wert sein. Aktuell sind hierzulande 620 Hersteller registriert, welche Cannabis-Blüten verpacken und entweder selbst verkaufen oder an Zwischenhändler weitergeben. So die Auskunft der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) gegenüber BLICK. Damit ist die Zahl der Hersteller in den letzten fünf Monaten nochmals um 130 gewachsen. Anfang 2017 waren es gar nur fünf Hersteller. Laut EZV dürfte die Zahl wegen laufender Registrierungen noch weiter steigen.

Laut Hanf-Zigi-Produzent ist der erste Hype vorbei

Im vergangenen Jahr hat die Branche mit versteuerten Tabakersatzprodukten rund 52 Millionen Franken umgesetzt. Den Umsatz mit übrigen CBD-Produkten schätzt Unternehmer Senn deutlich höher. Die EZV rechnet damit, dass die Steuereinnahmen dieses und nächstes Jahr konstant bei rund 15 Millionen Franken liegen.

Ein Vorreiter in Sachen Cannabis

Der kanadische Senat sagte am 7. Juni Ja. Damit ist das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis-Konsum (C-45) auf bestem Weg. Und Kanada kann bald das erste westliche Industrieland werden, in dem Erwachsene vollständig legal Cannabis konsumieren dürfen. Also auch zum reinen Genuss. Bisher ist nur der medizinische Gebrauch legal.

Jetzt liegt es noch am Abgeordnetenhaus, grünes Licht für die Premiere zu geben. Für die über hundert Produzenten von medizinischem Marihuana würden sich mit der Liberalisierung neue Chancen ergeben. Experten rechnen damit, dass sich der Umsatz mit legalem Cannabis bis 2017 verdreifacht.

Komplett legal ist Cannabis schon seit fünf Jahren in Uruguay. Ein Spezialfall sind die USA: Neun Bundesstaaten erlauben den Genuss von Cannabis, darunter etwa Kalifornien.

Der kanadische Senat sagte am 7. Juni Ja. Damit ist das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis-Konsum (C-45) auf bestem Weg. Und Kanada kann bald das erste westliche Industrieland werden, in dem Erwachsene vollständig legal Cannabis konsumieren dürfen. Also auch zum reinen Genuss. Bisher ist nur der medizinische Gebrauch legal.

Jetzt liegt es noch am Abgeordnetenhaus, grünes Licht für die Premiere zu geben. Für die über hundert Produzenten von medizinischem Marihuana würden sich mit der Liberalisierung neue Chancen ergeben. Experten rechnen damit, dass sich der Umsatz mit legalem Cannabis bis 2017 verdreifacht.

Komplett legal ist Cannabis schon seit fünf Jahren in Uruguay. Ein Spezialfall sind die USA: Neun Bundesstaaten erlauben den Genuss von Cannabis, darunter etwa Kalifornien.

Das Zigarettengeschäft lockt auch Maricann. Auf Twitter kündigt das Unternehmen mit Kiwi und Real Dankness bereits zwei Produkte mit Schweizer Hanf an – wohl mit Haxxon-Gras. Gewinnt Maricann grosse Vertriebspartner, dann geht das wohl auf Kosten des Branchenleaders Heimat.

Das Unternehmen aus Steinach SG hat zuletzt noch kräftig ausgebaut. Jetzt seien die Investitionen aber abgeschlossen, sagt Chef Roger Koch. Er glaubt, dass der Hanf-Hype fürs Erste vorbei sei. Doch es gibt weiter Chancen: «Unser nächstes Ziel ist der Export.» Kein einfaches Unterfangen. In diversen Ländern würden Anwälte und Vertreiber nun die rechtliche Situation abklären.

In Deutschland blüht der Medizin-Markt

Die Schweiz wird auch Pure Production zu klein. Daher gibt sich das Unternehmen eine neue Holdingstruktur. Auch Maricann hat den Export im Blick. Aus Kanada in die EU geht das dank der Erlaubnis des kanadischen Gesundheitsministeriums und dem EU-Label für «Gute Herstellungspraxis». Ein wichtiger Marktzugang, denn eine Überproduktion in Kanada wirkt sich negativ auf die Preise aus. Die EU hat Maricann zudem mit dem wichtigen Label «Gute Herstellungspraxis» zertifiziert.

Das bewirkt CBD-Gras

CBD ist die Abkürzung für Cannabidiol, ein kaum psychoaktives Cannabinoid aus dem weiblichen Hanf. Der Verkauf ist in der Schweiz grössteneils legal, weil der THC-Anteil (Tetrahydrocannabinol) unter 1% liegt. Je weniger THC eine Pflanze hat, desto grösser ist der CBD-Anteil. Der Stoff wirkt auf den Körper beruhigend, hilft gegen Krämpfe, Entzündungen und Schlafstörungen. (web)

CBD ist die Abkürzung für Cannabidiol, ein kaum psychoaktives Cannabinoid aus dem weiblichen Hanf. Der Verkauf ist in der Schweiz grössteneils legal, weil der THC-Anteil (Tetrahydrocannabinol) unter 1% liegt. Je weniger THC eine Pflanze hat, desto grösser ist der CBD-Anteil. Der Stoff wirkt auf den Körper beruhigend, hilft gegen Krämpfe, Entzündungen und Schlafstörungen. (web)

Die Kanadier meinen es ernst mit ihrem Expansionskurs nach Europa. In Deutschland haben sie den medizinischen Markt im Visier. Seit vergangenem Jahr ist dieser freigegeben. Kapseln mit Hanfölextrakt sollen lanciert werden, 30 Stück zu 58,90 Euro. Ihr Effekt laut Werbung: «Der hochwertige, bioaktive Extrakt Cannabidiol (CBD) unterstützt die Regulation körpereigener Funktionen, des Wohlbefindens und der inneren Ruhe.» In der Nähe von Dresden betreibt ihr deutscher Ableger Maricann GmbH eine Fabrik. Noch fehlt allerdings eine Lizenz für die Ernte.

Heute kommt der weltweite Umsatz vor allem aus dem medizinischen Bereich. Das liegt auch daran, dass diese Anwendungen im führenden Land Kanada erlaubt sind. Mit der anstehenden Legalisierung rechnet die Arcview Group damit, dass der Freizeitgebrauch schon in zwei Jahren abhebt und den medizinischen überholt. Mit Haxxon aus der Schweiz will Maricann für diesen Trend bereit sein.

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